Die Schüler der Weltraum-AG sind Ende 2022 ganz aufgeregt: Der von der NASA qualitätsgeprüfte Bausatz für den Satellit ist in Lich eingetroffen. Der Prototyp zeigt, wie der fertige Satellit am Ende aussehen soll.
So soll der Satellit am Ende aussehen: Der Prototyp ist nur etwa 10x10 Zentimeter groß und wiegt gut einen Kilo. Den Satellit, den die Kinder ins All schießen wollen, schraubt die AG in den nächsten Wochen zusammen.
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An einem außergewöhnlich coolen Projekt tüfteln aktuell Schüler aus Lich im Kreis Gießen: Die Kids aus der Weltraum-AG der Dietrich-Bonhoeffer-Schule wollen bald einen Satellit ins All schießen, gemeinsam mit der Raumfahrtbehörde NASA.
Sowas cooles haben von uns sicher nur wenige in ihrer Schulzeit erlebt: Nur etwa 10x10 Zentimeter ist der Satellit groß und einen Kilo schwer. Er soll im Laufe des Jahres von den USA aus mit einer Rakete etwa 500 Kilometer weit ins All geschossen werden soll. Und bei dem Projekt helfen nicht nur Naturwissenschafts-Cracks mit, sondern sogar schon Kids aus der 5. Klasse - bis zur 10. Klasse. Sollte das Projekt klappen, wäre die Licher Schule die erste in ganz Europa, die so etwas vollbracht hat.
Satellit wird jetzt zusammengesetzt
Bereits im Dezember war unsere FFH-Reporterin einen Nachmittag bei der Weltraum AG von Lehrer Bernhard Krenig. Damals war gerade der Bausatz für den Satellit bei den Kindern eingetroffen. Nun, jetzt Mitte Januar, beginnen die Schülerinnen und Schüler die Einzelteile vom Bausatz wieder zusammenzusetzen zum fertigen Satellit, der dann auf einer Trägerrakete ins All geschossen wird. Bernhard Krenig rechnet damit, dass dieser Prozess etwa acht bis 12 Wochen dauern wird, sagt er im Gespräch mit HIT RADIO FFH.
AG-Leiter Bernhard Krenig erzählt am FFH-Mikro, wie der aktuelle Stand des Projektes ist.
Und wie es sich anfühlt, sich damit einen jahrelangen Traum zu erfüllen.
Man merkt im Gespräch mit ihm schnell, wie sehr er für sein Projekt brennt. Und die Kids tun es auch, wie sie im Gespräch mit unserer Reporterin verraten. Sie haben ihrem Lehrer in den letzten Monaten sogar beim Schreiben der ganzen Anträge geholfen. Denn einen Satellit ins All zu schießen, das kostet richtig viel Geld: ungefähr so viel wie ein Klein- bis Mittelklassewagen. Geld, das über ein normales Schulbudget hinaus geht. Und im Januar bestätigt der Licher Lehrer: Endlich haben sie das ganze Geld zusammen!
Lehrer Krenig: "Das glaubt einem kein Mensch"
Schon seit vielen Jahren hat Bernhard Krenig die Vision, einen Satelliten zu bauen. Vor zwei Jahren hat er dann die Schul-AG ins Leben gerufen, erzählt er uns im Dezember.
Die Idee, die trug ich lange mit mir rum. Ich habe irgendwann mal einen Artikel in National Geographic gelesen und da war von CubeSats, von kleinen Satelliten mit einer Kantenlänge von 10 auf 10 Zentimeter die Rede und dass man die eben ins Weltall schießen kann. Und damals stand halt ein Preis drin, der nicht zu stemmen war, aber die Idee war immer da. Und dann habe ich das irgendwann mal in der AG angeboten und in der AG war ich ganz vorsichtig. Da haben wir erstmal gesagt, wir machen eine Raketen-AG halt. Weil wenn man gleich eine Schul-AG anbietet, wir schicken einen Satelliten ins Weltall, das glaubt einem kein Mensch. Das war im Grunde auch so. Den Schülern habe ich wirklich gesagt, erstmal haltet, also sagt da nicht großartig was, weil das glaubt euch eh keiner, die halten euch für verrückt, das wird euch keiner glauben. Das heißt, wir haben dann vor über zwei Jahren eine AG angeboten und haben dann angefangen zu recherchieren und mit Firmen zu verhandeln halt. Und im Grunde kam es dann zu einer Einigung, mit der wir finanziell leben konnten, mit einer Firma aus den USA zum Qualifying über die NASA. Und der Satellit ist jetzt in Deutschland angekommen, der Satelliten-Bausatz wird jetzt wieder zusammengebaut, geht runter und wird dann irgendwann nächstes Jahr mit einer Trägerraketen ins Weltall geschossen, auf 400 bis 500 Kilometer Höhe.
Dass wir die zweite Schule der Welt sind und die erste Europas und erste auch Deutschlands sind, die einen Satelliten ins All schicken. Also, dass man das so hat, dieses echte Leben als Wissenschaftler. Man weiß nicht, ob es klappt. Und auch dieser Kampf, der erste zu sein. Sehr cool, aber der Start hängt ja nicht an mir. Wir müssen ja nur das Ding zusammenbauen. Und wir können ja eigentlich vor Ort nichts mehr machen. Ja, es ist schon was Besonderes. Es macht auch sehr viel Spaß, mit den Jungs zu arbeiten und die ganzen E-Mails zu schreiben, auch am Computer. Und wir haben auf Filme geguckt. Es macht schon echt Spaß hier in der AG.
Die NASA hat bei der Qualitätskontrolle das Go gegeben. Somit kann nun losgeschraubt werden. Dafür haben die Kids Schutzhauben und hygienische Handschuhe an. "Das ist eine Sache von Verantwortung, wenn man das in der Hand hält", sagt Schülerin Adriana aus der 8. Klasse. Sie durfte ganz vorsichtig die Einzelteile aus einem unscheinbaren, kleinen Koffer heben. Alle Satelliten-Einzelteile sind in Luftpolster-Folie verpackt und tragen die Aufschrift "Attention!". Dass Vorsicht geboten ist, ist allen Kindern in der AG der Dietrich-Bonhoeffer-Schule bewusst. Aber auch, dass noch immer einiges schief gehen kann bei dem Projekt.
Die Kinder erklären, worauf es jetzt beim Satelliten-Bau ankommt.
FFH-Reporterin Dominique Bundt besucht zum zweiten Mal die Weltraum AG in Lich.
Was ist jetzt ganz wichtig, wenn ihr den zusammenbaut? Wir müssen hier halt auch die Handschuhe tragen, weil wir haben halt Fett und Schweiß an den Händen und dann kann der halt auch kaputt gehen. Was ist das für ein Gefühl, wenn man das in der Hand hat und weiß, das ist jetzt das, was von der NASA geprüft ist und dann auch hochgeschickt werden soll? Also ich persönlich finde, das ist schon eine ziemliche Sache von Verantwortung, wenn man das gerade in der Hand hält und sich wirklich denkt, okay, das, was ich gerade hier halte, das wird dann nach da oben geschickt und da gehen in diesen zwei Sekunden einem so viele Dinge durch den Kopf gleichzeitig. Kannst du dir vorstellen, dass der dann nach oben rumfliegt? Kannst du dir das schon vorstellen oder ist das total unvorstellbar? Niemand hätte von Anfang an gedacht, dass das wirklich möglich gewesen wäre, aber es ist es ja wirklich. Also wir sind ja momentan wirklich so weit gekommen und ja, ich glaube daran, dass das wirklich funktioniert. Was glaubst du, was ist das Wichtigste, wenn ihr euch jetzt an den Satelliten für die USA macht? Man muss sich konzentrieren, dass da jetzt halt nichts kaputt geht. Präzision muss man haben, dass die Schrauben wirklich richtig alle drin sind, dass da jetzt kein Flüchtigkeitsfehler drin ist. Ich glaube, man muss auch Ruhe haben, Geduld, dass wir das alles gewissenhaft aufbauen können, weil wenn er oben ist, dann ist er oben und dann muss es auch funktionieren.
So könnte die Rakete bereits beim Start explodieren oder der Satellit sendet einfach nicht. Aber wenn alles gut geht, soll der Satellit aus Lich dank eingebauter Sensoren mittels mobiler Daten Infos über das Grundwasser und Insektenpopulationen in Deutschland liefern – aus etwa 500 Kilometern über der Erde. Wann die Rakete vom Weltraumbahnhof der NASA starten wird ist laut Krenig auch vom Wetter abhängig. Er selbst wäre gern live in den USA dabei, die Kids werden den Start über eine große Leinwand aus Lich verfolgen.
Das echte Wissenschaftler-Leben
Langfristig will die AG übrigens als Schülerfirma die Satelliten-Bausätze und das Wissen an andere Schulen verkaufen. Immerhin: Durch den Satelliten-Bau lernen die Kids ganz praxisnah viel über Phsyik, Chemie und Biologie und gleichzeitig, wie man Anträge schreibt und so einen Vorgang bürokratisch abwickelt. Ein Schüler sagt unserer Reporterin auch: Das ist cool, dass man "so das echte Leben als Wissenschaftler" hat.