Studie im Main-Kinzig-Kreis - Immer weniger Hausarztpraxen
Die Zahl von Hausarztpraxen im Main-Kinzig-Kreis geht in den nächsten Jahren spürbar zurück. Das schreibt die Kreisverwaltung in einer Mitteilung und beruft sich dabei auf die Ergebnisse einer Studie, die im vergangenen Jahr durchgeführt wurde.
Praxisaufgaben ohne Nachfolger
„In den nächsten drei Jahren planen rund zehn Prozent unserer Hausärztinnen und Hausärzte, ihre Praxis aufzugeben, in den nächsten zehn Jahren sind es sogar über 40 Prozent. Gleichzeitig klagen immer mehr Praktizierende, dass die Nachfolge nicht geklärt ist, weil die Interessenten fehlen“, berichtet Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler. „Wir müssen jetzt akut gegensteuern, sonst haben wir in absehbarer Zeit ein veritables und lang anhaltendes Versorgungsproblem im Bereich der Hausarztpraxen. Wenn einzelne Praxen geschlossen werden, müssen Patientinnen und Patienten längere Wege und längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Wenn viele Praxen schließen, dann droht eine flächendeckende Unterversorgung. Vor dem Hintergrund einer insgesamt älter werdenden Gesellschaft könne man dieser Entwicklung nicht einfach tatenlos zusehen", so Simmler.
Wesentliche Ergebnisse der Studie:
- Für gut die Hälfte der Hausarztpraxen im Kreisgebiet stellt sich in den kommenden zehn Jahren die Nachfolge-Frage. In vielen Fällen ist diese Frage vor allem deshalb drängend und völlig offen, weil die Ärztinnen und Ärzte Sorge haben, keinen Nachfolger zu finden. Das ist besonders unter denjenigen verbreitet, die in einer Einzelpraxis arbeiten – und das sind etwa 40 %. Sie sehen diese Organisationsform bei der Suche nach einem Nachfolger als hinderlich an.
- Als besonders gefährdet werten die Befragten die Versorgung dort, wo Praxen in kleineren Städten und Gemeinden liegen.
- Die Medizinerinnen und Mediziner haben teils übereinstimmende, gemeinsame Ideen, wie die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger gelöst werden könnte, etwa über Weiterbildungsassistenten in der Praxis. Allerdings beschäftigen darüber tatsächlich nur wenige von ihnen Kolleginnen und Kollegen. Aus Sicht der Ärzteschaft stimmen einige Rahmenbedingungen nicht.
- Die Bereitschaft der Hausärzte, in einer Kooperationsform wie Gemeinschaftspraxis oder Gesundheitszentrum zusammenzuarbeiten ist mit 55 % sehr hoch.
Suche nach Lösungen
Als vier gemeinsame Handlungsfelder umreißen die Autoren der Studie die Bereiche Nachwuchsförderung, Innovative Versorgungsstrukturen, attraktive Arbeitsbedingungen für die junge Ärzteschaft und Strategien, um dem steigenden Versorgungsaufwand zu begegnen. Das Erarbeiten von Handlungsempfehlungen soll mit allen beteiligten Akteuren erfolgen, also eben auch der Ärzteschaft, um wirksame Folgeprojekte zu identifizieren und umzusetzen. Der Main-Kinzig-Kreis wird sich neben der Arbeit rund um die Lenkungsgruppe auch externe Expertise einholen, schreibt die Kreisverwaltung in einer Mitteilung. Susanne Simmler verweist darauf, dass auch während der Studie bereits gehandelt worden sei. „Wir haben ziemlich schnell in den Interviews und den Fachrunden konkrete und akute Probleme erkannt. Wir wussten also, wo es regional besonderen Handlungsdruck gibt und haben nicht erst die Veröffentlichung der Studie abgewartet. Ein wichtiges Projekt haben wir so bereits angestoßen, nämlich das interkommunale Projekt von Bad Orb, Biebergemünd, Jossgrund und Flörsbachtal“, erklärte Susanne Simmler.
In diesen vier Spessart-Kommunen arbeiteten der Kreis, die Kommunen und die Ärzteschaft nun Hand in Hand. Es gehe darum, neue Räumlichkeiten für die Ärztinnen und Ärzte zu suchen und neue Kooperationsmodelle vorzubereiten. Die hausärztliche Versorgung soll so in allen Kommunen stabilisiert und auf mittlere Sicht auch wieder verbessert werden. Die Kommunen helfen sich gegenseitig, tauschen sich über Erfahrungen aus und treten auch bei der Suche nach Personal gemeinsam in Erscheinung. Dennoch: Ein Patentrezept kann es für die Bewältigung des Problems nicht geben, gerade weil sich so viele verschiedene Handlungsfelder auftun. Susanne Simmler sieht aber auch Chancen für die nächsten Jahre. „Es gibt eine hohe Bereitschaft unter den Ärztinnen und Ärzten, alternative Versorgungsmodelle einzugehen. Ein Drittel der Befragten kann sich sogar vorstellen, in Anstellung zu arbeiten. Und die Bereitschaft, sich auch räumlich zu verändern, ist grundsätzlich vorhanden. Das sind alles Anknüpfungspunkte für die nächsten Schritte, die wir besprechen wollen“, so die Erste Kreisbeigeordnete.