Süchtig nach Pornos? Gießener Uni startet Forschungsprojekt
Süchtig nach Pornos? - Gießener Uni startet Forschungsprojekt
Pornosucht ist ein Tabuthema, tausende Menschen in Deutschland sind betroffen und leiden darunter - und ihre Angehörigen oft mit. Gießener Forscher wollen nun neue Behandlungsansätze entwickeln.
In dem Forschungsprojekt an der Justus-Liebig-Universität in Gießen geht es um die gezieltere Behandlung von Pornosüchtigen, sagt Rudolf Stark, Professor für Psychotherapie und Leiter des im Juli gestarteten Projekts "PornLos". Ziel sei es ein Leben ohne Suchtdruck zu führen. Dafür sucht das Institut derzeit bis zu 300 Patienten und Patientinnen. Damit Anfang nächsten Jahres die Behandlungen beginnen können, würden derzeit Therapeutinnen und Therapeuten geschult.
Drei Prozent der Männer haben eine Pornographie-Nutzungsstörung
"Rund drei Prozent der volljährigen Männer in Deutschland haben eine Pornografienutzungsstörung", erklärt Stark, etwa ein Prozent der Frauen sei von der sogenannten Pornosucht betroffen. Die Störung ist erst seit kurzem offiziell anerkannt."Da die Störung erst vor kurzem offiziell anerkannt wurde, sind viele Psychotherapeuten darauf noch nicht gut vorbereitet.
Projekt auf dreieinhalb Jahre ausgelegt
Das Forschungsprojekt wird in den nächsten dreieinhalb Jahren mit rund 5,4 Millionen Euro unterstützt. "PornLoS" läuft demnach zunächst an acht Standorten in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Bei Erfolg werde die neue Behandlungsform bundesweit in die Regelversorgung übernommen.
Bis zu sechs Stunden Pornos am Tag
Psychotherapie-Professor Stark erzählt vom Beispiel eines 25-jährigen Mannes aus seiner Behandlung, er nennt ihn Niklas. Niklas habe mit 13 Jahren begonnen, Poronos zu schauen und während der Corona-Pandemie schließlich bis zu sechs Stunden täglich Pornos konsumiert. Bis die Störung voll ausgeprägt sei, könnten Jahre vergehen.
"Meist fängt es harmlos an"
Das bestätigt auch die Münchner Paar- und Sexualtherapeutin Heike Melzer. "Meist fängt es ganz harmlos an" Viele, die später ein problematisches Verhalten zeigten, würden laut Melzer vor negativen Gefühlen fliehen, um sich von den Pornos gezielt einen Belohnungsreiz abzuholen, wann immer sie ihn bräuchten.
Konsum steigert sich
Dann steigere sich der Konsum und am Ende stehe der Kontrollverlust. Einer ihrer Patienten, so Therapeutin Melzer, sei durch kostenpflichtige Live-Sex-Streams während der Arbeitszeit an finanzielle Grenzen geraten. Ein anderer schaue 40 Stunden pro Woche pornografische Inhalte - "da bleibt nicht mehr viel Zeit für Freunde, Hobbys und Beruf", sagt Melzer.
Die Scham ist groß und das Aufhören schwierig
Das Aufhören gelinge nicht, die Scham sei groß, außerdem würden die Pornoschauer abstumpfen. Denn für den "Kick" bräuchte es immer höhere Reize. "Betroffene in Beziehungen entwickeln laut Melzer häufig eine partnerbezogene Lustlosigkeit. "Sie wirken auf den Partner, als hätten sie kein Interesse an Sex, als wären sie asexuell", erklärt Melzer. "Dabei sind sie vielmehr hypersexuell und verstecken es aus Scham.
Betroffene PartnerInnen sollen sich Hilfe holen
Es sei üblich, dass der Partner zunächst alles abstreite. und die Person angreifen, die es anspricht", sagt sie. Auch für Angehörige von Pornosüchtigen gebe es Hilfegruppen. Den Betroffenen rate sie, sich professionelle Hilfe zu suchen.