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Boulderchurch in Bad Orb: Kirche wird zum Kletterort

Boulderchurch in Bad Orb - Kirche wird zum Kletterort

Noch wird gebaut, im April soll die "Boulderchurch" öffnen. 
© dpa

Noch wird gebaut, im April soll die "Boulderchurch" öffnen. 

Die christlichen Kirchen in Deutschland verlieren Jahr für Jahr Mitglieder. Die Gemeinden werden immer kleiner. Das führt dazu, dass manche - teils auch baufällige - Kirchengebäude nicht mehr gebraucht werden. In Bad Orb im Main-Kinzig-Kreis stand die Kirche St. Michael jahrelang leer. Jetzt hat sie eine neue Zukunft: Sie wird zur Boulderhalle.

Wo früher Altar und Kirchenbänke standen, sollen demnächst Sportkletterinnen und Sportkletterer ihrem Hobby nachgehen. Die beiden Bauherren Marc Ihl (35) und Marco Köhler (42) legen großen Wert darauf, dass die künftigen Besucher auch nach dem Umbau die besondere Atmosphäre der früheren katholischen Kirche spüren können. 

"Es ist für uns eine Ehre"

"Das ist ein wunderschöner Raum", sagt Ihl. "Es ist für uns eine Ehre, dass uns das anvertraut wird." Die beiden Freunde, die selbst begeisterte Kletterer sind und früher immer nach Frankfurt zum Bouldern fuhren, haben das Gebäude von der örtlichen Kirchengemeinde gepachtet. Ihl ist Katholik, hat früher für Kinder und Jugendliche der Kirchengemeinde Zeltlager und Freizeiten organisiert und immer noch einen "einen ganz guten Kontakt" zur Pfarrei der Kurstadt im Spessart. Wenn er die Kirche betrete, erinnere er sich immer noch an die Jugendgottesdienste zurück, die er früher mit anderen dort gefeiert habe, erzählt Ihl. Nachdem das Gebäude viele Jahre lang ungenutzt blieb und sich die eine oder andere Idee, was daraus werden könnte, immer wieder zerschlug, kommen nun Ihl und Köhler mit ihrem Projekt zum Zug und errichten dort eine Boulderhalle mitsamt Bistro. 

Kirche bleibt Eigentümerin 

Das Gebäude ist von der katholischen Kirche teilweise - aber nicht komplett - umgewidmet worden - "teilprofaniert" heißt der Fachausdruck dafür. Denn in einem Nebenraum unterhält die Kirche, die Eigentümerin des Gebäudes bleibt, eine kleine, weiterhin geweihte Kapelle. "Das ist eine Besonderheit und gibt es in Deutschland nach unserem Wissen nicht ein zweites Mal", betont Ihl. Boulder- und Kletterhallen in ehemaligen Kirchengebäuden gebe es zwar in den Niederlanden und auch in Deutschland ein paar wenige, aber die Koexistenz von Boulderhalle und Kapelle unter einem Dach sei einmalig, erklärt er. Die Kapelle erhält einen eigenen Zugang, Gläubige müssen nicht durch die Boulderhalle. Derzeit stehen noch Möbel und sakrale Stände in einem Nebenraum, der einmal als Sakristei der Kapelle dienen soll.

 

Marc Ihl

Wie es aussehen soll, wenn es fertig ist.

© HIT RADIO FFH

"Die Optik ist einmalig"

"Boulderhallen gibt es in der Regel in Gewerbegebieten. Wir aber sind hier mitten im Kern von Bad Orb", ergänzt Köhler. "Die Optik ist außerdem einmalig. " Die beiden Betreiber der Boulderchurch, wie sie ihre Halle genannt haben, hoffen darauf, dass viele Neugierige aus dem Dreieck Frankfurt-Aschaffenburg-Fulda angelockt werden. Es soll anspruchsvolle Routen für erfahrene und ambitionierte Sportler geben, aber auch leichtere Routen für Einsteiger und auch einen extra Familienbereich. Der entsteht über dem ehemaligen Altar, wo man an der Wand noch Reste ehemaliger Heiligenbilder erahnen kann. Der Pachtvertrag für die Boulderchurch läuft zunächst über 16 Jahre. Die Eröffnung ist für den 12. April geplant.

Ein Betriebswirt und ein Schreiner als Tandem 

Die Umbaukosten schätzen die beiden Bauherren auf knapp eine halbe Million Euro. 100.000 davon gibt es als regionale Förderhilfe. Die Ausgaben für den Umbau – inklusive Kapelle – tragen die beiden Hallenbetreiber nach eigenen Worten selbst. Ihl ist studierter Betriebswirt, arbeitet in einem Unternehmen für Bürotechnik und -ausstattung und ist in dem Tandem der Mann der Zahlen. Köhler ist Schreiner, leitet einen Familienbetrieb in Bad Orb und ist als Handwerker prädestiniert, beim Umbau selbst an vorderster Front zu stehen.

 

Marc Ihl

Wie es zu der Idee kam: Bouldern in der Kirche.

© HIT RADIO FFH

Kirchenbänke werden zersägt und Beichtstühle zur Umkleidekabine

Beispielsweise als es darum ging, was mit den Kirchenbänken passieren sollte, die die Bauherren mit Einverständnis der Pfarrgemeinde übernehmen konnten. "Das ist wunderschönes Eichenholz", sagt der Schreinermeister. Da die Bänke aber nicht mehr gebraucht werden und im Weg standen, sollen aus ihrem Holz Sitzmöbel für das Bistro und die Verkleidung für die Empfangstheke werden. Es sei schon ein komisches Gefühl gewesen, als er die Bänke zersägt habe, erinnert sich Köhler. Er habe daran denken müssen, was Menschen auf diesen Sitzen an Glück und Trauer erlebt hätten. Aus zwei Beichtstühlen sollen Express-Umkleidekabinen werden.

Bouldern und Klettern

Mit einer Deckenhöhe von 13 Metern ist die Halle eigentlich zu hoch zum Bouldern. Bouldern ist freies Klettern, bei der eine Absprunghöhe von bis zu vier Metern meist nicht überschritten wird, wie Köhler und Ihl erklären. Auf dem Boden unter den Boulderrouten liegen in der Regel Schutzmatten. Kletterrouten könnten viel höher reichen, allerdings sei man dabei im Gegensatz zum Bouldern mit Seilen gesichert, erläutern die beiden. Das erfordere mehr Aufwand und bedeute mehr Auflagen. Beides wollten Ihl und Köhler vermeiden und deshalb keine Kletter-, sondern eine Boulderhalle errichten. Sie lassen zusätzliche Etagen einbauen, um die Höhe der Kirche sinnvoll zu nutzen und so auf eine Gesamthallenfläche von 750 Quadratmetern zu kommen. 

Bischof: Auf weitere Nutzung einer Kirche achten

Im vergangenen Jahr wurden im Bistum Fulda, zu dem auch Bad Orb gehört, mehrere Kirchen profaniert, also entweiht. "Dafür gibt es oft sehr konkrete Anlässe, wenn man etwa merkt, dass in der Kirche bautechnisch eine Schwierigkeit eintritt", erklärt Bischof Michael Gerber. "Wir achten bei einem Verkauf auf die weitere Nutzung einer Kirche, die ja einmal ein geweihtes Kirchengebäude war", fügt er hinzu. Diese Nutzung dürfe nicht zu der ursprünglichen Funktion der Kirche im Widerspruch stehen. Gut sei, wenn daraus beispielsweise Wohnraum entstehe oder wie in Kassel bei der St. Laurentius Kirche das Gebäude an eine orthodoxe christliche Gemeinde verkauft werden könne. 

Olaf Brinkmann

Leiter Studio Osthessen
Olaf Brinkmann

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