Das neue Bürgergeld: Hessens Jobcenter arbeiten am Anschlag
Für das neue Bürgergeld - Hessens Jobcenter arbeiten am Anschlag
Hessens Jobcenter haben viel Arbeit: Mit dem Neujahrstag ist das neue Bürgergeld in Kraft getreten und löst die alten Hartz-IV-Regeln ab. Das Jobcenter Gießen sieht sich im FFH-Gespräch gut gerüstet. Das Jobcenter Fulda hingegen weist auf die viele Mehrarbeit hin, weil jeder einzelne Fall angeschaut und zum Teil neu berechnet werden müsse. In Groß-Gerau und Wiesbaden wird deswegen mehr Personal gefordert.
Das Jobcenter in Gießen hat die meisten Akten im Dezember automatisiert umgestellt und die Mitarbeiter über die neuen Vorgänge informiert, sagt uns Jobcenter-Geschäftsführerin Monika Kessler im FFH-Gespräch. Wer bereits eine Grundsicherung vom Jobcenter erhält, müsse keinen neuen Antrag für das Bürgergeld stellen.
Wohl keine Schlangen vor Jobcenter in Gießen
Wie viele Neu-Antragsteller tatsächlich durch das Bürgergeld hinzukommen, kann Monika Kessler derzeit nicht sagen, sie mutmaßt aber: "Ich denke, jeder der einen Anspruch auf Grundsicherung oder künftig Bürgergeld hat, ist schon da. Also ich glaube nicht, dass wir hier eine Schlange vor der Tür haben werden im Januar."
Über 9.000 Menschen im Kreis Fulda bekommen jetzt Bürgergeld
Über 9.200 Hartz-IV-Empfänger im Landkreis Fulda bekommen jetzt Bürgergeld und damit nach Auskunft des Jobcenters 11,5 Prozent mehr Geld. Das Bürgergeld und die vielen Änderungen seien allerdings nur schwer zu bewältigen und ein Kraftakt für die Behörde, so das Jobcenter Fulda auf FFH-Anfrage, da jeder einzelne Fall nun angeschaut und nachgerechnet werden müsse.
Urlaubssperren und eingeschränkte Erreichbarkeit
Deshalb habe das Jobcenter auch vorübergehend eine Urlaubssperre erteilen müssen und sei bis 20. Januar nur eingeschränkt erreichbar. Zwei Tage die Woche sei das Jobcenter telefonisch gar nicht erreichbar.
Hintergrund Bürgergeld
Beim neuen Bürgergeld steigen die Regelsätze für einzelne Bedürftige um rund 50 Euro auf 502 Euro im Monat, zwei Erwachsene in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft erhalten jeweils 451 Euro, Kinder und Jugendliche erhalten zwischen 318 und 420 Euro. Wer das Bürgergeld neu erhält, dessen Wohnungskosten werden im ersten Jahr komplett und ohne Prüfung des Vermögens übernommen.
Was im Vergleich zu Hart IV geblieben ist: Wenn grundlos Termine versäumt werden oder Absprachen über Jobs oder Weiterbildungen platzen läßt, muss mit Abzügen beim Bürgergeld rechnen. Künftig sollen die Jobcenter Kooperationspläne mit ihren Kundinnen und Kunden aufstellen. Früher nannte man das Eingliederungsvereinbarung. Das Bundesarbeitsministerium informiert online über das Bürgergeld.
Anspruch auf Bürgergeld hat, wer erwerbsfähig und hilfebedürftig ist. Das greife etwa im Fall von Arbeitslosigkeit oder für alle, die so wenig verdienen, dass sie Ihren Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren können, schreibt die Bundesagentur für Arbeit.
Jobcenter stehen vor einem Kollaps
Wegen der vielen Mehrarbeit warnte auch der Sprecherrat des Bundesnetzwerks Jobcenter bereits vor einem Kollaps der Jobcenter. In den vergangenen Jahren hätten die Jobcenter neben ihrer Kernaufgabe auch zur Bewältigung akuter Krisen wie des vermehrten Zuzugs von Flüchtlingen oder der Existenzsicherung während der Corona-Pandemie beigetragen, schreibt der Sprecherrat.
Befürchtung: Jobcenter können Arbeit nicht mehr erledigen
Jetzt sei zu befürchten, dass die Center ihre Arbeit nicht mehr erledigen könnten. Die Reform des Bürgergeldes geht auf Intiative und Druck von Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil zurück.
Bürgergeld soll Menschen mobilisieren und weiterbilden
Das Jobcenter im Kreis Groß-Gerau weist darauf hin, dass das Bürgergeld vor allem das Ziel habe, Menschen zu mobilisieren und weiterzubilden, um sie nachhaltig in Arbeit integrieren zu können. Damit liege der Fokus auf Qualifizierungen und die Beratung wie Integration auf Augenhöhe. Allerdings sei es notwendig die Mitarbeitenden zu schulen, da es komplexe rechtliche Veränderungen gebe. Außerdem müsse technisch und organisatorisch vieles neu organisiert werden.
Fallzahlen beim Bürgergeld werden deutlich steigen
In einer Pressemitteilung des Kreis-Jobcenter Groß-Gerau heißt es: "Die Einführung des Bürgergeldes bindet erhebliche zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen, denn die Prognosen deuten auf eine signifikante Steigerung der Fallzahlen hin".
Mehr Personal notwendig
Zur Umsetzung werde entsprechend mehr Personal benötigt. "Bislang hat der Bund die dafür notwendigen Mittel noch nicht bereitgestellt", heißt es weiter. Alle Haushalte würden mit den Änderungsbescheiden auch Infos über die Neuerungen bekommen. Das Kreis-Job-Center Groß-Gerau informiert online über das Bürgergeld.
Stadt Wiesbaden fordert mehr Personal für das Jobcenter
Auch die Stadt Wiesbaden hält es für problematisch, mit den vorhandenen Mitarbeitern die künftigen Aufgaben im Jobcenter schultern zu können. Die Prognosen würden auf deutliche mehr Fälle künftig hinweisen. In einer Pressemitteilung kritisiert die Stadt, dass der Bund zusätzliche Mittel für die Jobcenter verwehre. Stattdessen stünden für 2023 Kürzungen bevor.