Auf den Plakaten im Schulhof stellen sich Luna und Balu und ihre Besitzerinnen und Lehrerinnen Judith Stanke und Ann-Katrin Koerdt vor.
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In einer Schule gibt es viel zu entdecken – auch Luna und Balu finden das ganz spannend. Seit 2020 werden die beiden als Schulhunde in der Sturmiusgrundschule in Fulda eingesetzt und bringen neben viel Schwung auch eine angenehme Lernatmosphäre in den Schulalltag. In der eigens für sie eingerichteten Schulhund-AG sind sie Sparringspartner für interessierte Schülerinnen und Schüler. HIT RADIO FFH hat mal in eine Schulstunde mit Hund Balu reingeschnuppert.
Die Idee, die Schule mit Schulhunden zu bereichern, kam von Seiten der Hundehalterinnen und Lehrerinnen mit Herz Ann-Katrin Koerdt und Judith Stanke. Beide durchliefen mit ihren Hunden eine intensive Ausbildung, die zum Teil eineinhalb Jahre gedauert hat.
Ausbildung für Hund und Halterin
Während dieser lernten die Lehrerinnen in Theorie und Praxis viel über ihre Hunde und auch ihre Belastungsgrenzen. „Man bereitet den Hund darauf vor, schrittweise in die Schule zu gehen“, erklärt Stanke den langen Prozess für ihre Hündin Luna. Die Rasse spiele dabei keine Rolle, wichtig sei, dass der Hund stressresistent, kinderlieb und gehorsam ist.
Vorfreude trotz gemischten Gefühlen
Vor dem ersten Arbeitstag der Schulhunde mussten viele gesetzliche Hürden genommen werden – unter anderem musste auch das Veterinäramt dem Einsatz zustimmen. Nach neun Monaten war es dann endlich soweit: „Sehr viele Kinder der Klasse haben sich sehr darauf gefreut und waren natürlich auch ganz begeistert dabei“, erinnert sich Koerdt.
Koerdt: "Im Vorfeld wird besprochen, wie sich die Kinder verhalten können, wenn sie Angst haben."
Ann-Katrin Koerdt, Lehrerin und Balus Besitzerin, erklärt, worauf es beim ersten Kontakt mit Luna und Balu ankam.
Im Vorfeld wird erstmal besprochen, dass ein Hund kommt. Natürlich spielt dann auch die Größe eine Rolle, dass wir sagen, okay, Balu und Luna sind keine kleinen Hunde, die sind so mittelgroß. Und die Kinder werden natürlich vorbereitet. Es wird im Vorfeld besprochen, was kann ich tun, wenn ich Angst habe. Wir haben gesagt, okay, ihr dürft euch nach hinten setzen. Die Kinder saßen zu Beginn auch auf den Tischen, wenn sie sich nicht getraut haben, im Sitzkreis dabei zu sein. Also da muss man individuell drauf eingehen. Aber viele oder sehr viele Kinder der Klasse haben sich sehr drauf gefreut und waren natürlich auch ganz begeistert dabei.
Auch die Rektorin Nina Stolz-Bazyar war von Beginn an begeistert und lobt die große Eigeninitiative und das Engagement der Lehrerinnen als „bemerkenswert“. Luna und Balu hätten die Erwartungen mehr als erfüllt: „Die Schulhunde haben hier tatsächlich schon einiges bewirkt“.
Emotionale Erlebnisse
Besonders positive Erlebnisse habe Stanke mit Luna und Flüchtlingskindern gemacht. Sie gäben Kindern vor allem in schweren Situationen Halt: „Der Hund kann Misstrauen abbauen und das Vertrauen gegenüber Menschen wieder möglich machen“ erklärt die Lehrerin.
Stanke: "Luna ist dem Jungen nicht mehr von der Seite gewichen. Sie hat gespürt, dass er sie braucht."
Judith Stanke, Lehrerin und Lunas Besitzerin, zeigt, wie wichtig die Hunde für einige Kinder sind.
Besonders wertvoll sind mir zwei Einsätze mit Luna im Gedächtnis geblieben. Einmal, das war ganz am Anfang der Schulhundeeinsätze, da erinnere ich mich an ein sehr stark traumatisiertes Flüchtlingsmädchen, das eigentlich nie gelächelt hat und auch nicht gesprochen hat und nur in Begleitung des Vaters in den Klassenraum gegangen ist, weil es einfach Angst hatte, alleine zu bleiben. Als Luna das erste Mal in die Klasse kam, hat sich das Mädchen den Futterbeutel genommen und hat Luna gefüttert und streichelt und hat das erste Mal gelächelt. Sie hat dann eben auch gesprochen mit mir später und hat regelmäßig, wenn der Hund in der Schule war, den Hund mit zum Auto zurückgebracht. Und der Vater musste nicht mehr mit. Als wir die ersten ukrainischen Flüchtlinge an der Schule hatten, habe ich die Idee gehabt, ach, ich gehe mit dem Hund mal in diese ukrainische Klasse und dann können die ein bisschen Deutsch lernen. Können wir Körperteile machen bei Menschen und Körperteile beim Hund. Wie heißt das beim Hund, wie heißt das beim Menschen? Und ich dachte halt, ich mache den Kindern eine Freude. Und Luna ist mit mir da reingegangen und hat sich neben einen Jungen gesetzt und der Junge hat die ganze Zeit die Luna gestreichelt. Und beide haben es sichtlich genossen, sowohl Luna als auch der Junge. Und ich habe im Nachhinein erfahren, dass der Junge seinen Hund zurücklassen musste in der Ukraine und alleine geflüchtet war. Da war es schon so, dass beide das genossen haben. Also Luna ist ja diesem Jungen auch nicht mehr von der Seite gewichen und ist die ganze Zeit bei ihm geblieben. Der ist eigentlich nur mal kurz zu den anderen Kindern und hat da geschnuppert und ist immer wieder zurück. Also irgendwie hat sie gespürt, dass der Junge das braucht. Also irgendwie scheinen Hunde das zu merken.
Doch auch für den normalen Unterricht bringen die Vierbeiner viel Positives. Während in der Vorklasse noch mehr der Spaß im Umgang mit der Fellnase im Vordergrund steht, geht es bei den älteren Kindern auch darum, das Tier „Hund“, dessen Eigenschaften und individuelle Vorlieben kennenzulernen – dabei soll auch der Balu- oder Lunadienst helfen. Vielen Kindern helfen die beiden so, sich besser zu konzentrieren und ein Gefühl für ein sozialeres Miteinander zu entwickeln.
Koerdt: "Im Balu-Dienst lernen die Kinder, dass der Hund auch seine Bedürfnisse hat."
Ann-Katrin Koerdt erklärt, was die Kinder von Luna und Balu lernen können.
Dass der Schulhund im Prinzip das erste Tier ist, was sie so richtig kennenlernen und auch lernen, mit ihm richtig umzugehen. Viele Kinder denken, oh, das ist ein Kuscheltier, den kann ich kuscheln. Aber dass er auch so seine Bedürfnisse hat und bestimmte Sachen nicht mag, das lernen die Kinder hier. Der Balloudienst ist der Dienst, der am beliebtesten ist. Und die Kinder wissen ganz genau, der Wassertrog, die stellen ihm das Bett bereit und dürfen ihm auch manchmal ein bisschen Futter geben und müssen ihren Ranzen schließen, damit er nicht an die Brotboxen der Kinder geht. Und das lernen sie eben auch während dieser Stunde mit Balloud.
Da auch andere Kinder an den Hunden interessiert waren, wurde die AG gegründet. Hier lernen sie mehr über Luna und Balu, bringen ihnen Tricks bei und wachsen manchmal sogar über sich hinaus, wenn ihnen die beiden ganz nahekommen. „Die Kinder gewinnen dadurch großes Selbstvertrauen, das Selbstwertgefühl steigt“, erklärt Koerdt und sieht darin vor allem Entwicklungschancen für schüchterne Kinder.
Stanke: "Durch die Schulhunde können die Ängste der Kinder abgebaut werden."
Judith Stanke sieht das Projekt als große Chance für die Kinder, aus sich heraus zu kommen und mutiger zu werden.
Ein Schulhundeeinsatz kann je nach Klassenstufe oder Gruppe ganz unterschiedliche Ziele haben. Wenn ich Luna mit in die Vorklasse nehme, zu den kleinen Kindern, dann soll da vor allen Dingen die Freude im Vordergrund stehen und Ängste von Kindern Hunden gegenüber abgebaut werden. Und die Kinder sollen überhaupt den Umgang mit Tieren lernen und eine Verbindung zwischen Mensch und Hund kann geschaffen werden und auch zwischen den Kindern. Wenn ich den Hund zum Beispiel in die AG mitnehme, dann sind da Hundert begeisterte Kinder in der Regel in kleinen Gruppen unterschiedlichen Alters. Und da ist es eher so, dass die Kinder etwas über die Theorie lernen vom Hund, also die Anatomie des Hundes oder wie ein Hund kommuniziert, über die Körpersprache des Hundes. Aber eben auch Tricks, also praktische Sachen mit dem Hund, zum Beispiel den Hund durch die Beine locken, sich trauen, Leckerlis zu geben. Solche Sachen werden dann eher in der AG gemacht. Und in der Lernzeit, das ist bei uns die Hausaufgabenbetreuung, da soll der Hund eine ruhige Lernatmosphäre schaffen. Da sollen sich die Kinder auf die Hausaufgaben konzentrieren können. Der Hund läuft durch die Klasse und soll eigentlich beruhigend wirken auf Kinder.
„Wir wollen unseren Kindern die Achtung und den Respekt vor dem Leben mitgeben“, erklärt Stolz-Bazyar. Hunde seien für diese Aufgabe prädestiniert, gerade auch in staatlichen Einrichtungen wie in Schulen, weshalb sie „sehr stolz“ auf das Projekt schaut.
Umfrage unter Schulkindern: "Balu motiviert mich!"
Die Kinder sind ganz begeistert von Luna und Balu und freuen sich, wenn die beiden zu ihnen in den Unterricht kommen.
Balou motiviert mich irgendwie ein bisschen, dass wir manchmal ihn streicheln und dann mit ihm spielen können. Als ich Balou gekennengelernt habe, das war das erste Mal, dass ich einem Hund sehr nah gekommen bin. Manchmal liegt er, manchmal läuft er rum, dann können wir ihn streicheln, weil wir am Anfang dann immer so würfeln mit diesem Würfel, dann wie einen Satz würfeln, und weil wir dann auch spielen können mit ihm. Sehr gut, weil dann ist es mehr lustiger hier in der Klasse, weil er überall rum schnüffelt. Er springt, er kann springen und er geht oft zu uns und das mögen wir ihm und streicheln wir ihn auch immer gleich.