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08.11.2022, 12:43 Uhr
Vorbereitung auf Ernstfall -
So rüstet sich Hessen für einen Blackout
© dpa
Gemütlich oder einfach nur dunkel? Eine Kerze steht bei einem Stromausfall auf dem Tisch und leuchtet.
Ein landesweiter Stromausfall, ein sogenannter „Blackout“, gilt zurzeit nicht als wahrscheinlich. Aus Sicht der Stromversorger in Mainz und Wiesbaden ist er sogar „extrem unwahrscheinlich“. Trotzdem bereitet Hessen sich vor.
In den vergangenen Jahren hat die Hessische Landesregierung über 70 Millionen Euro in die Katastrophenschutz-Ausrüstung des Landes investiert. Schwerpunkt war die Beschaffung mobiler Notstromaggregate, die auch im Falle eines Blackouts gebraucht würden.
Städte bereiten sich vor
Laut Stephan Schienbein, Sprecher des Landkreises Marburg-Biedenkopf, habe der Kreis gerade noch größere Notstromaggregate gekauft. Damit könnte sich die Kreisverwaltung 72 Stunden ohne Strom versorgen. Wichtig sei aber auch die Vorbereitung der Bevölkerung und der Firmen.
Wärmeinseln
Daher wolle man laut Schienbein beheizte Orte schaffen, die auch im Fall eines Stromausfalls warm bleiben und Menschen Schutz bieten. Diese sogenannten „Wärmeinseln“ finden sich als Pläne in vielen hessischen Städten und Kommunen: In Südhessen beispielsweise als umfunktionierte Sporthalle in Alsbach-Hähnlein oder als alternativ genutztes Bürgerhaus in Bickenbach.
Landkreis Marburg-Biedenkopf rüstet die Feuerwehren auf
"Die Feuerwehren werden sofort besetzt. Dort gibt es Funktelefone, die auch beim Blackout funktionieren," sagt Kreissprecher Stephan Schienbein
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Das Hauptproblem wird schon mal sein, die Feuerwehr anzurufen. Weil wenn ich tatsächlich einen Stromausfall habe, dann funktionieren auch meine Telefonnetze nicht, Festnetz nicht und nach kurzer Zeit wird auch das Mobilfunknetz ausfallen. Und da gibt es eben die Empfehlung des Landes Hessen, dass nach 60 Minuten die Feuerwehrhäuser automatisch besetzt werden und die Feuerwehrhäuser dann Anlaufstelle für hilfesuchende Bürgerinnen und Bürger sind, weil man von dort über Funk dann mit der Rettungsleitstelle Kontakt aufnehmen kann und kann Hilfe holen.
"Jeder Bürger und jede Bürgerin muss sich selber versorgen," warnt der Landkreis
"Machen Sie sich einmal klar, was alles bei Ihnen nicht funktioniert, wenn der Strom ausfällt," rät der Marburg-Biedenkopfer Kreissprecher Schienbein
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Der Wasserkocher für die Tasse Tee, die Kaffeemaschine, das Licht wird auch nicht funktionieren. Da ist man tatsächlich gut beraten, wenn man sich einfach mal in einer ruhigen Minute darüber Gedanken macht, weil es ist ein Irrglaube, wenn man dann sagt, naja, die Kavallerie des Katastrophenschutzes kommt dann. Nee, das kann der Katastrophenschutz eben nicht leisten, sondern die Bevölkerung muss auch selber Vorsorge betreiben. Mit Trinkwasser, mit Verpflegung, mit Kerzen.
"Auch Apotheken und Arztpraxen sind jetzt gefordert, Vorsorge zu treffen"
"Auch in einer Arztpraxis wird vieles nicht funktionieren," so warnt Kreissprecher Stephan Schienbein in Marburg
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Natürlich, das wissen wir auch, in der Arztpraxis wird dann genauso der Strom ausfallen und wir werden auch nicht jede Arztpraxis mit einem Notstromerzeuger versorgen können. Viele Geräte, nehmen wir mal ein Ultraschallgerät oder ein EKG-Gerät oder auch nur die Patientendatei, die auf dem Computer gespeichert ist, funktioniert dann nicht. Das heißt, auch die Betreiber von Arztpraxen oder Apotheken sind sehr gut beraten, sich darüber Gedanken zu machen, wie sie denn ihren Betrieb in einem solchen Falle zumindest notfallmäßig aufrechterhalten können.
Auch Kommunen rüsten auf
Wie der Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Thorsten Stolz, Ende Oktober in einer Kreistagssitzung bekannt gab, suche man in hessischen Kommunen gezielt nach Gebäuden, die als "Leuchttürme" dienen könnten. Dabei handelt es sich um Anlaufstellen, die in allen Feuerwehr- oder Bürgerhäusern eingerichtet werden sollen. Hier könnten Menschen neben dem Wärmeinsel-Aspekt auch medizinische Hilfe erhalten, falls der Strom knapp wird.
Main-Kinzig-Landrat Thorsten Stolz über die "Leuchttürme"
"Das sind Orte, die Auffanglager werden können - zum Beispiel Sporthallen."
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Die Grundidee der sogenannten Leuchttürme ist die, dass in jedem Ort Anlaufstellen für Menschen geschaffen werden sollen, die in irgendeiner Form Hilfestellungen und Unterstützung einfach auch benötigen. Und da denken wir natürlich in erster Linie an Feuerwehr und Bürgerhäuser. Und wichtig ist, dass die Menschen eine wohnortnahe Anlaufstelle haben, wo sie Informationen und erste Hilfestellungen einfach auch erhalten. Um diese Anlaufstelle nicht zu überlasten, ist eine eigenverantwortliche Vorbereitung im eigenen Haushalt unabdingbar.
Main-Kinzig-Landrat Thorsten Stolz über die Ausstattung der "Leuchttürme"
"Es wird dort Erste-Hilfe-Stationen geben, aber auch Nahrung, Infos und die Möglichkeit sich aufzuwärmen."
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Ja, hier geht es konkret um die Ausstattung geeigneter Sporthallen, die als Anlaufstelle dienen sollen. Und diese müssen natürlich dann mit Notstrom beziehungsweise mit Anschlüssen an die Notstromaggregate angeschlossen werden können, ausgestattet sein. Und damit eine Sporthalle als Anlaufstelle im Notfall genutzt werden kann, muss sie natürlich den Menschen einen gewissen Mehrwert bieten. Beispielsweise hier eine Versorgung mit wichtigen Lebensmitteln und gegebenenfalls natürlich auch mit Strom. Aber es geht auch darum, so eine Reservelage beispielsweise mit Betten, Decken, Lebensmitteln entsprechend hier vorzuhalten und dieses parat zu haben. Immer für den Fall, dass das dann erforderlich sein sollte.
Main-Kinzig-Landrat Thorsten Stolz über die Selbstversorgung
"Jeder Bürger hat die Pflicht sich vorzubereiten, mit Wasser, Nahrungsmitteln und Batterien für Radios und Taschenlampen
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Jede Bürgerin und jeder Bürger hat die Pflicht und die Aufgabe, sich für den Fall einer solchen Katastrophe ganz gleich welcher Art für eine Weile selbst zu versorgen. Wichtig ist, ausreichend Getränke und haltbare Lebensmittel zu Hause zu haben. Wichtig ist es aber auch, Batterien für Radios und Taschenlampen vorrätig zu haben. Und auch ein ausreichender Vorrat an Medikamenten ist hier ratsam.
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Berlin-Köpenick hatte im Februar mit einem Stromausfall zu kämpfen. Viele Geschäfte blieben zu.
Dieburg will auch über Schaukästen informieren
Den "Worst Case", so wie es Dieburgs Bürgermeister Frank Haus im Gespräch mit FFH formuliert, hält er "zumindest nicht für unwahrscheinlich". Große Unsicherheit in der Bevölkerung komme seiner Meinung nach aber erst dann auf, wenn die Bürger das Gefühl hätten, die Städte seien darauf nicht vorbereitet. "Die Dieburger können sich aber auf uns verlassen", sagt Haus, "wir können ihnen die Ängste nehmen".
Dieburger Feuerwehr bekommt eine mobile Tankstelle
So will die Stadt im Falle eines Blackouts auch über Aushänge in den Schaukästen informieren. Daneben kümmert sich die Stadt aber auch um die Anschaffung von Notstrom-Generatoren und mobilen Tankstellen für die Feuerwehr, um die Einsatzfähigkeit zu gewährleisten. Dazu wird in Dieburg mit Wärmeinseln geplant, also Turnhallen oder Vereinsräume, wo die Bürger im Fall eines "Blackouts" hinkommen könnten. Haus rät aber auch zur Eigenvorsorge und zur Anschaffung eines Batterieradios.
Der Dieburger Bürgermeister über den "Worst Case"
"Ich halte es nicht für ausgeschlossen, also bereiten wir uns darauf vor," sagt Frank Haus
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Also wir halten es zumindest nicht für unwahrscheinlich und gehen derzeit in unseren Planungen vom Worst Case aus. Worst Case bedeutet für uns 72 Stunden ohne Gas bzw. Strom und das ist die Grundlage für unsere Planung im Augenblick.
Der Diebürger Bürgermeister rüstet die Feuerwehr mit mobilen Tankstellen aus
"Wir schaffen derzeit noch Stromgeneratoren aber auch mobile Tankstellen an. Die werden noch geliefert."
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Für uns steht die Beschaffung von Stromgeneratoren im Vordergrund. Die sind bestellt. Da warten wir auf die Lieferung. Und bei der Feuerwehr insbesondere auch die Anschaffung von mobilen Tankstellen, die einfach sicherstellen, dass auch bei Stromausfall ausreichend Treibstoffvorrat vorhanden ist, um die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr laufen zu lassen und auch unseres Betriebshofs.
Kassel richtet Krisenstab ein
Ein Blackout muss aber keine Folge von Stromengpässen sein – er kann auch infolge gezielter Angriffe auf kritische Infrastruktur eintreten. Die Stadt Kassel hat daher auf Initiative des OB Christian Geselle bereits einen Krisenstab eingerichtet, um auf solche Angriffe zeitnah und flexibel reagieren zu können.
Unterstützung für Feuerwehr & Rettungskräfte
Damit auch die Feuerwehr im Fall eines Blackouts einsatzfähig bleibt, hat die Stadt Wiesbaden bereits Notfalltankstellen für Feuerwehr und Rettungsdienste eingerichtet. In den südhessischen Städten Bensheim und Dieburg wurden außerdem Notstromaggregate für die örtlichen Feuerwehren angeschafft.
Viele Gießener haben sich noch nicht auf einen Blackout vorbereitet - was würden Sie dafür einkaufen?
Batterien, Kerzen, Powerbanks und haltbare Lebensmittel - diese Produkte fallen den Gießenern zu einem Blackout ein
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Viele Kerzen. So ein paar Lebensmittel auf Vorrat. Nicht zu viel, aber einfach ein bisschen würde ich sagen. Ich denke es sind eher so Batterien kaufen sowas oder Powerbanks, solarbetrieben am besten. Was anderes wüsste ich jetzt nicht. Ich habe mir nicht so in den Zipfen, ja auf jeden Fall erstmal das Licht ist. Ja Kerzen müsste ich mal einkaufen. Gläser, Dosen, nichts was man unbedingt erhitzen muss, wenn Strom ausfällt, ist das immer alles ein bisschen doof. Wenn ich jetzt nur noch am Gebüchsenfraß kalt essen müsste, das wäre schon hart.
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Auch die Ampeln fallen bei einem Stromausfall aus. Es gibt kein Rot. Aber auch kein Grün.
Krankenhäuser mehrere Tage betriebsfähig
Und die hessischen Kliniken? Laut Frank Steibli, Pressesprecher des Uniklinikums Gießen, verfügt das Gießener Uniklinikum bereits über mehrere Notstromdieselanlagen. Damit können lebenserhaltende Systeme wie Beatmungsgeräte mindestens drei Tage Stromausfall überbrücken.
Ähnliches meldet auch Stefanie Mohr, Pressesprecherin der Lahn-Dill-Kliniken: Notstromdiesel und zusätzliche Batterieanlagen könnten auch hier einen unterbrechungsfreien Betrieb über mehrere Tage gewährleisten.
Checkliste und Infothek für Bürger
Damit sich auch Privatpersonen auf einen Blackout vorbereiten können, hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bereits eine Checkliste erarbeitet.
Und auch das Land Hessen rät zu privater Vorsorge. Denn auch Fälle wie Unwetter und Naturkatastrophen zeigen, dass eine private Vorsorge hilfreich sein kann. Für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Betriebe und Betreiber kritischer Infrastruktur hat das Land Hessen daher eine Infothek eingerichtet.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Hessischen Innenministeriums sowie in der Kampagne "Für alle Fälle vorbereitet" vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.