Lehrerin aus Bad Arolsen bei Amok-Fahrt getötet: Prozess beginnt
Lehrerin aus Bad Arolsen stirbt - Prozessauftakt nach Amok-Fahrt in Berlin
Eine 51 Jahre alte Lehrerin aus Bad Arolsen stirbt, ihr Kollege und elf Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen zwischen 14 und 17 Jahren sowie drei weitere Passanten werden teils lebensgefährlich verletzt. Nach der Todesfahrt am Berliner Breitscheidplatz hat am Dienstag in Berlin der Prozess begonnen.
Vor Gericht steht ein 29 Jahre alter Mann – wegen heimtückischen Mordes und 16-fachen Mordversuchs. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er sein Auto absichtlich in die Gruppe gelenkt hat. "Dass es auch Todesopfer geben könnte, soll ihm bewusst gewesen sein, er habe dies jedenfalls billigend in Kauf genommen", so die Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung. Am ersten Verhandlungstag hat er vor Gericht geschwiegen.
Opfer sagen bei Prozess aus
Die 10. Klasse der Kaulbachschule war gerade auf Abschlussfahrt in Berlin. Viele Opfer sollen bei dem Prozess als Zeugen gehört werden. "Es besteht die große Hoffnung, dass wir mit dem Prozess einen Teil weiter in die Aufarbeitung für die Betroffenen gehen können", sagt Bürgermeister Marko Lambion im FFH-Interview. Die grausame Tat sei zum Teil des kollektiven Gedächtnisses der Stadt Bad Arolsen geworden. Die Opfer würden sehr unterschiedlich mit den Erlebnissen umgehen. Die Stadt hatte nach der Tat eine zentrale Anlaufstelle für die Opfer eingerichtet.
Gedenkfigur an Kaulbachschule geplant
Die Kaulbachschule will zudem eine Gedenkfigur errichten, sagte Schulleiter Axel Wölker zu HIT RADIO FFH. "Wie das Ganze aussehen wird, ist aber final noch nicht abgeschlossen", so Wölker. Es sei auch eine Figur in Berlin geplant. Besonders dankbar ist der Schulleiter für die viele Unterstützung aus der Region nach den schrecklichen Ereignissen. "Das hat unglaublich geholfen."
29-Jähriger soll gefährlich für Allgemeinheit sein
Der mutmaßliche Täter ist vermutlich wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig. Er wurde direkt nach der Tat festgenommen und vorläufig in einer Psychiatrie untergebracht. Dort soll er laut Forderung der Staatsanwaltschaft auch dauerhaft untergebracht werden, wenn das Gericht entsprechend entscheidet. Denn es sei zu befürchten, dass der Mann ohne Behandlung weiterhin eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit darstelle.
Verteidiger: Mandant schuldunfähig
Für Verteidiger Mark Höfler steht außer Frage, dass sein Mandant am Tattag schuldunfähig war. Er sei schon als junger Mann erkrankt und finde keinen Zugang zu dem tragischen Geschehen an jenem Juni-Tag. "Ihm und seiner Familie ist es aber ein Anliegen zu verdeutlichen, wie leid ihnen dieses schreckliche Ereignis tut", betonte der Verteidiger im Vorfeld. Im Prozess vor dem Landgericht Berlin gehe es nun auch darum, die Opfer möglichst zu schonen, sagte Höfler.
Schwangere Frau schwer verletzt
Neben der Schulgruppe aus Bad Arolsen wurden auch noch weitere Menschen verletzt. Auch eine 14-Jährige, die in Berlin zu Besuch war, gehörte zu den Betroffenen beim Zusammenprall mit der Schülergruppe. Laut Staatsanwaltschaft setzte der mutmaßliche Täter nach der Kollision mit den Schülern die Fahrt fort und fuhr ungebremst auf den gegenüberliegenden Gehweg. Dort erfasste er laut Staatsanwaltschaft zwei Männer und eine schwangere Frau und verletzte sie ebenfalls schwer. Schließlich krachte der Mann mit dem Fahrzeug in die Schaufensterscheibe eines Parfum-Geschäfts.
Gefahr der Retraumatisierung
Wie der Vorsitzende Richter Thomas Groß zum Prozessauftakt erklärte, besteht bei zahlreichen Opfern die Gefahr einer Retraumatisierung durch das Verfahren. Vor allem den betroffenen Jugendlichen will er darum nach Möglichkeit eine zusätzliche psychische Belastung durch eine Zeugenvernehmung ersparen. Um ihre Erlebnisse gleichwohl im Prozess berücksichtigen zu können, sollen frühere Aussagen verlesen werden. Er wolle so den jungen Leuten "hier Raum geben, ohne sie in diesen Raum zu zwingen", erklärte Groß.
Entscheidung könnte im April fallen
Elf Opfer sind laut Gericht auch als Nebenkläger an dem Verfahren beteiligt. Am ersten Prozesstag wurde zunächst ein Sachverständiger zum Verlauf des Vorfalls gehört. Am zweiten Prozesstag am 17. Februar plant die zuständige 22. Strafkammer, den schwer verletzten Lehrer aus Hessen als Zeugen zu vernehmen. Bislang hat das Gericht insgesamt zwölf Verhandlungstage geplant. Das Urteil könnte demnach am 21. April gesprochen werden.
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