Prozess um "Mord ohne Leiche" - Befangenheitsantrag gegen Hanauer Richter
Eine Leiche ist bis heute nicht gefunden worden - trotzdem steht jetzt ein 58-Jähriger wegen Mordes vor dem Hanauer Landgericht. Der Prozess ist jetzt am Dienstag mit einem Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestartet.
Er soll den Vermieter seiner Autowerkstatt in Hammersbach heimtückisch umgebracht haben, weil er mit der Miete im Rückstand war. Das sagt ein Sprecher der Hanauer Staatsanwaltschaft unserem Reporter.
"Zu lange Verfahrensdauer"
Einer der Verteidiger des Angeklagten monierte jetzt aber die zu lange Verfahrensdauer gegen seinen Mandanten: Im bisherigen Verfahren seien die Verhandlungstermine zu weit auseinandergezogen und die wöchentliche durchschnittliche Verhandlungsdauer gering gewesen. Damit sei gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Beschleunigungsgrundsatz verstoßen worden. Ein weiterhin gegen seinen Mandanten bestehender Untersuchungshaftbefehl sei nicht verhältnismäßig, so der Anwalt.
Blutspuren in der Werkstatt
Vor gut zwei Jahren wurde ein 79-Jähriger vermisst gemeldet. Die Polizei fand kurz darauf seinen Wagen in Maintal - in der Nähe lag sein blutverschmiertes Handy, aber keine Leiche. Auch in der Werkstatt des Angeklagten in Hammersbach im Main-Kinzig-Kreis fanden Ermittler Blutspuren.
Prozess nach Abbruch jetzt neu gestartet
Deshalb geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 58-Jährige seinen Vermieter dort getötet und die Leiche dann entsorgt hat. Der Prozess musste im Februar abgebrochen werden, weil ein Schöffe dauerhaft krank ist. Er beginnt jetzt mit neuem Schöffen mal von vorne.
Streit wegen Miete als Tatmotiv
Hintergrund für die Tat sollen nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten aus dem Mietverhältnis gewesen sein. Der 59-Jährige habe das Opfer in einen für Kunden uneinsehbaren Stromverteiler-Raum gelockt und ihn dort von hinten auf nicht genau bekannte Weise umgebracht. In zwei Fällen wird dem Mann zudem vorgeworfen, unerlaubt diverse Waffen und Gegenstände besessen zu haben.
Auszubildender sagte als Zeuge aus
Der Angeklagte, der nach einer Untersuchungshaft unter Auflagen auf freien Fuß gekommen war, machte zum Prozessauftakt keine Angaben. Als Zeuge wurde ein früherer Auszubildender befragt, der den Angeklagten als strengen Chef schilderte, der auch mal "angepisst" sein konnte - "je nachdem, wie es mit den Kunden lief". Ob es Streitigkeiten mit dem Opfer gab, wisse er aber nicht.
Entscheidung über Befangenheitsantrag folgt noch
Für den Prozess sind mehr als 30 weitere Verhandlungstermine bis in den August hinein angesetzt. Eine Entscheidung über den Befangenheitsantrag wird erst bei einem der kommenden Sitzungstage fallen. Staatsanwältin Lisa Pohlmann zeigte sich verwundert darüber, dass die Verteidigung "das Terminierungsverhalten einer nicht mehr zuständigen Kammer" als Grund für einen Befangenheitsantrag gegen die jetzige Kammer nutze.