Rund 25 Hektar groß - Kritik an Plänen für Umspannwerk in Netze
Pläne für ein neues, rund 25 Hektar großes Umspannwerk sorgen derzeit in Waldeck-Netze für reichlich Diskussionen. Der Netzbetreiber Tennet will es errichten, um das Stromnetz in der Region fit für die Anforderungen der Energiewende zu machen. Viele Bürger und auch die Stadt Waldeck sehen das Projekt kritisch.
Zu einer Sitzung im Bauausschuss zum Thema am Dienstagabend kamen rund 100 Bürger, sagt Waldecks Bürgermeister Jürgen Vollbracht. Die Sitzung sei sachlich abgelaufen. "Wir als Nationalparkstadt Waldeck stehen zu unserer Meinung, dass wir Netze als nicht den geeigneten Standort ansehen", so Vollbracht im FFH-Interview. Es schade der Tourismusregion und der Landwirtschaft - auf einigen Flächen wird etwa Getreide angebaut. "Die Natur ist ein hohes Gut und da wollen wir natürlich nicht in prädestinierter Lage ein Umspannwerk stehen haben, vor allen Dingen nicht in der Größenordnung von 25 Hektar."
Tennet: Neues Umspannwerk wegen Energiewende nötig
Tennet betreibt derzeit rund 130 Umspannwerke in Deutschland. "In den nächsten Jahren müssen noch mehrere Dutzend neue Umspannwerke dazu kommen", sagt Tennet-Sprecher Mathias Fischer im FFH-Gespräch. Die geänderten Anforderungen an das Stromnetz durch die Energie-Wende erfordere das. "Früher gab es viele regionale Kraftwerke", so Fischer. Jetzt müsste das Netz große Strommengen von Offshore-Windkraftwerken ebenso transportieren wie unterschiedliche Energieflüsse von Solar- und Windkraftwerken an Land.
Standort Twistetal reichte nicht mehr aus
Laut Tennet ist der Standort Waldeck-Netze erst Ende 2023 für das Umspannwerk ausgewählt worden. Zuvor war im so genannten Netzentwicklungsplan (NEP) immer einen Ausbau des bestehenden Umspannwerks in Twistetal vorgesehen. Das hätte aber deutlich erweitert werden müssen - und dafür gab es am alten Standort insgesamt nicht genügend Platz. Der Netzentwicklungsplan wird von den vier großen Stromnetzbetreibern 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW entworfen und nach Prüfung von der Bundesnetzagentur veröffentlicht. Mehr Infos gibt es hier.
"Haben Standort ausführlich untersucht"
"Im vergangenen Jahr haben wir ausführlich untersucht, an welchen Standorten dabei gleichzeitig die Belange und der Schutz von Menschen, der Tier- und Pflanzenwelt sowie der regionalen Infrastrukturen am besten berücksichtigt werden können. Und dabei haben wir die jetzt vorgestellten Suchräume identifiziert", so Tennet-Sprecher Fischer. Im Februar dieses Jahres sei laut Tennet das Vorhaben dann dem Landkreis und den Gemeinden vorgestellt worden, anschließend Ende April, Anfang Mai betroffenen Eigentümern. Nachdem das Projekt zu diesem Zeitpunkt für Unmut in der Bevölkerung sorgte, habe es Mitte Juni einen Vor-Ort-Termin mit dem Ortsvorsteher, Mitgliedern des Ortsbeirats, Eigentümern, dem Bürgermeister sowie dem Bauernverband Waldecker Land gegeben.
"Hätte Hof 2021 nicht gekauft, wenn ich davon gewusst hätte"
Zu den betroffenen Bürgern zählt auch der 30-jährige Tobias. Er wohnt mit seiner Familie seit 2021 auf einem Hof in Netze und war bei der Ausschuss-Sitzung am Dienstagabend dabei. "Wir haben den Hof 2021 gekauft, weil wir hier sehr viel Natur haben", sagt der 30-jährige Software-Programmierer. Er ist für die Energiewende - aber so dicht vor seiner Haustür? "Angenommen, so ein Umspannkraftwerk würde schon hier stehen, hätte ich den Hof nicht gekauft 2021", sagt Tobias, der seinen Nachnamen nicht öffentlich genannt wissen will. "Wenn man mal verkaufen wollen würde, will das keiner mehr haben." Dazu käme möglicher Lärm durch das Umspannwerk. Er will sich einer Bürgerinitiative anschließen, die am Donnerstag ins Leben gerufen werden soll.
Tennet will Gespräch suchen
"Wir möchten im Dialog mit den politisch Verantwortlichen und den Bewohnern vor Ort dieses wichtige Projekt umsetzen", sagt Tennet-Sprecher Fischer. "Dabei wollen wir den bestmöglichen Kompromiss suchen und nehmen auch gern Hinweise der Menschen vor Ort auf."
"Wir haben auch Ecken, wo es besser hinpassen würde"
Sowohl Anwohner Tobias als auch Bürgermeister Vollbracht hoffen auf Kompromissbereitschaft bei der Standortsuche. "Wir haben auch Ecken, wo es besser hinpassen würde, wo die Sichtbeziehung eine andere ist", sagt Vollbracht. Es dürfe nicht der für Tennet kostengünstige Standort gewählt werden, sondern der, der für die Menschen in Waldeck am verträglichsten ist. Aktuell sind laut Vollbracht Standorte zwischen Netze und Waldeck, zwischen Netze und Freienhagen sowie zwischen Selbach und Sachsenhausen im Gespräch. Wann eine Entscheidung fällt, ist noch unklar. Am 1. Oktober soll es eine öffentliche Info-Veranstaltung für die Bürger in Waldeck-Netze geben. "Bis dahin wird man sicher mehr wissen", so Vollbracht.