Schulstart in Hessen: Platzprobleme und Suche nach neuen Lehrern
Platz knapp und Lehrer fehlen - Hessen-Schulstart mit Herausforderungen
Schulstart in Hessen: Nach den Sommerferien füllen sich ab heute (26.8.) wieder die Klassenzimmer. Laut hessischem Kultusministerium gibt es im Schuljahr 2024/25 rund 810.000 Schüler und Schülerinnen - ein leichtes Plus im Vergleich zum vergangenen Schuljahr.
Der neue Kultusminister Armin Schwarz (CDU) - selbst ehemaliger Gymnasiallehrer - muss an vielen Stellen anpacken. Ein großes Thema: Wie lassen sich neue Lehrkräfte besser an die Schulen in Hessen locken?
Lehrkräftemangel verschärft sich
Der Lehrkräftemangel sei die größte Herausforderung bislang an vielen Schulen, sagte Martin Buhl zu HIT RADIO FFH. Er ist der Vorsitzende des Verbands der hessischen Gesamtschuldirektoren. "Die Stühle sind frei, aber die Personen fehlen", so Buhl. Das Problem habe sich in den letzten fünf bis sechs Jahren verschärft. Wie damit umgehen?
Gesetzesentwurf zu Quereinsteigern im Landtag
Um künftig mehr Kräfte für den Lehrerberuf zu gewinnen, reformiert Hessen die Anforderungen für alle Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger mit Universitätsabschlüssen. Wer einen Master, ein Diplom oder einen Magister hat, kann künftig gemäß dem Studiengang und nach erfolgreichem Referendariat durchgängig in einem Schulfach unterrichten.
Nicht mehr zwei Fächer als Voraussetzung
Das Kultusministerium in Wiesbaden teilte zum Start in das neue Schuljahr mit, dass ein entsprechender Gesetzentwurf noch in diesem Jahr in den Landtag eingebracht werden soll. "Das Berufsangebot richtet sich an alle, die sich die Aufgabe in der Schule gut für sich vorstellen können, aber mit den bisher geforderten zwei Schulfächern nicht die entsprechenden Voraussetzungen erfüllten", erläuterte ein Ministeriumssprecher. Auch für Lehrkräfte aus dem Ausland mit nur einem studierten Fach sei eine Einstellung dadurch leichter.
GEW: Unterrichtqualität sinkt durch Lehrermangel
Steigt die Zahl der Schüler und Schülerinnen, werden mehr Lehrkräfte gebraucht. "Da sehen wir momentan das größte Problem", sagt auch Thilo Hartmann von der GEW Hessen. Man habe mindestens 9.000 fehlende Lehrkräfte in Hessen. "Lehrkräftemangel bedeutet Unterrichtsausfall, dass die Unterrichtsqualität sinkt und dass die Lehrkräfte immer mehr arbeiten müssen und einem immer größeren Druck stehen", so Hartmann. Darunter leide dann die Zeit, um sich jedem einzelnen Kind zuwenden zu können.
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Mehr Quereinsteiger an Schulen
In Folge des Lehrkräftemangels unterrichten an den Schulen in Deutschland immer mehr so genannte Quer- und Seiteneinsteiger. Das sind Lehrkräfte ohne anerkannte Lehramtsprüfung. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte, traf das im Schuljahr 2022/23 auf 9,8 Prozent der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen zu: Rund 71.100 der insgesamt 724.800 Lehrkräfte dort hatten keine anerkannte Lehramtsprüfung. Vor 10 Jahren lag der Anteil noch bei 5,6 Prozent.
Ohne Lehramtsstudium Lehrer werden
Als Seiteneinsteiger bezeichnet man Personen, die über kein abgeschlossenes Lehramtsstudium verfügen und die ohne das Absolvieren des Referendariates in den Schuldienst übernommen werden. Bei Quereinsteigern besteht im Gegensatz dazu die Pflicht eines Referendariates.
Gewerkschaft: Platzproblem an Schulen wird sich verstärken
Im Vergleich zum vergangenen Schuljahr mit rund 798.000 Schülern und Schülerinnen werden es in Hessen im neuen Schuljahr gut 810.000 sein. Steigende Schülerzahlen heißt auch: Punktuell wird es eng werden in den vorhandenen Räumen. Thilo Hartmann, Vorsitzender der GEW Hessen, sagte zu HIT RADIO FFH: "Das Platzproblem wird sich verstärken." Container als Klassenzimmer-Ersatz sieht Hartmann nicht als Optimalfall, da aus dem Übergang schnell auch eine Dauerlösung werden könne.
Minister: Wertvermittlung soll große Rolle spielen
Im kommenden Schuljahr soll nach den Worten von Kultusminister Schwarz die Wertevermittlung, Demokratiebildung und Gewaltprävention im Unterricht ausgeweitet werden. Für alle Schülerinnen und Schüler sei es wichtig, sich mit einem respektvollen Umgang untereinander, den demokratischen Werten und der Bedeutung von Meinungsfreiheit zu beschäftigen, sagte der Minister in Wiesbaden.
Ganztagsausbau geht voran
Im neuen Schuljahr soll der Ganztagsausbau weiter vorangehen. Das Land muss hier handeln, denn ab dem Schuljahr 2026/2027 muss der Rechtsanspruch auf einen Platz etappenweise umgesetzt werden. Die Zahl der ganztägig arbeitenden Schulen ist auf 83 Prozent gewachsen (Vgl. 2023/2024: 78 Prozent).
Rechtsanspruch: Hessen im Plan
Für die Grundschule gilt eine Zielsetzung, dass bis zum Schuljahresbeginn 2029/2030 jedem Kind ein ganztägiges Förderangebot bereitgestellt werden kann. Damit sei Hessen im Plan, so das Kultusministerium.
Ukrainisch als zweite Fremdsprache
Als erstes Land bundesweit startet Hessen in diesem Schuljahr den Schulversuch mit dem Angebot, Ukrainisch als zweite Fremdsprache zu wählen. Begonnen wird an 16 Standorten.
Lehrer aus der Ukraine für Unterricht gewinnen
„Den Jugendlichen aus der Ukraine soll hiermit eine größere Bildungsperspektive für höhere Abschlüsse gegeben werden“, heißt es aus dem Ministerium. Zudem geht es um Fachkräftesicherung und die Gewinnung weiterer Lehrkräfte aus der Ukraine, die auch in anderen Fächern unterrichten können.
Fortbildungsoffensive zu „KI“
Kultusminister Schwarz kündigte außerdem eine Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte zum Thema „Künstliche Intelligenz (KI)“ an. Mit der Ludwig-Maximilians-Universität in München wird das Projekt „KI4S’cool“ an 25 Schulen zum individualisierten Lernen mit KI in der gymnasialen Oberstufe durchgeführt. Zudem ist vorgesehen, in den 29 Medienzentren im Land eine Fachberatung für KI aufzubauen, um Lehrkräfte zu unterstützen.
Blockflöten-Projekt an 20 Grundschulen
An 20 Grundschulen in Hessen beginnt zum Schulstart ein Blockflötenprojekt. Das hatte die CDU-SPD-Koalition im Januar bereits angekündigt. „Durch Flötenunterricht kann Kindern kostengünstig ein erster Zugang zum praktischen Musizieren und zur Musik ermöglicht werden“, so das Ministerium. Kinder bekämen so auch die Möglichkeit, ein Instrument zu erlernen.