Kreuz & Quer am 27.08. - Willkommen im Zirkus

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Also wir sind jetzt in Michelstadt, Steinbach, ein Ortsteil, den gab es so damals jetzt noch nicht. Aber hier steht eine Basilika. Antje Vollmer ist bei mir, sie ist Stadtführerin in Michelstadt. Jetzt hat Einhard sich hier eine Basilika hingestellt, hinstellen lassen. Was war der Grund, dass er sich diesen Ort hier ausgesucht hat für seine Basilika? Einhard hat sich Michlins da tatsächlich vermutlich ausgesucht, weil er den Ort kannte. Das war seine Vorstellung, hier nicht nur seinen Lebensabend, sondern am Ende auch seine letzte Ruhe hier zu finden. Das heißt, es war seine letzte Ruhestätte, so geplant, wahrscheinlich zusammen mit seiner Frau. Wieso ist es denn dazu dann gekommen, sich hier eine Basilika hinzustellen und nicht, wie man es sonst so kennt, vielleicht ein imposantes Mausoleum oder ein Grabstein, der ein bisschen auffälliger ist? Warum denn gleich eine Basilika? Nun, wir sind in einem sehr alten Glaubensverständnis unterwegs und es stand ganz fest, nur der, der ohne Sünde ist, wird ins Himmelreich kommen. Und da brauchte man Fürsprecher. Keiner der damaligen Katholiken ging davon aus, selbst ohne Sünde zu sein. Auch Einhard hat alle seine Briefe unterschrieben mit Sünde Einhard. Die Fürsprecher waren die Heiligen. Diese Gebeine, die anzubeten, das brachte deren Fürsprache. Man musste natürlich ordentlich für sie sorgen. Der Bau einer Basilika dürfte Fürsprache genug erzeugen. Und so war der Plan von diesen Heiligen dann am Ende ins Himmelreich hineingebracht zu werden. Für diese Religien musste er irgendwie sorgen. Also diese Knochen dieser beiden Heiligen, die hier eigentlich sein sollten. Wo hat er die denn herbekommen? Er hat damals einen Privatsekretär gehabt, Radleig, der diese Heiligen für ihn besorgt hat. Das war ein richtiger Handel, ein Kataloghandel. Tatsächlich hat Einhard in Aachen einen Mann kennengelernt namens Deus Dona. Und er hatte einen Katalog bei sich und er konnte aussuchen. Sechs Fußnägel, drei Haarsträhnen und dann bring mir da noch einen Zahn mit. Und mit diesem Bestellzettel ging Radleig, der Privatsekretär Einhards, mit Deus Dona nach Rom. Aber dort ging dann leider einiges schief. Deus Dona konnte nicht liefern und Radleig musste organisieren. Und auf, nennen wir es halblegalem Wege, kam er dann in den Besitz von zwei besonderen Superprominenten der Heiligen Welt, Marcellinus und Petrus. Was war sozusagen das Problem? Weil sie sind ja heute nicht mehr hier. Tatsächlich kannte jeder Katholik, der jemals einer Heiligenmesse beiwohnte, diese beiden Heiligen. Denn sie werden in der Kanon Misa an Stelle sieben und acht vorgelesen. Als man mit den Heiligen über den Alpen war, hat sich ein Pilgerstrom von Tausenden angehängt. Und die kamen mit nach Steinbach. Michelinstadt hatte eine Einwohnerschaft von 100 Menschen. Die Lebensmittelproduktion war darauf abgestellt und von den Pilgern hatte keiner ein Lunchpaket dabei. Das stellte Einhard vor eine nicht zu lösende logistische Aufgabe. Nun war Einhard mit der Lösung relativ schnell bei der Hand. Er hatte eine zweite Besitzung von Ludwig dem Frommen erhalten. Es war Obermulinheim, das heulige Seligenstadt. Er selbst dürfte diese Entscheidung aber nicht treffen, sonst wäre er in Ungnade gefallen. Er musste diese Entscheidung die Heiligen treffen lassen. Und so in Zeichen und Wundern haben sie ganz deutlich und laut verkündet, wir wollen hier weg, wir wollen nach Obermulinheim. Wie haben Heilige oder zumindest die Reliquien das denn kundgetan, dass sie hier nicht bleiben wollen, sondern ins heutige Seligenstadt wollen? Das ist über Zeichen und Wunder geschehen. Sie waren in fränkischer Tradition in ihren Sarkophagen in der Hauptabsis des Chores aufgebaut und die Knechte von Radleich haben sie bewacht. Die schlafen ein und dann träumten sie. Die Tauben, die aus der Absis zu ihnen sprachen, sprachen mit der Stimme des heiligen Marcellinus. Sie träumten, der heilige Marcellinus direkt sei ihnen erschienen. Und dann, das war der Höhepunkt, kam ein Bote zu Einhard und vermeldete, Herr, es tropft Blut aus dem Sarkophag. Einhard beschreibt in seinem Standardwerk, wie er selbst dieses Phänomen prüfte. Er prüfte dieses Blut und er beschreibt, es sei tatsächlich flüssig wie von Wasser. Es sei tatsächlich rot wie Blut und es schmeckte salzig wie von Tränen. Tatsächlich hat er Sack und Pack gepackt und hat am 16. Januar 828 mit den Heiligen, mit seiner Frau, mit dem ganzen Apparat Michlinstadt verlassen und ist in Richtung Seligenstadt abmarschiert. Einen Tag später, am 18. Januar, kamen sie in Seligenstadt an und Michlstadt ist zurückgestürzt in den Nebel der historischen Bedeutungslosigkeit, aus dem er uns für einen Moment mal hervorgeholt hat. Seligenstadt, da hat er ein neues Kloster gebaut, eine Märtyrerkirche der Sonderklasse, die heute noch dort steht. Und das Schöne ist, heute können wir immer noch diesen Weg, den die Heiligen damals genommen haben, sozusagen nachvollziehen, entweder mit dem Fahrrad oder eben auch sogar zu Fuß, auf dem Einhardweg, der uns von Michlstadt, von der Basilika hier in die Basilika in Seligenstadt führt.