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> Tafeln in Hessen besorgt um leere Lager und Kassen
11.03.2022, 13:57 Uhr
Leere Lager bei Hessens Tafeln -
Hilfe für Geflüchtete nur bedingt möglich
© Tafel Gießen
Sorgen bei der Tafel Gießen. Es werden dringend haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel und Geldspenden benötigt.
Die Mitarbeiter mehrerer Tafeln in Hessen sind besorgt. Die Tafel in Gießen etwa beklagt: Die Lager sind fast leer und der Krieg in der Ukraine bringt an mehreren Stellen komplett neue Probleme mit sich.
Gerade jetzt sind daher Spenden und eine langfristige Unterstützung wichtig, damit die Tafel ihre Kunden und die Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, versorgen kann. Vor allem haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel und Geldspenden werden dringend benötigt, erklärt die Tafel im Gespräch mit HIT RADIO FFH. Mehr Infos zu den Tafeln in Hessen finden Sie hier.
Tafel Gießen mit einem Hilferuf
So war bereits zum Ende des vergangenen Jahres spürbar, dass viele Kleinspender fehlten. Sei es, weil diese Geld an andere wichtige Unterstützungsprojekte spendeten, wie an die Flutopfer im Ahrtal. Sei es, weil runde Geburtstage, silberne Hochzeiten und andere Feste coronabedingt ausfielen, anlässlich derer immer mal statt um Geschenke um eine Spende für die Tafel Gießen gebeten wird. Sei es, weil einige schon den Preisdruck der steigenden Inflation spürten, heißt es im Hilferuf der Tafel.
Conrad: "Die Kassen sind einfach leer"
Bei der Tafel in Gießen sind die Kassen und Lager leer: dringend werden deshalb Geldspenden benötigt, erklärt Organisationsleiterin der Tafel Gießen, Anna Conrad, am FFH-Mikro
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Auch die Kassen sind einfach leer, um auch teilweise weitere Möglichkeiten auszubauen, wie man Menschen unterstützen kann. Auch die steigenden Benzinpreise sind für uns enorm, die uns sehr belasten. Das heißt, wir überlegen uns auch zweimal, die Ware, die uns angeboten wird, können wir uns das überhaupt leisten, da hinzufahren, die abzuholen. Wenn Sie eine Fahrtstrecke haben, vielleicht von 50 oder 100 Kilometer bis zu irgendeinem Lager, dann müssen Sie zweimal überlegen, geht das oder geht das nicht. Und viele Kleinspendeneinnahmen sind die letzten Jahre einfach weggeblieben, aufgrund, dass es auch keinen Anlass gab. Also wenn jetzt jemand letztlich seines 50., 60., 70. Geburtstages normalerweise gefeiert hätte und vielleicht gesagt hätte, ich brauche es nicht, ich spende es, das hat alles nicht stattgefunden.
Immer mehr Menschen sind auf Hilfe der Tafel angewiesen
Wir merken es gerade alle: der Benzinpreis schießt durch die Decke, die Energiekosten steigen merklich. Gerade für Kunden der Tafel eine enorme Herausforderung. Nun sind schon viele Flüchtlinge aus der Ukraine in Gießen angekommen, finden ersten Unterschlupf bei Verwandten, die häufig selbst Tafel-Nutzende sind. Aber Anna Conrad, Organisationsleiterin bei der Tafel Gießen, sind die Hände gebunden, denn sie kann die Geflüchteten lediglich in die Warteschlange der Tafel-Interesssenten aufnehmen.
Notfalltüten für ukrainische Flüchtlinge
„Aktuell wird es für uns immer schwieriger, unseren regulären Tafel-Nutzern in der Woche genügend Lebensmittel anzubieten. Wir werden deswegen unser Bestes geben, die ukrainischen Geflüchteten, die hier in Gießen zum Beispiel bei Familienmitgliedern und Freunden untergekommen sind, mit extra gepackten Notfalltüten zu unterstützen. Leider können wir die Geflüchteten nicht als reguläre Tafel-Nutzer aufnehmen, weil uns einfach die Ware fehlt.“ Der Engpass um die Versorgung der ukrainischen Flüchtlinge sei laut Conrad aber nur die Spitze des Eisbergs.
Conrad: "Wir haben keine einzige Packung Nudeln"
Die Organisationsleiterin der Tafel Gießen, Anna Conrad, ist in großer Sorge: die Lager mit Gütern für bedürftige Menschen sind leer
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Es ist tatsächlich so, dass bei uns die Lager leer sind. Ich war jetzt drin, wir haben keine einzige Packung Nudeln und haben eigentlich nicht genügend Lebensmittel, um den Bestand, der jetzt zur Tafel kommt, zu versorgen. Wir bekommen auch weniger Lebensmittel im Moment von den Lebensmittelmärkten. Das ist halt die Saison natürlich auch. Es gibt nicht viel frisches Obst, Gemüse, was dann im Sommer wieder mehr ist. Auf der anderen Seite kommen halt mehr Menschen, die auf uns angewiesen sind. Wir haben Anfang des Jahres festgestellt, dass Menschen zu uns kamen, die in kurzfristige Notlagen kommen, aufgrund der ganzen steigenden Kosten. Wenn Sie sich vorstellen, Sie haben eine Familie, die gut zurechtkommt, sag ich mal, so kurz über einen Hartz-IV-Satz verdient, ein Haus abbezahlt, die dann auf einmal 50 bis 90 Prozent mehr an Spritkosten ausgeben muss. Und dann der Stromanbieter kommt mit einer Nachzahlung und einer Erhöhung. Und wenn Sie normalerweise 100 Euro im Monat vielleicht übrig haben, haben Sie die auf einmal nicht mehr übrig.
Conrad: "Situation wird sich noch zuspitzen"
Anna Conrad und ihr Team von der Tafel Gießen wollen möglichst vielen Menschen auch kurzfristig helfen. Für Flüchtlinge aus der Ukraine packen sie jetzt Notfalltüten
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Wir haben eh eine besondere Situation dieses Jahr erlebt. Die wird sich noch zuspitzen, meiner Meinung nach. Ab Mai werden die ganzen Vermieter ihre Abrechnung gemacht haben, weil dann werden noch mehr Menschen in dieselbe Notlage kommen, wie jetzt quasi Menschen, die in eigenen Häusern haben. Und jetzt kommen noch die Geflüchteten aus der Ukraine dazu. Und wir haben uns halt überlegt, wie können wir helfen, ohne dass wir Menschen wegschicken? Und haben quasi eine Notfalltüte eingerichtet. Wir versuchen, Tüten zu packen, Taschen zu packen mit Lebensmitteln, die länger haltbar sind, damit die halt nicht so schnell natürlich auch kaputt gehen. Und mit Hygieneartikeln.
Im Februar und März sei es für die Tafel immer schwierig, es gibt eben nur wenige frische Lebensmittel. Doch jetzt sei man wirklich in einer Notlage: "Wir haben keine einzige Packung Nudeln mehr", sagt Anna Conrad voller Sorge im Gespräch mit FFH. Darum werden dringend Spenden benötigt, vor allem haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel und Geldspenden. Das Spendenkonto der Tafel lautet:
Diakonisches Werk Gießen
IBAN DE58 5135 0025 0200 5135 08
Verwendungszweck: Spende Tafel Gießen
Ähnliche Sorgen in Frankfurt und Dieburg
Auch in Frankfurt und Dieburg ist das Problem besonders akut, sagten Rainer Häusler, Chef der Frankfurter Tafel, und Wolfgang Blaseck, Leiter der Tafel in Dieburg, unseren Reportern.
Rainer Häusler, Chef der Frankfurter Tafel
"Wenn jeder ein bisschen spenden kann, dann hilft uns das sehr!"
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Wir sagen, uns würde es helfen, wenn ganz viele Frankfurter mit ein paar Lebensmitteln kommen würden. Wenn jeder ein bisschen das von dem, was er gekauft hat, ein bisschen was abzweigen kann, was langlebige Lebensmittel sind, dann hilft uns das natürlich viel weiter. Und Großspenden sind momentan einfach auch nicht verfügbar.
Wolfgang Blaseck, Leiter der Tafel in Dieburg
"Mit einer steigenden Zahl von Unterstützungsbedürftigen ist die Versorgungssicherheit nicht mehr gegeben."
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Im Moment können wir noch alle unserer Kundinnen und Kunden versorgen, aber mit einer steigenden Anzahl von Unterstützungsbedürftigen und einer ausbleibenden Trendwende, was die Menge der gespendeten Lebensmittel betrifft, ist diese Versorgungssicherheit leider nicht mehr gegeben.