Mehr Bedarf als freie Plätze - Frauenhäuser in Deutschland überlastet
Die Frauenhäuser in Deutschland sind einer neuen Studie zufolge überlastet - auch in Hessen.
Nach einer bundesweiten Datenauswertung des Investigativmediums "Correctiv.lokal" meldeten die ausgewerteten Frauenhäuser im Durchschnitt im Jahr 2022 an 303 Tagen, dass keine Aufnahme mehr möglich war. Wenn ein Platz frei wurde, war er den Angaben zufolge oftmals schon nach wenigen Stunden wieder besetzt. In die Auswertung flossen Daten von 200 Frauenhäuser aus 13 Bundesländern aus dem Jahr 2022 ein. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 400 Frauenhäuser und Schutzwohnungen mit knapp 8.100 Plätzen.
Großer Bedarf in Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein
Laut "Correctiv" war die Lage im vergangenen Jahr besonders schlecht in Hessen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Frauenhäuser waren dort durchschnittlich an neun von zehn Tagen voll ausgelastet. "Für jeden freien Platz, den wir haben, rufen pro Tag etwa vier bis fünf Frauen an. Von daher sind wir immer voll", wird Kornelia Wagner-Kokabas des Frauenhauses Bergisch-Gladbach vom Rechercheteam zitiert.
Tausende Plätze fehlen
Mit der am 1. Februar 2018 in Kraft getretenen Istanbul-Konvention des Europarates verpflichtet sich Deutschland, Gewalt gegen Frauen zu verhüten und zu beseitigen. Tausende Frauenhaus-Plätze fehlen nach den Richtlinien dieses Abkommens. Anfang Februar hatte SPD-Chefin Saskia Esken angesichts bestehender Lücken beim Schutz von Frauen vor Gewalt einen Ausbau der Hilfsmöglichkeiten angekündigt. Dafür solle ein bundeseinheitlicher Rahmen für die verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern geschaffen werden, sagte sie. Das Hilfesystem werde bedarfsgerecht ausgebaut - und der Bund werde sich künftig an der Regelfinanzierung beteiligen.
Ausbau im Koalitionsvertrag angekündigt
Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP 2021 unter anderem einen bedarfsgerechten Ausbau des Hilfesystems und eine Beteiligung des Bundes an der Regelfinanzierung angekündigt. 2021 hatten laut Daten der Frauenhauskoordinierung vom November 6431 erwachsene Bewohnerinnen zeitweilig in Frauenhäusern gelebt.
Internetseite bietet Überblick
"Correctiv" erfasste im Jahr 2022 auf der Internetseite Frauenhaus-Suche.de täglich, wie oft Frauenhäuser in Deutschland belegt waren. Diese Website ist seit Mai 2021 online, damit Frauen schnell sehen, welche Häuser einen Platz frei haben. Sie wird von der Zentralen Informationsstelle der Autonomen Frauenhäuser (ZIF) betrieben.