So gehen Hessen mit hohen Heizölkosten um: Von Hamstern bis Sparen
Von Hamstern bis Sparen - So gehen Hessen mit hohen Heizölkosten um
Fast doppelt so viel wie vor einem Jahr zahlen die Hessen derzeit, wenn sie Heizöl bestellen. Eine FFH-Stichprobe zeigt, was das für Kunden und Firmen bedeutet.
Die Wartezeiten aufs Heizöl werden länger, viele Kunden bestellen eher kleinere Menge und viele Firmen rüsten derzeit um und kehren vom Gas zum Heizöl zurück.
Preise fast verdoppelt
Dabei haben sich die Preise fast verdoppelt. Eine ungefähre Rechnung: Wer heute 3.000 Liter Heizöl bestellt, zahlt dafür 1,50 bis 1,70 Euro pro Liter, sprich insgesamt 4.500 bis 5.000 Euro. Das ist ungefähr das Doppelte wie vor einem Jahr.
"Große Tanks macht kaum noch jemand voll"
"Einen 10.000 Liter-Tank macht kaum noch jemand voll," erfahren die FFH-Reporter bei Schreiber-Brennstoffe in Wehretal in Nordhessen. "Wir setzen vermehrt alte Tankanlagen von Firmen wieder in Betrieb, weil die Unternehmen zum Heizöl zurückkehren, um autark zu sein," beschreibt uns Firmenchef Sebastian Mehl bei Tilly-Hedrich in Langgöns.
Viele wollen Vorräte anlegen
Und bei Heizöl Jörg in Mainz hören wir, dass derzeit die Bestellmenge sogar steigt, weil die Kunden sich Vorräte zur Sicherheit anlegen möchten.
FFH-Reporterin Anne Schmidt liefert Heizöl mit aus
Das erzählen Heizölfirmen aus ihrem Alltag
Bei Bernd Schilly, Brennstoff-Dienste und Brandschutz in Wiesbaden liegen die Lieferfristen derzeit bei rund zwei Wochen. "Aber wer Heizöl dringend benötigt, wird generell kurzfristig beliefert - wenn es sein muss, sogar noch am gleichen Tag", so der Geschäftsführer Bernd Schilly zu HIT RADIO FFH. Privathaushalte würden im Schnitt 2.500 Liter bestellen, während Hausverwaltungen die Tanks ganz füllten, um Vorsorge zu betreiben. Bei ihm lägen die Preise 80 Prozent über dem Vorjahr.
Rentner oder Witwen in Zahlungsschwierigkeiten
Bei Tilly Hedrich Heizöl in Langgöns bei Gießen herrscht viel Mitgefühl gerade mit kleinen Kunden. "Manche Rentner oder gerade alleinstehende Frauen in Häusern rufen an und sagen, sie können den Preis nicht zahlen. Das ist schwer", sagt uns Geschäftsführer Sebastian Mehl. Er bietet deshalb mehr Ratenzahlung an. Bei ihm melden sich auch viele Firmen, die vom Gas zurück aufs Heizöl wechseln. Der Tanks nimmt seine Firma wieder in Betrieb. Das sei ein klarer Trend, sagt Mehl.
Wartezeiten von bis zu sechs Wochen in Mainz
Auf etwas längere Wartezeiten müssen sich Kunden bei Heizöl Jörg in Mainz gefasst machen, sie liegen jahreszeitenbedingt üblich bei vier bis sechs Wochen. Mit Blick auf Weihnachten und den Winter, "gehen wir von einer progressiven Entwicklung der Lieferzeiten aus, also diese werden nunmehr länger werden, sodass wir im November eher sechs bis acht Wochen Lieferzeiten erwarten und dann nicht mehr dieses Jahr liefern können", sagte uns Geschäftsführer Dominik Jörg. Bei ihm steigen die Bestellmengen derzeit auf durchschnittlich 3.400 Liter, was der Firmenchef eher als Hamsterkäufe betrachtet.
Beliefert werden derzeit nur Stammkunden
Auch bei Heizöl Wade in Rüsselsheim und der Mobene GmBH in Darmstadt betragen die Wartezeiten fürs Heizöl derzeit bis zu 4 Wochen. Letztere nehmen derzeit deshalb keine Neukunden mehr an. Heizöl-Lieferant Heinrich Hermann aus Dieburg berichtet, dass seine Mitarbeiter die Unzufriedenheit der Kunden zu spüren bekommen.
Viel mehr Arbeit für die Firmen - seit einem Jahr "Land unter"
Bei Energie Habermann in Nidderau im Main-Kinzig-Kreis ist die durchschnittliche Bestellmenge gesunken und liegt nun bei rund 1.500 Liter pro Haushalt. Es gäbe aber auch viele Panikkäufe im Moment, damit der Tank im Winter voll sei, sagt uns Firmenchef Stefan Habermann. "Hier ist landunter, wir fahren seit einem Jahr viel öfter raus. Auch der Chef muss ständig fahren." Der Preis für den Liter sei etwa doppelt so teuer wie vor einem Jahr.
Heizölpreise nicht so gestiegen wie Pellet und Gas
"Im Moment macht keiner voll", sagt Frau Schreiber von Schreiber-Brennstoffe in Wehretal im Werra-Meißner-Kreis. Die meisten tanken so, dass sie über den Winter kommen. Je nach Hausgröße und Heizungsanlage sind das rund 1.500 Liter. "Einen 10.000 Liter Tank macht keiner voll." Sie macht darauf aufmerksam, dass Heizöl derzeit der einzige Energieträger sei, dessen Preisentwicklung rückläufig sei. Der Pelletpreis etwa habe sich verdreifacht. Deshalb warnt sie vor einer Verteufelung des Energie-Trägers Heizöl.
"Just-in-Time-Denken fliegt uns jetzt um die Ohren"
Bei Brennstoff-Lieferant Rudolf Köhler in Liebenau im Kreis Kassel müssen die Kunden derzeit mit ein bis zwei Wochen Lieferzeit rechnen, sagt Holger Köhler. Es könne aber auch mal länger dauern, wenn die Lieferung vom Großhändler Verspätung habe. "Das Just-in-Time-Denken fliegt uns jetzt um die Ohren, früher hatten die Leute immer ein paar Kartoffeln im Keller", sagt er zum Vergleich.
Auch Heizöl-Fahrer fehlen
Volltanken würden derzeit nur Leute, die nicht unbedingt aufs Geld gucken müssen. "Im Schnitt tanken die Leute so, dass sie bis zum Frühjahr kommen", sagt Köhler. Das seien also 1.500 bis 2.000 Liter. Und Köhler hat ein anderes Problem: Es fehlen Fahrer, die Heizöl zum Kunden bringen.
Wartezeit bis zu 10 Wochen bei Günther-Energie in Bebra
Auch die Firma Günther-Energie in Bebra spürt, dass die Kunden eher öfter kleine Mengen Heizöl bestellen als einmal eine Große. Einige Kunden hätten schon zum dritten Mal in diesem Jahr bestellt, so ein Sprecher zu HIT RADIO FFH. Die Wartezeit betrage aktuell bis zu 10 Wochen - denn es gebe einige Personalausfälle momentan. Außerdem könnten oft auch keine optimalen Touren zusammengestellt werden, da "Kaltsitzer" als erstes bedient werden müssten.
Bestellmenge zum Teil halbiert
Bei Schäfer Transport GmbH in Dreieich im RheinMain-Gebiet liegt die Wartezeit derzeit bei zehn bis 15 Werktagen und es wird deutlich weniger bestellt als vor einem Jahr. Von 2.000 bis 3.000 Litern für Privathaushalte seien die Bestellungen auf 1.000 bis 1.500 gesunken. Kein Wunder, der Preis für Heizöl habe sich fast verdoppelt. Von 80 bis 90 Cent vor einem Jahre auf 1,50 bis 1,60 Euro jetzt.
Literpreise für Heizöl schwanken viel mehr als früher
Auch im Familienbetrieb Hildmann Heizöl in Kronberg bestellen manche Kunden weniger Heizöl pro Lieferung. Sei es um Geld zu sparen oder in der Hoffnung, dass im Frühjahr die Preise wieder nachgeben würden. Die Mehrheit wolle aber auf Nummer sicher gehen und bestellten ausreichen, um über den Winter zu kommen. Die Wartezeiten lägen bei vier bis maximal sechs Wochen. Vor allem würden die Preise aber stark von Tag zu Tag schwanken, es sei mehr Bewegung im Markt.