FFH-FAZ-Umfrage zur Hessenwahl - Schwache Werte für SPD-Kandidatin Faeser
Gut sechs Wochen vor der Landtagswahl in Hessen schneidet SPD-Spitzen-Kandidatin Nancy Faeser in puncto Sympathie und Leistung bei den Hessen deutlich schlechter ab als ihre Konkurrenten Boris Rhein (CDU) und Tarek Al-Wazir (Grüne), die ebenfalls keine berauschenden Werte erzielen. Das ist ein Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag von FFH und F.A.Z. Wenn es um die Frage der Wahlentscheidung geht, zeichnet sich wenig Veränderung ab. Dabei können sich die Befragten für keine der wahrscheinlichen Koalitionen begeistern.
Boris Rhein, Tarek Al-Wazir oder Nancy Faeser – keiner der drei Kandidaten für das Ministerpräsidentenamt kann zurzeit die Wähler in Hessen zweifelsfrei überzeugen, wenn es um die Bewertung von Sympathie und Leistung geht.
Schwache Werte für Nancy Faeser
Am schlechtesten bewerten die Wähler derzeit SPD-Kandidatin Nancy Faeser. Auf der Skala von -5 bis +5 kommt sie lediglich auf -0,2 Punkte. Selbst unter den Anhängern der eigenen Partei erreicht Faeser nur einen verhältnismäßig schwachen Wert von 1,6. Zum Vergleich: Boris Rhein und Tarek Al-Wazir kommen auf eine Beliebtheit von 2,6 bzw. 2,8 in der eigenen Partei.
FFH-Reporter Peter Hartmann über die Ergebnisse
Tarek Al-Wazir verliert deutlich
Unter allen Befragten erreicht Amtsinhaber Boris Rhein mit 1,1 die höchsten Beliebtheitswerte der drei Kandidaten. Dahinter folgt Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) mit 0,9 Punkten. Vor der letzten Landtagswahl lag er allerdings noch bei einem Wert von 1,6.
Bei der Frage, wer Ministerpräsident werden soll, würden im direkten Vergleich zwischen Faeser und Rhein 50 Prozent den Amtsinhaber bevorzugen, lediglich 28 Prozent sähen Faeser lieber als Ministerpräsidentin. Auch das Duell mit Al-Wazir kann Boris Rhein für sich entscheiden, wenn auch etwas knapper. Hier wollen 44 Prozent Rhein weiter im Amt sehen, 31 Prozent würden Al-Wazir bevorzugen.
Boris Rhein mit wenig Bekanntheit bei den Wählern
Mit seiner politischen Arbeit konnte sich Boris Rhein bisher allerdings nicht bei allen Wählern profilieren. Zwar sind 56 Prozent der Befragten der Meinung, dass er seine Arbeit gut mache, aber es fühlen sich auch 22 Prozent nicht in der Lage seine Leistung einzuschätzen, weil sie ihn zu wenig kennen. Bei Al-Wazir und Faeser sind es jeweils nur 14 Prozent.
Sonntagsfrage: CDU in Hessen klar vorne, weiterhin Mehrheit für Schwarz-Grün
Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre, würde die CDU nach der Projektion der Meinungsforscher in Hessen mit 31 Prozent stärkste Kraft werden (plus 4 Prozentpunkte zum Ergebnis der Landtagswahl 2018). Die SPD bleibt mit 20 Prozent stabil, die Grünen verlieren leicht und kämen auf 18 Prozent (ein Minus von rund 2 Prozentpunkten). Die AfD würde 15 Prozent erreichen, die FDP 6 Prozent. Die Linke verpasst mit 3 Prozent den Einzug in den Landtag.
Hälfte der Befragten noch unentschlossen
Entschieden ist der Wahlkampf damit allerdings noch lange nicht. Denn die Hälfte der Befragten hat sich bisher noch nicht endgültig festgelegt, welcher Partei sie ihre Stimme bei der Wahl geben wird.
Keine Koalitionsoption positiv bewertet
Mit den jetzigen Ergebnissen wäre rein rechnerisch eine Fortführung der derzeitigen Koalition aus CDU und Grünen, sowie eine Große Koalition aus CDU und SPD möglich. Für eine Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP reicht es knapp nicht. Egal welche Koalition sich am Ende bildet, nach jetzigem Stand werden alle wahrscheinlichen Optionen von den Befragten kritisch gesehen und jeweils häufiger negativ als positiv bewertet.
Energie und Klima wichtigstes Thema für die Hessen
Das wichtigste Problem für die Hessen ist die Frage nach Sicherung der Energieversorgung und dem Umgang mit dem Klimawandel. Auf den Plätzen zwei bis vier folgen fast gleichauf die Bereiche „Bildung und Schule“, „Asylpolitik und Integration“ und die Verkehrspolitik.
Geht es um die Lösung dieser Probleme, sehen die Befragten die Kompetenzen über die drei großen Parteien verteilt. Die Grünen können mit Kompetenz bei ihrem Kernthema Klimaschutz punkten. 44 Prozent glauben, dass die Partei hier eine Politik anbietet, die am ehesten in ihrem Sinne ist. In der Bildungspolitik sehen 25 Prozent die CDU vorne, dicht gefolgt von der SPD mit 23 Prozent. Eine gute Asylpolitik wird am häufigsten der CDU zugetraut. Im Bereich Verkehrspolitik sehen 27 Prozent die Grünen am besten aufgestellt, kurz dahinter die CDU mit 25 Prozent.
43 Prozent sehen Land mit Flüchtlingen überfordert
In der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen sind mittlerweile 43 Prozent der Befragten der Meinung, dass Hessen damit überfordert sei. Eine knappe Mehrheit (52 Prozent) ist der Meinung, dass unser Land dies verkraften könne. Im Vergleich zur Situation vor der letzten Landtagswahl 2018 eine deutliche Veränderung. Damals waren noch 70 Prozent der Meinung, dass Hessen die Zahl der Flüchtlinge verkraften könne.
Kann Hessen die Zahl der Flüchtlinge verkraften?
Gespaltene Gesellschaft beim Klimaschutz
Eine deutliche Spaltung zeigt sich in der Frage des Klimaschutzes. Hier sind auf der einen Seite 39 Prozent der Befragten der Meinung, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht weit genug gehen würden. 32 Prozent sind der gegenteiligen Meinung und glauben, dass die Maßnahmen zu weit gehen. 23 Prozent halten sie für genau richtig.
AfD für überwiegende Mehrheit eine Protestpartei
Nach der aktuellen Umfrage käme die AfD auf 15 Prozent der Wählerstimmen in Hessen. Allerdings nicht aufgrund ihrer politischen Positionen, glauben zumindest die meisten Befragten. 77 Prozent vermuten, dass die Partei gewählt wird, um den anderen Parteien einen Denkzettel zu verpassen. Selbst unter den Anhängern der AfD sind lediglich 32 Prozent der Meinung, dass die Partei wegen ihrer politischen Forderungen gewählt wird. Dies deckt sich auch mit der Kompetenz-Einschätzung der Parteien. Abgesehen von der Asylpolitik, wo der AfD 10 Prozent der Befragten eine geeignete Politik bescheinigen, glauben in allen anderen Politikfeldern maximal drei Prozent der Befragten, dass die AfD für sie passende politische Lösungen anbietet.
Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und HIT RADIO FFH hat die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen vom 21.8. bis 23.8.2023 im Land Hessen 1.005 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte telefonisch befragt.
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