Ein Jahr nach Hagel-Unwetter in Kassel: Reparaturen dauern noch Jahre
Ein Jahr nach Hagel-Unwetter - Reparaturen in Kassel dauern noch Jahre
Wassermassen fallen vom Himmel, lassen Autos wegschwimmen, Hagel durchschlägt zahlreiche Fensterscheiben. Vor einem Jahr wütete Sturmtief Lambert besonders stark über Kassel. Die Reparaturen der Millionen-Schäden laufen noch immer auf Hochtouren.
50 Liter Niederschlag kamen am 22. Juni 2023 innerhalb einer halben Stunde pro Quadratmeter runter - eine unglaubliche Masse. 800 Notrufe gingen in den ersten beiden Stunden nach Beginn des Unwetters bei der Leitstelle der Feuerwehr ein, teils waren alle 70 verfügbaren Notrufkanäle gleichzeitig belegt, so die Stadt Kassel. Und die Folgen sind bis heute spürbar.
27 Gebäude und Sportanlagen waren nach Unwetter gesperrt
"165 städtische genutzte Liegenschaften sind durch das Unwetter 2023 beschädigt worden. Sofort nach dem Unwetter wurden insgesamt 27 Gebäude und Freisportanlagen als komplett oder teilweise gesperrt gemeldet“, sagt Stadtklimarätin Simone Fedderke.
Kasseler Kita öffnet nach Unwetter erst 2026 wieder
Über 17 Millionen Schaden sind alleine an den Gebäuden von Stadt und Kreis Kassel entstanden. Die Kita Fasanenhof hat es besonders schwer getroffen – sie muss generalsaniert werden und macht erst in zwei Jahren wieder auf. „Die Kinder wurden 2023 von der Grundschule Fasanenhof und der Betriebskita Sternchen der Daimler Truck AG - betrieben von Impuls Soziales Management GmbH - sehr gastfreundlich und enorm spontan aufgenommen", sagt Jugenddezernentin Nicole Maisch.
Klassenräume in Schule weiterhin nicht nutzbar
Auch Schulen wurden beschädigt, so seien weiterhin zwei Klassenräume und ein Teil eines Treppenhauses der Paul-Julius-von-Reuterschule nicht nutzbar. An der Goetheschule 1 ist die Nutzung der Physik- und Chemieräume noch eingeschränkt. Im Kreis Kassel sind zwar mittlerweile alle Gebäude wieder nutzbar, an der Gesamtschule in Bad Emstal oder der Gesamtschule in Baunatal sind aber nach wie vor noch Restarbeiten nötig.
Die Hagelschäden sind auch für die Dachdecker in und um Kassel nach wie vor ein großes Problem. „Das Thema Hagelschäden hat uns nach wie vor im Griff", sagt Joachim Schaumlöffel, Dachdeckermeister aus Gudensberg, im FFH-Gespräch. Viele Schäden würden jetzt erst sichtbar. Häufig folgt dann erstmal ein Gutachter-Termin - und das Warten auf die Freigabe der Versicherungen.
Ein Tag bringt Aufträge für ein ganzes Jahr
Um die 400 Hagel-Reparaturen hätte alleine er mit seinen drei Gesellen seit dem Unwetter erledigt - neben den regulären Aufträgen. „Ein Tag hat Aufträge für ein ganzes Jahr generiert, wir konnten gar nicht alles abarbeiten“, sagt Schaumlöffel. Und das Problem sei nicht nur auf Kassel beschränkt: „Ganz ähnlich ist es auch bei allen Kollegen in Waldeck oder Korbach – solche Schäden haben wir vorher noch nie gesehen.“
Dachdecker werden auf der Straße angesprochen
Heiko Rudolph, Dachdeckermeister aus Kassel, beschreibt die Situation nach dem Unwetter als "Tsunami.“ Zahlreiche Flachdächer seien durchlöchert worden, viele Dächer hätte man nur notfallmäßig abdichten können, das halte nicht ewig. „Wir werden noch zwei bis drei Jahre damit zu tun haben“, schätzt Rudolph. "Ich sehe noch kein Licht am Ende des Tunnels." Teilweise seien seine Mitarbeiter schon auf der Straße angesprochen worden - ob sie denn Aufträge übernehmen können.
Enormer Aufwand bei Hagelschäden
Zum Kasseler Stadtbild zählen auch nach wie vor vom Hagel verbeulte Autos. "Bis Ende 2025 werden die Reparaturen der Hagelschäden andauern", sagt Beate Meyer von Meyer Karosseriebau in Kassel. Die Werkstatt sei am Limit. Ähnlich auch bei der Karosseriewerkstatt Identica Sonnenberg. 500 Autos habe man hier seit dem Unwetter schon repariert. Der Aufwand bei Hagelschäden sei enorm. "Fahrzeuge müssen zerlegt werden, Dachhimmel runter, Heckklappe raus, Schachtleisten ab, Motorhaube runter und dann je nach Karosserieform oder nach Beschädigung kommen Teile neu oder werden instandgesetzt. So ein Durchschnittsschaden hat circa 30 bis 40 Stunden", sagt Geschäftsführer Jörg Sonnenberg zu FFH.
Banger Blick auf den Wetterbericht
Er und seine Mitarbeiter könnten sich über Arbeit nicht beschweren. "Wir brauchen keinen Hagel." Seit dem Unwetter 2023 wird die Wettervorhersage hier deshalb auch besonders ernst genommen. "Anfang dieser Woche war wieder ein Gewitter vorhergesagt. Und wir haben diesmal alles reingefahren, was geht, dass kein Auto draußen steht, was beschädigt werden kann."
Die Stadt Kassel rät angesichts der Starkregenereignisse zur Vorsorge: Hausbesitzer sollten auf einer speziellen Starkregengefahrenkarte checken, ob ihr Grundstück besonders gefährdet ist.
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