Die unbekannte Umweltaktivistin bei ihrem Prozess im Sommer 2021
/
Vor dem Landgericht Gießen hat der Berufungsprozess gegen eine junge Umweltaktivistin im Dannenröder Forst begonnen. Der Fußtritt gegen einen Polizisten sei eine Handlung aus einem "Überlebensinstinkt" gewesen, berichtet die A49-Gegnerin zum Prozessauftakt. Ihre Identität hingegen ist noch immer nicht bekannt.
"Ella" wird sie mittlerweile von vielen genannt - wie sie tatsächlich heißt, weiß das Gericht bis heute nicht. Hier wird sie als "uwP1" (unbekannte weibliche Person) bezeichnet.
Haftstrafe für Waldbesetzerin
Im Juni wurde vor dem Amtsgericht in Alsfeld in einem der ersten großen Prozesse rund um die Proteste im Dannenröder Forst das Urteil gesprochen: Zwei Jahre und drei Monate Haft bekam die Umweltaktivistin unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung an einem Polizisten. Geplant sind Verhandlungstermine bis Anfang März.
"Ella" bricht ihr Schweigen
Zum Auftakt des Berufungsprozesses hat sie jetzt angegeben, aus einem "Überlebensinstinkt" heraus gehandelt zu haben. Sie sei es gewesen, die Faustschläge ins Gesicht bekommen habe - und da habe sie instinktiv mit dem Fuß getreten. Das erste Urteil vom Amtsgericht Alsfeld sei aus ihrer Sicht ein Fehlurteil. Sie hatte dagegen Berufung eingelegt - die Staatsanwaltschaft ebenso.
Ellas Anwältin Waltraut Verleih
"Der Fußtritt hat den SEK-Beamten nicht getroffen. Das werden wir beweisen."
Sie hat heute dazu gesagt, dass sie eine Fußbewegung gemacht hat, um einen Polizeibeamten, der sie vom Baum ziehen wollte, mit einem Fuß abwehren wollte. Ob dieser Fuß getreten hat oder nicht, wird Gegenstand der Beweisaufnahme sein. Nach unserer Auffassung hat er Fuß nicht getroffen. Und meines Erachtens hätte das das Gericht in der ersten Instanz auch schon feststellen können. Man ging davon aus, die Beamten hätten zu Tode kommen können oder hätten standen in dem Risiko einer lebensgefährlichen Verletzung. Wenn sie ein Sondereinsatzkommando haben, dann gibt es dafür eine konkrete Ausbildung. Und sie haben gehört, für was Sondereinsatzkommandos im Einsatz sind, dass diese bei einem Einsatz in Dannenröder Wald gefährdet wären mit ihrem Leben, wie es das Urteil aufnimmt. Das, denke ich, wird diese Beweisaufnahme hier widerlegen.
"Aktenordner vor dem Gesicht mit dem Aufkleber: "Free Ella"
Zur Berufungsverhandlung erscheint sie ganz in Schwarz gekleidet, die Haare unter einer schwarzen Mütze und der Großteil des Gesichts hinter einer schwarzen Maske verborgen. Als sich die Kameras der Fotografen auf sie richten, hält sie sich einen aufgeklappten Aktenordner vors Gesicht - darauf ein Aufkleber mit der Aufschrift "Free Ella". Mit diesem Namen wird sie von Medien aufgrund entsprechender Posts im Internet bezeichnet und so spricht sie auch der Richter an."Ich glaube, dass sie Ausländerin sind", sagt er zu der aufmerksam zuhörenden Frau, die schließlich in fließendem Englisch ihre Sicht der Dinge schildert.
Ella-Anwältin wirft SEK-Beamten: "Körperverletzung im Amt" vor
Während sie von ihrer Trauer um die gefällten Bäume, die "417 langen Tage" im Gefängnis und von dem Moment erzählt, als sie von zwei SEK-Beamten vom Baum geholt wurde, ist das Rufen, Singen und Trommeln von rund 50 Aktivisten vor dem Gebäude zu hören. Die Angeklagte berichtet, wie sie bei dem Einsatz von Polizisten festgehalten und geschlagen worden sei. In ihrer Angst habe sie sich instinktiv widersetzt, nun solle sie kriminalisiert werden.Ihre Mandantin sei damals in einer gefährlichen Lage gewesen, die sie hätte abwehren dürfen, bekräftigt später eine ihrer beiden Rechtsanwältinnen. Die Polizisten seien dagegen am Baum gesichert gewesen; sie wirft diesen vor, eine "Körperverletzung im Amt" an der Aktivistin begangen zu haben.
Unterstützer von "Ella": Wir wollen uns solidarisch zeigen
Vor dem Berufungsprozess gibt es Proteste, um die namenlose Angeklagte zu unterstützen
Die Frau soll im Zuge der Proteste im Dannenröder Forst in mehreren Metern Höhe nach einem Polizisten getreten haben, der während der Räumung von Protestcamps in dem Waldstück nahe Homberg/Ohm im Einsatz war. Nach dem Vorfall Ende November 2020 war die Frau festgenommen worden. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. . Sie muss sich unter anderem wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte vor Gericht verantworten.
Tumulte im Gerichtssaal
Im Gerichtssaal kam es während der Urteilsverkündung im Sommer zu tumultartigen Szenen, wie Amtsgerichtsdirektor und Pressesprecher Klaus Schwaderlapp berichtete. Mehrere Zuschauer hätten gesungen und seien von Polizisten aus dem Saal entfernt worden, auch die Verurteilte habe Parolen skandiert, als sie abgeführt wurde.
Über den Dannenröder Forst
Im Dannenröder Forst sowie im nahe gelegenen Maulbacher Wald und im Herrenwald bei Stadtallendorf (Landkreis Marburg-Biedenkopf) waren Bäume für den Weiterbau der Autobahn 49 gefällt worden. Dagegen protestierten Umwelt- und Klimaschützer, die vor allem im Dannenröder Forst Baumhäuser und zahlreiche Barrikaden errichteten, die im Herbst 2020 schrittweise von der Polizei geräumt wurden.
FFH-Reporterin Anne Schmidt vor dem Landgericht Gießen
{"aspectratio":"16:9","height":"100%","width":"100%","primary":"html5","sources":[{"file":"https://video.ffh.de/free/hd/20220117_giessen_ella_prozess_a49_d87.mp4","label":"HD 720p","type":"video/mp4","default":true},{"file":"https://video.ffh.de/free/sd/20220117_giessen_ella_prozess_a49_d87.mp4","label":"SD 360p","type":"video/mp4","default":false},{"file":"https://video.ffh.de/free/lq/20220117_giessen_ella_prozess_a49_d87.mp4","label":"LQ 240p","type":"video/mp4","default":false}],"preload":"none","logo":{"hide":"false","position":"top-left","file":"https://static.ffh.de/fileadmin/templates/ffh.de/images/layout/watermark-top.png"},"image":"https://static.ffh.de/fileadmin/_processed_/b/8/csm_Ella_Prozess_FFH_eec1bbc5ff.jpg","stretching":"fill","title":"Berufungsprozess gegen unbekannte A49-Gegnerin","topic":{"id":"-1","headline":"Berufungsprozess in Gie\u00dfen","subline":"Namenlose A49-Aktivistin bricht Schweigen","uid":"293032"},"portrait":false,"tracks":[{"file":"https://video.ffh.de/subtitles/20220117_giessen_ella_prozess_a49_d87.de_DE.srt","label":"Deutsch","kind":"captions","default":true}],"highlight":[],"advertising":{"client":"vast","admessage":"Dieser Spot endet in XX Sekunden.","tag":"https://des.smartclip.net/ads?type=dyn&plc=102015&sz=400x320&api=2&ref=__page-url__&rnd=__random-number__&consent=__gdpr_consent__","schedule":"pre-roll"}}
Automatisch erstellte Abschrift des Videos:
Vor dem Gießener Landgericht hat der Berufungsprozess gegen eine Umweltaktivistin aus dem Dannenröder Forst begonnen. Sie war er in Alsfeld vor dem Amtsgericht. Verurteilt worden zu über zwei Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie soll bei den Protesten hoch oben im Baum in fünfzehn Meter Höhe nach einem Polizisten nach einem SEK-Beamten getreten haben, gegen den Kopf des Beamten.
Heute zu Beginn des Berufungsprozesses hat Ella, so nennt sich die Angeklagte, deren Identität nicht bekannt ist, ganz überraschend eine Erklärung abgegeben. Sie sagt, das sei ein Fehlurteil gewesen. An diesem Tattag, bei dem Vorfall oben im Baum, da habe sei sie, hätte sie fliehen wollen, sie sei nicht gesichert gewesen. Sie hätte Angst gehabt und deshalb als Warnung mit dem Fuß getreten.
Sie hätte Faustschläge der SGK-Beamten ins Gesicht erlitten. Ihre Anwältin Waltraut Verleih sagt die Höhe der Strafe über zwei Jahre für gefährliche Körperverletzung im ersten Prozess in Alsfeld vor dem Amtsgericht. Das sei nicht akzeptabel. Eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils das ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Selbst wenn die Beweisaufnahme bestätigen würde das Schuldfeststellungen zutreffend sind muss das Strafmaßes korrigiert werden.
Heute waren viele Klimaaktivisten hier zur Unterstützung von Ella. der Angeklagten. Und sie haben gesagt, sie wollten auch wiederkommen.