Seit Anfang an Familienbetrieb - Kino Gelnhausen feiert 100. Geburtstag
Seit sage und schreibe 100 Jahren betreibt die Familie Schneevogl das Kino Gelnhausen – und blickt auf sehr bewegte Zeiten zurück.
Wenn man ins Kino Pali im Herzbachweg in der Nähe des Klinikums Gelnhausen kommt, ist es schon eine kleine Zeitreise: Alles ist im Retro-Stil gehalten, ein großer "Süßigkeiten"-Schriftzug leuchtet über dem Verkaufstresen, die Möbel sind im Stil der 50er Jahre. Gleich am Eingang steht ein Projektor aus den 50ern - der noch immer funktioniert. Die Säle im Pali und im Casino sind allerdings technisch auf neustem Stand - im Pali gibt es sogar gemütliche Sofas.
Führungen hinter die Kulissen
Betreiber Stephan Schneevogl bietet Interessierten deshalb auch Führungen hinter die Kulissen an: Dort zeigt er im Vorführraum die alte Technik, die riesigen Filmrollen und einen alter Projektor. Und daneben steht die neue Technik - ein sehr spannender Kontrast.
Mischung aus Blockbustern und Filmkunst
Solche Einblicke gibt es mittlerweile kaum noch - und auch die Mischung der Filme, die in den beiden Kinos Casino und Pali gezeigt werden, ist besonders: Zum einen gibt es die großen Filme, die in allen Kinos laufen. Aber immer dienstags ist "Filmkunst" angesagt: Dann werden Indie-Filme gezeigt, oft auch im Originalton.
Zuerst wurden im Kino Gelnhausen Stummfime gezeigt
Gegründet wurde das Kino Gelnhausen von Georg und Rosa Schneevogl aus Berlin. Sie haben damals im Casino als ersten Film den Stummfilm "Die schönste Frau der Welt" gezeigt - mit Klavierbegleitung. 1937 wurde der erste Farbfilm gezeigt. 1940 übernahmen dann Berta und Artur Schneevogl das Kino.
Schwere Zeit während des Zweiten Weltkriegs
Stephan Schneevogls Mutter Helga hat am FFH-Mikro erzählt, wie das Kino Gelnhausen durch den Zweiten Weltkrieg gekommen ist: "Der Vater meines Mannes musste damals in den Krieg an die Front, und da er Filmvorführer war, hat er also an der Front Filme vorgeführt. Als der Krieg dann zu Ende war, kam er in Gefangenschaft, und man hat ins Kino, ins Casino, einen Treuhänder eingesetzt. Die ganze Technik und die ganze Bestuhlung gehörte ja aber nach wie vor Schneevogls - Vater Schneevogl hatte aber jetzt keine Existenz mehr. Und er hatte drei Söhne und musste ja irgendwie seine neue Existenz aufbauen. Also hat er Wanderkino gemacht. Und später hat er mit dem Turnverein eine Abmachung getroffen: Einmal ist da Turnen abgehalten worden, und an anderen Tagen sind die Stühle hingestellt worden, und dann gab es Kino. Und das war dann auch der Grund, warum man ein Grundstück angekauft hat, direkt gegenüber vom Casino, von dem ersten Kino, und hat dann hier die "Parklichtspiele", also das Pali erbaut."
Schneevogl: "Wir haben so viele Widrigkeiten überstanden"
Dass das Kino Gelnhausen seit 100 Jahren in Familienhand ist, macht Stephan Schneevogl stolz: "Ich bin die vierte Generation, die das Kino betreibt, und wir haben so viel erlebt vom Stummfilm zum Farbfilm. Erst meine Oma, die mit dem Aufkommen des Pantoffelkinos, also dem Fernseher zu Hause, gesagt hat, wir können das Kino zumachen. Dann später mein Vater, der mit Videotheken zu kämpfen hatte. Und auch ich habe jetzt mit dem Streaming eine neue Konkurrenz. Und so hat jeder seine Probleme und bisher haben wir es alles gut hingekriegt.".
Hoffnung auf viele weitere Kino-Jahre
Stephan Schneevogl hofft, dass er sein Kino noch viel Jahre betreiben kann. "Die Leute suchen doch immer wieder einen Ort, wo man zusammen ausgehen kann. Und auch den Film gemeinsam zu erleben ist viel schöner als zu Hause vor dem Fernseher."
Sonderaktionen zum 100-jährigen Jubiläum
Zum Jubiläum hat sich Stephan Schneevogl einiges ausgedacht: Es gibt ein Gewinnspiel mit "Goldenen Tickets". Er versteckt die Tickets an bestimmten Orten - und gibt auf Instagram und Facebook mit einem kurzen Video Hinweise. Wer das Ticket findet, bekommt 100 Tage lang freien Eintritt ins Kino. Am 3. und 4. Oktober gibt es vormittags Überraschungsvorstellungen für Kinder - und am 8. Oktober gibt es einen Sekt-Empfang beim "Filmkunst"-Abend.