Wie starb Daniel M. aus Hungen? Plädoyers im Prozeß "Mord ohne Leiche"
Wie starb Daniel M. aus Hungen? - Plädoyers im Prozess "Mord ohne Leiche"
Nach über drei Jahren Verhandlungsdauer soll ein scheinbar endloser Prozess vor dem Landgericht Gießen zu Ende gehen. Am Montag (13.1.) beginnen die Plädoyers im Fall "Mord ohne Leiche", dem Mord an dem Hungener Daniel M., der 2016 spurlos verschwand.
Den beiden Angeklagten wird Mord und erpresserischer Menschenraub vorgeworfen. Doch ob die Indizien gegen sie für ein Mordurteil ausreichen, scheint offen.
Lehrer und IT-Spezialist auf der Anklagebank
Seit dreieinhalb Jahren sitzen ein Lehrer und ein IT-Spezialist auf der Anklagebank. Sie sollen den damals 39-jährigen Daniel M. entführt und schon auf dem Weg zum Versteck, einer Hofreite in Hungen, im Auto erschossen haben. Deshalb sei es, so die Staatsanwaltschaft, nicht zu einer wirklichen Entführung mit Erpressungsforderungen gekommen.
Wer gab die tödlichen Schüsse ab?
Bis heute steht aber nicht fest, welcher der beiden Angeklagten im Auto die tödlichen Schüsse abgegeben hat, die Männer bezichtigen sich während des gesamten Prozesses gegenseitig. Beweisen, wer den Abzug betätigt hat, kann die Anklage letztlich nicht. Auch die Leiche von Daniel M. wurde nie gefunden, obwohl es mehrere großangelegte Suchaktionen gab. Das Urteil beruht also auf Indizien und wird mit Spannung erwartet.
Prozess-Verschleppung über Jahre
Der Prozess war geprägt von immer neuen Beweisanträgen der Verteidigung, zahlreichen Gutachten und langen Einlassungen des angeklagten Lehrers aus Bruchköbel. Der mitangeklagte ITler schwieg zwei Jahre und brach dann plötzlich sein Schweigen zugunsten von langen Erklärungen. So verzögerte sich das Verfahren erneut. "So eine Prozesslänge," kommentierte Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger, "habe ich noch nicht erlebt."
Darum geht es beim "Mord ohne Leiche"
Worum geht es genau? Im November 2016 verschwindet der damals 39-jährige Soziologe spurlos. Seine Eltern melden ihn vermisst, sie hängen Plakate mit Fotos von Daniel M. in Hanau und Umgebung auf, doch ihre Suche bleibt ohne Ergebnis. Die Wende kommt 2020, als der mittlerweile angeklagte Mathelehrer sich bei der Polizei meldet und seinen Mitangeklagten beschuldigt, Daniel M. entführt und im Auto erschossen zu haben.
Opfer zerstückelt und in Eimern einbetoniert
Die Polizei ermittelt, doch sie findet nur wenige Spuren. Im Auto des IT-Spezialisten gibt es eine Delle im Dach und auf einer Hofreite bei Hungen finden sich Kleidungsstücke des Verschwundenen. Im Prozess gesteht der IT-Spezialist, Daniel M. zerstückelt zu haben - doch erschossen haben will er ihn nicht. Für die eigentliche Mordtat sei der Lehrer verantwortlich. Die Leichenteile des Opfers will der IT-Spezialist in Eimern einbetoniert und im Starnberger See entsorgt haben. Mehrere Suchtrupps können aber nichts finden im See.
Lehrer mit Verbindungen in kriminelle Hanauer Milieu
Immer wieder beschuldigen sich die Angeklagten wortreich gegenseitig. So bezeichnet der angeklagte Lehrer den ITler als "Sadisten", vor dem er Angst gehabt habe und inszeniert sich als eigentliches Opfer und Freund des Verschwundenen. Doch soll der Lehrer selbst Verbindungen ins kriminelle Hanauer Milieu haben und wird von Zeugen als "Mann mit zwei Gesichtern" beschrieben. Für das Gericht ein Knäuel nur schwer zu entwirrender Behauptungen.
Lange Verfahrensdauer nervt Richterin
Mehrfach unterläuft die Verteidigung die Bemühungen des Gerichtes, um eine Ende des Prozesses mit neuen Beweisanträgen und Zeugenbenennungen herauszuzögern.
Plädoyers dürften lange dauern
Im Herbst 2024 wird dann endlich die Beweisaufnahme geschlossen. Nun stehen "nur" noch die Plädoyers vor dem Urteil. Doch auch für die Plädoyers sind unüblicherweise mehrere Verhandlungstermine angesetzt, wie Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger auf FFH-Anfrage erklärt: "Die Staatsanwaltschaft ist an einem Morgen fertig, bei der Verteidigung dürfte das Ganze wohl länger dauern."