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Ortsnamen in Hessen: Woher kommen die Spitznamen?

Warum werden die so genannt? - Daher kommen die Ortsspitznamen in Hessen

Sie heißen "Worschte Mäuler", "Pflasterschisser" oder "Schlammbeiser" - die Einwohner vieler hessischer Orte haben kuriose Spitznamen, hinter denen oft eine spannende Entstehungsgeschichte steht. Wir klären, wie diese Namen entstanden sind.

Spitznamen für Orte oder deren Einwohner gehen meistens auf spezielle geografische Gegebenheiten, Legenden oder nachgesagtes Verhalten zurück. Oftmals liegen die Wurzeln der Spitznamen schon Jahrhundert zurück, so dass niemand mehr sagen kann, ob sich die Ereignisse wirklich genau so zugetragen haben, oder ob doch die Einwohner der Ortschaften in der Weitergabe der Legenden doch etwas übertrieben haben. Darum sind all diese Begründungen natürlich mit einer gewissen Skepsis zu betrachten - spannend sind sie aber trotzdem. 

Warum werden die Appenroder "Walfische" genannt?

Valentin Haumann aus Appenrod war ein fleißiger Mann. Während der Erntezeit Mitte des 19. Jahrhunderts baute er in seiner Straße Leitern damit die anderen bei der Ernte besser an die oben hängenden Äpfel und Birnen rankamen. Doch eines Nachmittags zog ein schweres Unwetter kam auf. Valentin flüchtete sich ins Trockene, während die Wassermassen seine Schnitzbank mit sich rissen. Sie trieb und trieb auf dem Wasser, bis zum Nachbarort Erbenhausen.

Dort hatte sich vorm Ortseingang ein richtiger See gebildet. In dem befand sich auch die Schnitzbank, die dort ständig auf- und abtauchte. Die Erbenhäuser sahen die auf- und abtauchende Schnitzbank und hielten sie für einen Walfisch! Der Irrtum klärte sich schnell auf, aber seitdem haben die Appenröder den Spitznamen „Die Walfische“.

Warum werden die Waldkappeler "Uhlenfänger" genannt?

Der Spitzname geht auf eine Begebenheit aus dem 17. Jahrhundert zurück. Damals entdeckten die Waldkappeler im Turm der St. Georgs-Kirche ein seltsames Tier. Eine Art Vogel mit großen Ohren und riesigen Augen. Die Waldkappler waren völlig aus dem Häuschen, blieben sogar extra lange wach, um das verrückte Geschöpf zu sehen. Denn der Vogel kam komischerweise nur nachts aus seinem Versteck. 

Die Waldkappeler beschlossen, das faszinierende Tier zu fangen und als außergewöhnliches Geschenk dem Landgrafen von Hessen zu bringen! Der war davon aber weniger fasziniert. Denn was die Waldkappeler gefangen hatten, war eine stinknormale Eule! Der Landgraf verspottete die Waldkappeler als „Uhlenfänger“ – also Eulenfänger – und verpasste ihnen damit für immer ihren Spitznamen!

Warum heißen die Harleshausener "Ossen"?

Hinter diesem Namen verbirgt sich eine echte Dorfverschwörung aus dem Jahre 1604. Damals gab es einen Landgrafen, Moritz, der Auerochsen züchtete. Das Problem: Seine Auerochsen büxten immer wieder aus und fraßen dann die Felder der Harleshausener Bauern leer. Irgendwann wurde es den Bauern zu viel und sie machten mit Mistgabeln und Messern Jagd auf einen der Ochsen. Der Graf bekam natürlich mit, dass ihm ein Ochse fehlte. Er brummte den Bauern eine fette Strafe auf und einen neuen Spitznamen: Ihr seid wirklich echte „Osse“.

Warum werden die Bensheimer auch "Koarschler" genannt?

Dazu muss man wissen: den Namen haben die Nachbarn aus Heppenheim den Bensheimern gegeben und die mögen sich gegenseitig nicht besonders. Deshalb würde sich ein Bensheimer auch nie selbst als Koarschler bezeichnen.

Ein Koarschler ist eigentlich eine Feldhacke für den Kartoffelacker. Damit haben die Bauern früher ihren Acker weichgeklopft. Eine Zeit lang jobbt der Heppenheimer Lehrer Schmidt in Bensheim an der Stadtschule. Und als die Bensheimer Schüler sich mal wieder nicht benahmen, platzte dem Lehrer der Kragen: „Ihr blöde Bensemer, ihr kennt nix oanneres als wie mit eijerm Koarscht uff de Agger gejh un eich ins Boa hagge und dann nunner eiern ins Hospital.“ (Ihr blöden Bensheimer kennt nichts Anderes, als mit dem Koarschler auf den Acker zu gehen und euch ins Bein zu hacken und dann ins Krankenhaus zu eiern)

Seitdem heißen die Bensheimer Koarschler!

Warum heißen Bottendorfer "Worschte Mäuler"?

Eigentlich ist es eine traurige Geschichte! Die Bottendorfer waren nämlich früher Tagelöhner und mussten auf den umliegenden Bauernhöfen und als Waldarbeiter arbeiten. Sie waren so arm, dass Sie nicht mal genug zu essen hatten. Daheim gab es häufig nur dünne Suppe. Darum griffen sie, wenn es bei der Arbeit auf dem Bauernhof mal etwas zu essen gab, immer zuerst nach der guten Wurst. So hatten die armen Bottendorfer bei den reichen Bauern ihren Spitznamen weg.

Woher kommt der Spitzname "Guckgucker" in Hörbach?

Laut der Legende sind die Hörbacher ganz schön neugierige Menschen. Wenn mal jemand neu in den Ort kam, wurde sofort von Fenster zu Fenster getuschelt: "hier, guckema, was für ein Kerl...", "...Un was schleichtn der hier rum guck doch ma", "Isch glaub, der will Dir die Hinkel klaue. Guckema hier Guck! Guck!" Und weil die Hörbacher eben so oft „Guck, guck“ gesagt haben, wenn ein Fremder kam, hatten sie auch ganz schnell ihren Spitznamen weg: „Hörbacher Guckgucke“!

Warum heißen die Bickenbacher auch "Sandhasen"?

Hier steckt ausnahmsweise Mal keine komplizierte Geschichte dahinter, sondern einfach die Tatsache, dass die Bickenbacher früher beides im Überfluss hatten: Ganz viel Sand (es gab sogar richtig hohe Dünen) und dort fühlten sich Hasen und Kaninchen richtig wohl. und so heißen die Bickenbacher bis heute "Sandhasen".

Wieso werden die Lichtenauer "Karpfenfänger" genannt?

Ein Bauer aus Lichtenau hatte im benachbarten Spangenberg mehrere schwere Kalksäcke geholt und seinem Esel auf den Rücken gebunden. Als die Beiden auf dem Heimweg waren, zog plötzlich ein heftiges Gewitter auf. Der Kalk reagierte mit dem Regenwasser und wurde brennend heiß. Um seinen Esel zu löschen und trieb er ihn in einen Karpfenteich, schaffte es dann aber nicht mehr das Tier aus dem Teich zu retten. 

Wochen später ging ein Karpfenfänger zum Fischen an den Teich und warf seine Angel hinein. Nach kurzer Zeit hatte etwas sehr Schweres angebissen. Der Angler rannte sofort zum Bürgermeister und erzählte ihm von dem riesigen Karpfen, den er gefangen hat. Mit gemeinsamer Anstrengung gelang es ihnen den Fang an Land zu ziehen - doch statt eines Prachtkarpfens kam der Esel zu Vorschein. 

Diese peinliche Aktion machte natürlich schnell die Runde. Und deshalb nennt man die Lichtenauer auch heute noch „Karpfenfänger“.

Warum heißen Gießener auch "Schlammbeiser"?

Früher, als es noch keine Kanalisation wie bei uns gab, mussten die Menschen ihr Geschäft in Kübel füllen und diese dann aus dem Fenster hängen oder vor die Tür stellen. Dann kam ein armer Tropf mit einem "Schlammb-Eisen" - das war eine gaaaanz laaange Eisenstange mit Haken unten dran. Damit holte er die Kübel ab und zog mit seiner Schubkarre weiter durch die engen Gassen von Gießen! Heute sind die Gießener stolze Schlammbeiser und haben seit 2005 sogar ein bronzenes Schlammbeiser-Denkmal.

Woher kommt der Spitzname "Ratzverbrenner" für Birkenbringshausen?

Schuld an allem ist ein kleines süßes Tierchen mit weißer Schnauze und langen Schnurrbart: der Ratz, auch Iltis genannt. Auf den waren die Birkenbringshausener stinksauer! Denn immer wieder macht sich der kleine Räuber an den Hühnergehegen der Bauern zu schaffen. Irgendwann war es den Einwohnern zu viel, sie machten sich auf die Suche nach seinem Bau und steckten das Versteck ihn in Brand. Leider fackeln Sie dabei fast den halben Ort ab.

Nur den frechen Ratz kratzt das ganze Trara nicht. Er kann fliehen, ohne dass ihm auch nur ein Haar gekrümmt wird. Und so leben die Bikenbringshausener bis heute mit dem schönen Spitznamen: die Ratzverbrenner!

Warum heißen die Schiersteiner "Stifterappler"?

Die Schiersteiner Jungs waren früher richtige Aufreißer. Jedes Jahr auf der Kerb im Nachbarort, in Dotzheim bekamen Sie die schönsten Mädchen ab. Ihr Trick: Sie haben sich immer mehrere Stifte aus Metall in ihre Hosentasche gepackt und damit wild rumgeklimpert. Die Dotzheimer Mädchen, dachten bei dem Geklimper immer: "Mensch, die Jungs, die müssen aber viel Geld haben" Erst später merkten Sie dann, dass sie auf einen Trick reingefallen sind. Von den Schiersteinern "Stifterapplern".

Wieso nennt man die Eppsteiner "Pflasterschisser"?

Eppstein hat schon ziemlich früh Stadtrechte bekommen und als stolze Stadt dann seine Hauptstraße gepflastert. Das musste natürlich finanziert werden, darum konnten sich Eppsteiner Bürger Teile der "Edelmeile" pachten und dort dann Wegezoll verlangen. Die Nachbarn aus Vockenhausen, die jetzt jedes Mal, wenn sie nach Eppstein rein wollten, Pflasterzoll zahlen mussten, fanden das gar nicht so toll. Deshalb nannten sie die Eppsteiner von nun an: „Ihr Eppsteiner Pflasterschisser“!

Woher kommt der Spitzname "Dietemänner" für Eschwege?

Einst, im 17. und 18. Jahrhundert herrschte in und um Eschwege das Rittergeschlecht der Diede zum Fürstenstein. Tapfere Ritter, genannt „Die Dietemänner“, die aufgepasst haben, dass auf der Salzstraße zwischen Bad Sooden Allendorf und Eschwege alles mit rechten Dingen zugeht. Und weil die größtenteils in Eschwege wohnten, nennt man die Eschweger noch heute „Dietemänner“. Und das finden die klasse. So toll, dass seit 1927 auf dem Eschweger Landgrafenschloss jede volle Stunde der Dietemann als Figur aus seinem Turm kommt und in sein Horn bläst.

Wieso werden die Hirzenhainer "Mondstürmer" genannt?

Die Hirzenhainer warn gesellige Leute und saßen abends gerne im Freien zusammen. So auch in einer besonders klaren Sommernacht um das Jahr 1910. Und nach zwei, drei Bierchen sahen sie es plötzlich: Feuerschein! Der Gutshof auf dem Hügel steht in Flammen! So schnell wie es mit ein paar Promille möglich ist rannten die Hirzenhainer den Berg hinauf.

Als sie dann endlich oben warn, kam die bittere Erkenntnis: Da war gar kein Feuer! Es war nur der Mond. Der schien so hell und rot. Doppelt dumm, dass die Nachtbardörfer nicht so viel getrunken hatten und den Hirzenhainern ihren Spitznamen verpassen: "Hirzenhaaner Mondstürmer". 

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