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> Rauscheboil und Fräschekönich - Kinder in Frohnhausen üben Mundart
28.11.2022, 10:38 Uhr
Rauscheboil und Fräschekönich -
Frohnhäuser Kinder üben Mundart
© FFH
Die Mundart-AG in Dillenburg-Frohnhausen. Die Kinder wissen noch was ein Fräschekönich ist.
Wer spricht heute noch Dialekt in Hessen? Wer weiß was ein Hannebambel ist? Oder eine Labbeduddel? Oder in Fronhausen: Ein Rauscheboil und der Fräschekönich.
Auf hochdeutsch ist ein Hannebambel oder Labbeduddel halt ein Trottel. Merken Sie was? Mundart-Schimpfe ist Schimpfe, die nicht wehtut sondern zum Lächeln bringt. Een Labbeduddel zo sei mescht nemlisch nix.
Mundart AG in Frohnhausen bewahrt Tradition
Die Mundart AG der Schule am Brunnen in Dillenburg-Frohnhausen bewahrt die Tradition - hier lernen die Kinder noch Mundart und können zuhause auf Platt mit Eltern oder Großeltern erzählen - vorausgesetzt, die verstehen das noch.
Die Kinder testen Johannes Scherer im Mundart-Quiz
Errät Johannes, was die jungen Fronhäuser hier sagen?
Schulleiterin Sibylle Holighaus-Sauer liebt Mundart
"Es gibt so viel mehr Worte um Gefühle auszudrücken als auf Hochdeutsch"
Automatisch erstellte Abschrift des Audios:
Unsere Gegend hat keine Tracht, keine Kerb, keine Tradition. Die einzige Tradition, die wir haben, ist unsere Mundart. Und die ist es wichtig zu erhalten. Sie sprechen selber auch platt. Was sind Ihre Lieblingsworte? Ich habe das Lieblingswort Rauschebeul, Ruhlepsch und Irbschellig. Das sind meine Lieblingsworte. Die Gegend nennt sich ja das rollende L. Das ist einfach so. Es gibt auch Worte, in denen Rrrs dazu gemacht werden, die es gar nicht gibt. Also wie Barnane oder Armen. Es gibt Orte, da wird es nicht so stark betont. Aber hier in Vornhausen selbst hat es schon eine sehr starke Bedeutung. Herborn, ja. Oder es gibt halt so Rizzarur, Ferrari fährt Hönerin, Rotwraithsrim. Ganz roter Ferrari fährt hinter Renne rot rechts herum. Ja, ich denke schon. Man kann ganz viel verniedlichen in der Mundart. Und ich habe wirklich das Gefühl, wenn man jemandem sagen will, dass man ihn gern mag. Da gibt es so viele Nuancen. Da gibt es viel, viel mehr als im Hochdeutschen. Gibt es da irgendeinen Beispielsatz? Das bedeutet einfach viel mehr als ich habe dich lieb. Das heißt, es gehört zu meinem Herzen.
Hier darf beim Sprechen das R noch richtig rollen
Gut ist es, wenn die Kinder daheim noch eine Person haben, die auch noch das rollende R und die vielen besonderen Worte des Hinterländer Dialektes kennen. Das kann die Oma oder der Papa sein, aber auch eine Tante oder ein Onkel. Denn die Betonung übt sich durchs Hören und Miteinander reden ein.
Kinder führten "De Fräschekönich" auf
Schulleiterin Sybille Holighaus-Sauer ist selber mit Mundart groß geworden. Seit 22 Jahren gibt sie in der "Schule am Brunnen" ihr Wissen an die Kinder der dritten und vierten Klassen weiter und übt mit ihnen Theaterstücke auf Mundart ein. Die Texte schreibt sie selber dafür um, zuletzt war es "De Fräschekönich" - der Froschkönig. Weil Adventszeit ist, lesen sie auf Veranstaltungen im Moment aber die Weihnachtsgeschichte auf Mundart.
Kinder aus Frohnhausen lesen in Mundart die Weihnachtsgeschichte
"Do hat sich a de Josef uffgemaacht"
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Die Weihnachtsgeschichte. Es ist schon über 2000 Jahre her, da hat der Kaiser Augustus gesagt, dass er in seinem Reich eine Volkszählung machen will. Das war der allererste überhaupt und gemacht soll sie dort werden, als Kerenius Iserion was zu sagen hat. Aber die Zählerei war schwer imständlich. Jeder soll Idee statt Labe aus der er kommt, also besser gesagt, wo er geboren war. Und da hat sich auch der Josef aus Nazareth in Galilea aufgemacht und ist losgerutscht ins jüdische Land, genau gesagt nach Bethlehem. Das war die Stadt von David und der Josef war ja einer der von David aufstand. Beg und Amara achselt frah des Maria und es krähe künnt, wenn sie in Stab und Wurscht, so weit, dass es Maria erkind krähe soll. So hat sie den Erste Jung im Stall überwält gebracht, hat sie in Lumme gewickelt und in Futtertroll gelad. Wo hänse der sonst hiela soll, es war ja nirgends Platz, leh der Säbe gehen, woan grad auch öpa hötte, de nachts aufe Schauwe aufpasse deren. Und Engel vom Lebegottesbeide kommen und der Ösrensrimm richtig hell wohn. Sowas hann den noch net erleid und da hann se ahrische Furcht krieg. Aber der Engel hat der Ogase gesagt, ihr braucht kah Furcht zu ho. Asch kann auch was ganz Schienes erzähl, ihr hattet krumm genug wasch zu freu, und net nur ihr, ach alle unsrem, des hau nämlich de Heiland geboren. Und des dauerte net lang, do wurde bei der A-Engel auf Amer noch Fimi Engel, der hom den Lebegott gelobt und gesagt, Ehre sei dem Lebegott dort obe. Und do oft der Ehre bei de Mensche soll alles gut sein. Do seit de ganze Engelwöre ab und nuff i Himmel. Do Hütte hot do isch de Boar ineinander gepissbilt und do gesagt, etz owa ab nach Bethlehem, wir wolln de Geschichte seh, dei do basiert isch, wofat dei do jes Chort erzählt ho. Des weise hot ich do hi und ho del ach alls Chort gefunne, itz Maria und de Josef. Und ach des Chlor Junge hier, des ihm Föhrat rockgeleje hot, weese des geseh ho, wo so Gott erzahlt, was der Engel über den Chlor schon gesaht hat. Und all dei noch komme, sei, hot sich owa des gewundert, was de Hütte gesagt hot. Des Maria owa hot sich alles genau behalle und hotz isch am Hertz aufgehobbe. De Hütte sei do, wöre vott und ho den Lebegott gelobt und geprise für all des, was de gehort und geseh ho und was dei Engel gesaht hann.
Schulleiterin übersetzt Texte und Kinder sprechen nach
Während der Mundart AG spricht Schulleiterin Holighaus-Sauer die Texte vor und die Kinder sprechen sie nach. Für manche eine bisschen wie eine Geheimsprache. Das rollende R haben hier aber noch viele traditionell gut drauf.
Akustisches Wörterbuch auf Mundart in der Pandemie erstellt
Während der Corona-Pandemie hat Sybille Holighaus-Sauer ein akustisches Wörterbuch erstellt. Das war eine Riesenaufgabe, die sie aber glücklich macht, schon weil es auf Mundart unzählige Worte gibt, um Gefühle auszudrücken. 1000 schätzt die Schulleiterin verschmitzt. Ein paar haben die Kinder davon jetzt gelernt, zum Beispiel: "Dau bes mei Goreche". Übersetzt: Ich hab dich in meinem Herzen gern. Wer weiß, wann die Frohnhäuser Kinder diese warmherzigen Worte im Leben einsetzen können.
Mehr Infos über Mundart in Hessen finden Sie hier