Ertrunkene Kinder in Neukirchen - Bürgermeister weist Schuld von sich
In dem Prozess um den Tod von drei in einem Dorfteich ertrunkenen Kindern hat der angeklagte Bürgermeister von Neukirchen-Seigertshausen (Schwalm-Eder-Kreis) die Verantwortung von sich gewiesen.
"Die Nutzung dieses Teiches obliegt dem allgemeinen Lebensrisiko", sagte Klemens Olbrich (CDU) vor dem Amtsgericht Schwalmstadt. Der Rathauschef ist wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Die drei Geschwister einer in der Gemeinde lebenden Familie waren 2016 tot in dem Teich entdeckt worden. Zum Prozessauftakt ging es vor allem um die Frage, um welche Art von Teich es sich handelt.
Kein explizieter Löschwasserteich
Ein Löschwasser hätte laut Gesetz mit einem Zaun abgesichert werden müssen. Olbrich gab zwar an, dass das Wasser auch zum Löschen genutzt werden könne. Es handele sich aber nicht um ein extra dafür angelegtes Becken: "Den Teich gibt es schon seit 200 Jahren."
Vorwurf der fahrlässigen Tötung
Bei dem Unglück waren zwei Jungen (5 und 9) und ein Mädchen (8) ertrunken. Die Eltern treten als Nebenkläger in dem Prozess auf, waren bei der Verhandlung aber zunächst nicht zugegen. Die Familie verlor damals drei ihrer seinerzeit sechs Kinder. Ein Urteil wird heute noch nicht erwartet. Es sind bisher vier Fortsetzungstermine vorgesehen. Dem Bürgermeister wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Laut Staatsanwaltschaft war er dafür zuständig, den Teich zu sichern. Olbrichs Verteidiger, Karl-Christian Schelzke, fordert im FFH-Gespräch vor dem Prozessauftakt Freispruch.
Ein gesamtes Dorf unter Schock
Ein gesamtes Dorf steht unter Schock, als am 18. Juni 2016 die fünf, acht und neun Jahre alten Kinder sterben. Seitdem fragen sich viele: Hätte ein Zaun um den Dorfteich stehen müssen oder nicht? Das will auch das Gericht klären. Wichtig ist dabei vor allem, als was der Teich, in dem die Kinder ertrunken sind, bezeichnet wird. Ist es ein Fisch- oder Badeteich? Dann hätte er nicht abgesichert sein müssen. Gilt er als Löschwasserteich, wäre ein Zaun Pflicht.
"Niemand hat im Teich eine Gefahr gesehen"
Die Verteidigung plädiert auf Freispruch – es gebe Schicksale, für die es keinen Schuldigen gibt, sagt Obrichs Verteidiger Schelzke im FFH-Gespräch. Zudem habe niemand aus der Verwaltung, der Feuerwehr oder der Bürgerschaft vorher darauf hingewiesen, dass der Teich eine Gefahr darstellen könnte.
Sorge auch bei anderen Bürgermeistern
Schelzke ist nicht nur Strafverteidiger, sondern auch Geschäftsführender Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes. Er betont die Bedeutung des Verfahrens für andere Verwaltungschefs. "Jeder hat irgendwo ein offenes Gewässer und fragt sich, ob das jetzt auch eingezäunt werden muss." Laut dem Strafgesetzbuch liegt der Strafrahmen für fahrlässige Tötung bei einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe.