Ex-DFB-Funktionäre vor Gericht - Prozess um Sommermärchen-Affäre in FFM
In Frankfurt startete am Montag der sogenannte "Sommermärchen"-Prozess. Es geht dabei um den Verdacht der Steuerhinterziehung in Höhe von 13,7 Millionen Euro im Jahr 2006.
Vor dem Landgericht müssen sich die ehemaligen DFB-Funktionäre Zwanziger, Niersbach und Schmidt verantworten - zum Auftakt haben deren Anwälte die Vorwürfe aber strikt zurückgewiesen. Zwanziger ging dabei verbal in die Offensive, die Mitangeklagten Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt verließen hingegen kommentarlos das Gerichtsgebäude.
Der erste Prozess-Tag:
Angeklagte weisen Vorwürfe strikt zurück
Einig sind sich die Angeklagten aber in der Bewertung der Vorwürfe: "Es hat im Jahr 2006 überhaupt keine Steuerverkürzung gegeben. Und wenn es keine Steuerverkürzung gegeben hat, gibt es auch keine Steuerhinterziehung", sagte Zwanziger. Ähnlich äußerte sich in der Verhandlung Schmidts Rechtsbeistand Tilman Reichling. "Eine Steuerhinterziehung im Jahr 2006 ist ausgeschlossen", sagte er in seinem Eingangsstatement.
Zugleich warf Reichling der Staatsanwaltschaft vor, sie habe den angeblich entstandenen Steuerschaden seit dem Jahr 2015 "mehr als vervierfacht, um das Verfahren aufzublähen".
Zwanziger ist optimistisch
Während Niersbach und Schmidt die Einstellung des Prozesses anstreben, lehnt Zwanziger dies ab. "Ich habe den Eindruck, dass die Vertreter der Anklage sehr wohl wissen, dass sie auf sehr dünnem Eis sind und es einen Freispruch geben kann und geben wird für alle drei Angeklagten", sagte der ehemalige DFB-Boss.
Ihm sei es deshalb "sehr viel sympathischer, wenn es zu der vom Gericht angekündigten Beweisaufnahme kommt."
Niersbach und Schmidt fordern Einstellung des Prozesses
Zuvor hatte Niersbachs Rechtsbeistand Sven Diener am ersten Verhandlungstag offiziell die Einstellung des Sommermärchen-Prozesses beantragt. Wegen des Verbots der Doppelverfolgung und Doppelbestrafung liege ein Verfahrenshindernis vor, begründete er den Antrag, der von Schmidt und seinen Anwälten unterstützt wird.
Verfahren in der Schweiz eingestellt
Sie berufen sich darauf, dass sich alle drei Angeklagten bereits 2020 vor dem Schweizer Bundesstrafgericht verantworten mussten. Das Verfahren in Bellinzona wurde wegen Verjährung eingestellt.
Die Staatsanwaltschaft geht dagegen davon aus, dass die in Frankfurt angeklagte Tat "nicht identisch ist mit der Tat, die in der Schweiz gerichtsanhängig war", sagte Oberstaatsanwalt Dominik Mies in seiner Funktion als Sprecher der Behörde. Sollte es dennoch zu einer Prozess-Einstellung kommen, werde das Verfahren gegen Zwanziger abgetrennt und fortgeführt.
Der Vorwurf:
Zahlung in Millionenhöhe
Im Grunde wirft die Staatsanwaltschaft den ehemaligen Präsidenten des DFB, Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger, sowie dem früheren Generalsekretär Horst R. Schmidt Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall vor. Die Angeklagten haben dies stets zurückgewiesen. Der Prozess dreht sich um eine ominöse Zahlung aus dem Jahr 2005 in Höhe von 6,7 Millionen Euro.
Geld für Gala, die nie stattfand
Konkret soll das Geld vom DFB über den Weltverband FIFA an den inzwischen gestorbenen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus überwiesen worden sein. Es wurde als Beitrag für eine Gala zur WM 2006 deklariert, die nie stattfand. Im Jahr 2002 hatte der inzwischen ebenfalls verstorbene Franz Beckenbauer in seiner Funktion als WM-Organisationschef ein Darlehen von Louis-Dreyfus in gleicher Höhe erhalten.
Letzlich verschwand das Geld auf Konten des einstiegen FIFA-Finanzfunktionärs Mohamed bin Hammam.
Gericht stimmte Strafzahlungs-Vereinbarung nicht zu
Das Landgericht Frankfurt hatte zuvor die Einstellung des Prozesses gegen zwei von drei Angeklagten gegen die Zahlung einer Geldstrafe abgelehnt. Berichten unter anderem von "Zeit Online" zufolge sollen sich Niersbach und Schmidt mit der Staatsanwaltschaft Frankfurt auf die Strafzahlung verständigt haben - die scheiterte aber an der Zustimmung des Gerichts.
Der dritte Angeklagte, Zwanziger, war von den Einigungsversuchen ausgeklammert, hieß es.
Insgesamt 16 Verhandlungstermine
Nach dem ersten Verhandlungstag am 4. März folgen nach bisheriger Planung des Gerichts noch 15 Weitere. Die finden verteilt an Montagen und Donnerstagen in den nächsten 18 Wochen statt. Als letzter Verhandlungstag ist der 11. Juli angesetzt. Damit würde das Verfahren mitten in die Heim-Europameisterschaft (14. Juni bis 14. Juli) hineingehen.
Verfahren 2022 wieder aufgenommen
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte im Mai vergangenen Jahres das zuvor Ende Oktober 2022 vom Landgericht eingestellte Verfahren gegen das Trio wieder in Gang gesetzt. Das OLG teilte damals mit, dass der ergangene Einstellungsbeschluss des Landgerichts aufgehoben und das Verfahren fortzuführen sei.
DFB hofft auf Freispruch
Der Deutsche Fußball-Bund hofft im Verlauf dieses Verfahrens auf einen Freispruch. Im Zuge der Affäre wurde dem DFB rückwirkend für 2006 die Gemeinnützigkeit aberkannt. Der Verband musste deshalb 2017 rund 22,5 Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Eine Klage des Verbandes beim Finanzgericht Kassel wurde bis zum Abschluss des Sommermärchen-Prozesses ausgesetzt - und hat wohl nur bei einem Freispruch für die Angeklagten gute Aussichten auf Erfolg.