Für Chancen und Gleichheit - Konferenz in Marburg kämpft gegen Armut
Studierende, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund - sie alle leben mit einem erhöhten Armutsrisiko. Die Stadt Marburg möchte betroffene Menschen noch besser unterstützen. Deshalb findet heute, 10. Oktober, die zweite Marburger Armutskonferenz in der Universitätsstadt statt.
Die Universitätsstadt organisiert die Veranstaltung gemeinsam mit dem Netzwerk „Familie und Armut“. Ziel ist es, Strategien und Konzepte zu entwickeln, um Armut auf regionaler Ebene zu bekämpfen.
Armutskonferenz - Was bringt das?
Zur Konferenz kommen Fachleute aus sozialen Einrichtungen, Politik und Verwaltung. So werden verschiedene soziale Anlaufstellen vernetzt. Die Teilnehmer sprechen über Probleme der Armut in Marburg, die sie täglich erleben. Nachmittags treffen die Teilnehmer sich in Workshops. Hier entwickeln sie Strategien gegen die Armutsfaktoren. An einem zweiten "Werkstatttag" sollen diese Strategien direkt umgesetzt werden.
Wie kann eine solche Strategie aussehen?
25 bis 30 Prozent der Antragsteller für Wohngeld brechen den Vorgang ab, erklärt Oberbürgermeister Spies bei der Begrüßung. Das heiße nicht, dass diese nicht berechtigt seien. Im Gegenteil, sie scheitern an der Bürokratie. Eine Strategie Marburgs: Mehr Menschen zum Antrag ermutigen und unterstützen. Angestellte in sozialen Einrichtungen sollen beispielsweise geschult werden, um Bürger beim Antragstellen noch besser unterstützen zu können.
Armutsdiskussion abseits von Hartz IV und Bürgergeld
"Die Armutsdiskussion fokussiert sich zu viel auf Gespräche über Hartz IV und Bürgergeld und zu wenig darauf, dass Armut mehr bedeutet, als nur wenig Geld zu haben", sagt Andrea Martin, Fachbereichsleitung Integration und Arbeit des Landkreis Marburg-Biedenkopf. Sie spricht darüber, dass Armutsbekämpfung auch bedeutet, Zugänge zu Bildung, Arbeit, Wohnungen und sozialen Aktivitäten zu verschaffen.
Einkommensungleichheit als Gefahr für die Demokratie
Schwerpunkt in diesem Jahr sollte auch die Verbindung zwischen Armut und einer Gefährdung der Demokratie sein. Wie ungleiche Einkommen das Vertrauen in die Demokratie beeinflussen und welche Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung aufkommen, darüber spricht Dr. Jan Brülle. Stand 2021 sind 6,0 % der Menschen dauerhaft von Armut betroffen, 9,1% temporär, erklärt er. Diese Menschen in Armut verlieren häufiger das Vertrauen in Institutionen, verlieren den Anschluss in das System und gehen deshalb seltener wählen, so Brülle.
Armutsrisiko in verschiedenen Lebenslagen
Am Nachmittag stehen Workshops auf dem Programm. Diese beschäftigen sich mit Armut in unterschiedlichen Lebensphasen: Kinder, Jugendliche, Familien, Erwachsene und Senior*innen werden thematisiert. Gerade die Rolle von Erwerbstätigkeit und Anreizsystemen für Familien stand diesmal im Mittelpunkt.