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> Für attraktivere Innenstädte: "Die Stadtretter" in Schlüchtern
29.09.2023, 13:49 Uhr
Für attraktivere Innenstädte -
"Die Stadtretter" in Schlüchtern
© FFH
Stadtretter Stefan Müller-Schleipen und Schlüchterns Bürgermeister Matthias Möller.
Wie kann die Innenstadt wieder attraktiver werden? Wie bekommt man wieder mehr "Leben" rein? Um diese Fragen kümmern sich die "Stadtretter", eine Initiative aus Hanau.
Die Stadtretter sind ein Netzwerk aus Kommunen, Unternehmen und Wissenschaftlern. Auf ihrer Internetseite gibt es beispielsweise einen ganzen Katalog von Maßnahmen, die sich bewährt haben, beispielsweise beim Umgang mit leerstehenden Geschäften, brachliegenden Flächen oder zu vielen Autos in der Innenstadt. Kommunen reichen ihre Lösungen ein und können von anderen Mitgliedern übernommen werden.
Format "Die Stadtretter" kommen
Bei einem Webtalk mit Netzwerkmitgliedern sei gefragt worden, ob das Stadtretter-Team nicht mal in die Kommune kommen könne um sich die Situation vor Ort direkt anzuschauen und Ideen zu entwickeln. Daraus sei die Idee zum Format "Die Stadtretter kommen" entstanden, erklärt Geschäftsführer Stefan Müller-Schleipen im Gespräch mit FFH.
Stefan Müller-Schleipen erklärt, wie das Format "Die Stadtretter kommen" entstanden ist.
Automatisch erstellte Abschrift des Audios:
Das Format ist entstanden, weil uns ein Stadtvertreter gesagt hat, könnt ihr nicht mal bei uns in die Stadt vorbeikommen. Wir haben so viel Innovation in der Stadt, aber wir kriegen es nicht in die Umsetzung. Wir kriegen die PS nicht auf die Straße. Und dann haben wir gesagt, ja, wir kommen mal von außen und wir gucken mal von außen. Und sie kennt es vielleicht aus ihrer Wohnung. Ihnen fällt nach Jahren in der eigenen Wohnung nicht mehr auf, dass sie im Flur noch gar keine Lampe haben. Und wenn sie Besuch haben, sagen sie, deine Lampe hängt ja immer noch nicht. Und so machen wir das. Wir sagen, was uns auffällt und versuchen so diese kommunalen Verkrustungen, die es manchmal gibt, so ein bisschen aufzubrechen. Das gelingt uns gut.
"Die Stadtretter kommen" in Schlüchtern
Die Stadt Schlüchtern hat die Stadtretter gerufen und die Stadtretter sind gekommen. Nach einem kurzen Gespräch mit Bürgermeister Matthias Möller ist Stadtretter Stefan Müller-Schleipen gestartet und ein vorher vereinbartes Gebiet abgelaufen.
Verbesserungswürdig
Viel Verkehr auf engen Straßen, verbesserungswürdige Schaufenster, der Umgang mit leerstehenden Ladenlokalen, asphaltierte Straßen, bei denen an einigen Stellen Pflastersteine zum Vorschein kommen, leere große Flächen und kaum Spielmöglichkeiten für Kinder: Fast alle zehn Meter bleibt Müller-Schleipen stehen und kommentiert, was er sieht - und macht immer auch gleich Vorschläge, wie es besser sein könnte.
© FFH
Gleich zu Beginn der Tour durch die Stadt weist Stadtretter Müller-Schleipen auf die enge Straße hin: "Hier ist nicht viel Platz für Fahrradfahrer!"
Fachwerk, unterschiedliche Farben und Materialien: Die Gestaltung der Fassaden findet Müller-Schleipen zu uneinheitlich. "Dafür gibt es Programme vom Land", sagt Müller-Schleipen und wirft die Idee in den Raum, wieder mehr Fachwerk zu zeigen.
© FFH
"Zum Teil asphaltiert, zum Teil gepflastert, das geht schöner!" sagt Müller-Schleipen. Da müsse mit den Verantwortlichen gesprochen werden, ob man das nicht attraktiver machen könne.
Nicht nur Meckern
Auf den Touren durch die Städte schaut Müller-Schleipen aber nicht nur, was negativ auffällt, sondern er sucht auch nach guten und schönen Lösungen, die er dann mitnimmt auf die nächste Tour. In Schlüchtern war es beispielsweise die Blumengalerie Deger, die seine Augen zum Leuchten gebracht haben.
Blumenladen: Grüne Oase in der Stadt
"Das gibt es selten, dass Geschäfte so viel Außenfläche nutzen dürfen, das ist doch richtig schön!", lobt er den Laden und die Möglichkeit, die die Stadt diesem gegeben hat. Eine angestellte Floristin stand gerade hinter einem Tresen - draußen - und hat ein Blumengesteck gebunden. "Wenn junge Leute hier vorbeilaufen, sehen sie das Handwerk und wer sich dafür interessiert, bekommt hier sofort Infos zum Job. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist das doch eine ganz tolle Idee!"
Stefan Müller-Schleipen im Gespräch mit Blumenladenbesitzerin Andrea Deger
Automatisch erstellte Abschrift des Audios:
Es ist ja so schön hier und es ist so schwierig, sowas umzusetzen normalerweise in der deutschen Stadt, weil so viele Fachdezernate ihr Einspruch erheben könnten. Zu viel Bürgersteignutzung. Was zahlt die denn dafür? Erzählen Sie doch mal, wie Sie das gemacht haben. Ich finde das ganz toll. Ja, okay. Das sollte halt in dem Moment dann hier Wohnungen geben. Da stand er mehrere Jahre leer, weil da eine Gaststätte drin war. Und die Gaststätte hat halt auch diesen Raum hier genutzt. Die hatte ganz viele Sitzplätze hier und auch hier vorne und hat ja auch diesen ganzen Raum genutzt. Im Blumenladen draußen sieht man ja so eigentlich niemals. Warum sind Sie draußen nicht drin? Also ich war früher auch draußen, da drüben auf der anderen Seite, ganz klein, weil ich mich nicht getraut habe, in dieser Größe das zu machen. Und ich habe das am Bodensee und auch in der Schweiz gelernt. Da habe ich gearbeitet, wo das eben auch draußen war, viel draußen. Gut, da war eine ganz andere Laufkundschaft wie hier. Also hier ist es schon schwierig. Da hat man den Umsatz halt nicht wie am Bodensee. Aber trotzdem hat mich das irgendwie motiviert, das hier zu probieren, auch nach draußen zu gehen. Und ich habe ja auch innen keine 20 Quadratmeter. Also das ist einfach für mich ist es draußen wichtig. Wir arbeiten draußen immer. Sie sehen, die Floristin steht jetzt auch hier draußen. Und ja, und ich habe auch dieses Jahr wieder zwei Auszubildende genommen. Und ja, wir probieren es immer weiter, solange es geht. Nach Corona sehr schwierig und die Laufkundschaft bricht ja auch weg. Aber wir probieren es einfach weiterhin.
Fazit für Schlüchtern
"Schlüchtern ist keine Stadt, die gerettet werden muss!" sagt Müller-Schleipen. Aber es gebe einige Stellen, bei denen noch Luft nach oben sei. Da müsse man mit der Stadt ins Gespräch gehen und nach Umsetzungsmöglichkeiten schauen.
"Schlüchtern muss nicht gerettet werden": Ein erstes Fazit