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Nancy Faeser will im Oktober Ministerpräsidentin in Hessen werden. Ihr Amt als Innenministerin will sie dafür nicht aufgeben. Das habe weiterhin oberste Priorität. In Zeiten wie diesen werde es sowieso einen anderen Wahlkampf geben müssen, sagt sie zu mir im Gespräch. Für die Mutter eines siebenjährigen Sohnes gilt der Satz, hinter jeder starken Frau steht ein starker Mann. So ist es. Er kümmert sich um unseren Sohn, um unseren Kleinen und arbeitet und schmeißt den Haushalt. So ist es. Viele Männer werden umgekehrt nicht gefragt, wie sie das schaffen, wenn sie Kinder haben. Ich würde mich freuen, dass das häufiger gefragt wird. Warum sie die Vehemenz der Kritik an ihrer Kandidatur etwas überrascht hat, sie mit 17 Jahren mit den Grünen geliebäugelt hat und warum ihr Vater sie politisch sehr geprägt hat, darüber sprechen wir in diesem Podcast. Herzlich willkommen, Nancy Faeser. Guten Morgen. Wie geht es Ihnen, Frau Faeser? Mir geht es sehr gut. Ich habe jetzt ein sehr schönes Wochenende hinter mir mit einer einstimmigen Nominierung. Ich habe damit gar nicht gerechnet, dass es so überwältigend sein wird. Insofern geht es mir sehr gut. Haben Sie nicht mal gesagt, einstimmig bei der SPD kommt nicht vor? Nein, das habe ich noch nicht gesagt. Das kommt immer mal vor. Ich habe das erlebt auf der kommunalen Ebene. Ich bin schon sehr lange Ortsvereinsvorsitzende. Da bin ich es durchaus mal gewohnt gewesen, auch 100 Prozent zu bekommen. Aber das ist ja eher etwas Besonderes vor Ort. Da ist man sehr verwurzelt. Insgesamt in der hessischen SPD, das hat mich schon sehr gefreut. Ich muss auch gestehen, sehr berührt. Das ist bestimmt ein schönes Gefühl gewesen, nicht nur dieses Einstimmige, auch so gewollt zu werden, getragen zu werden. Sie wollen Ministerpräsidentin in Hessen werden. Es ist natürlich aber auch viel Kritik hochgekommen. Hat Sie die Vehemenz der Kritik überrascht? Ja und nein. Nein, weil ich es natürlich gewohnt bin. Ich bin Bundesinnenministerin, ich trage viel Verantwortung. Natürlich gibt es gerade im Innenbereich schwierige Themen manchmal. Da bin ich Kritik gewohnt. Insofern ist das nichts, womit ich nicht umgehen könnte. Das geht auch wieder weg. Meinen Sie? Ja, da bin ich ziemlich sicher. Überrascht insofern, dass ich doch gerade die Kritik, die ja kam, war ja insbesondere, kann man Bundesinnenministerin bleiben und gleichzeitig für ein anderes Amt kandidieren? Das hat mich schon ein bisschen überrascht, die Vehemenz. Weil das machen Menschen ja tagtäglich. Das ist eine demokratische Selbstverständlichkeit. Ob das der Ministerpräsident in Hessen ist, der kandidiert aus einem Amt heraus. Ob es früher immer Angela Merkel war, die aus dem Amt der Bundeskanzlerin als Bundeskanzlerin kandidiert hat. Andere kandidieren für andere Ämter aus anderen Ämtern heraus, wie Herr Laschet, der war Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Hat in dem Ministerpräsidentenamt kandidiert für einen Bundeskanzler. Es gibt einfach zahlreiche Beispiele. Das überrascht mich schon ein bisschen. Da kommt bei mir auch ein bisschen allmählich Zweifel auf, ob es nicht gerade ist, weil ich eine Frau bin. Das andere sind alle Männer, die ich gerade aufgezählt habe. Aber auch da ist es ja selbstverständlich. Auch die Ministerpräsidentin, die gestern hier war, die wir unterstützt haben, Malut Reyer, Anke Rehlinger, auch die haben aus Ämtern heraus kandidiert. Aber denken Sie an Norbert Röttgen, dem hat es nicht gut getan. Der war ein Mann. Der war ein Mann, aber überhaupt nicht vergleichbar mit mir. Der hat allein aus der Berliner Perspektive kandidiert. Der war nie im Landtag. Ich selbst bin tief verwurzelt in Hessen. Ich war 18 Jahre lang im Landtag. Meine Heimat ist hier. Ich war 30 Jahre Kommunalpolitikerin. Also ich kenne Hessen doch sehr gut von der Pike auf. Ich habe nie Zweifel daran gelassen, dass ich im Landtag sehr verwurzelt war und hier viel Landespolitik schon gemacht habe. Jetzt kriegen wir auch ganz normale Menschen, Ihre Wählerinnen, Ihre Wähler, die Sie im Oktober wählen oder auch nicht wählen, haben trotzdem ein Problem, ob das zu schaffen ist. Innenministerin, Sie wissen selbst, wie wichtig dieser Ministerjob ist. Kann man das zusammen machen? Ich bin sicher, dass das geht, sonst würde ich es nicht machen. Was natürlich bei mir Priorität hat, ist, das Amt nicht zu vernachlässigen. Es ist, wie Sie sagen, ein sehr wichtiges. Ich bin für die Sicherheit der Menschen in Deutschland verantwortlich. Ich bin sicher, dass man immer noch Zeiten hat, es geht zulasten meiner Freizeit, es geht zulasten meiner Familie dieses Jahr, der Wahlkampf. Das ist völlig klar. Deswegen habe ich das natürlich insbesondere mit meinem Mann auch besprochen, ob ich diesen Schritt gehe. Ich glaube, da wird man es natürlich merken. Aber für einen begrenzten Zeitraum, das sind acht Monate, das wird sicherlich der Fall sein. Das haben Sie in Interviews schon mal erwähnt. Man könnte in Ihrem Fall den Satz abwandeln, hinter einer starken Frau steht ein starker Mann. So ist es. Er kümmert sich um unseren Sohn, um unseren Kleinen und insofern arbeitet und schmeißt den Haushalt. So ist es. Ich glaube, viele werden umgekehrt gar nicht gefragt, wie sie das eigentlich schaffen, wenn sie Kinder haben. Ich würde mich freuen, dass das häufiger mal gefragt wird, wie man das bewältigt. Ich frage es wirklich oft. Ich habe auch das Gefühl, dass da schon so ein Wandel stattgefunden hat. Diese Frage ist ja gerechtfertigt, aber wenn, dann muss man sie beiden stellen, Männern und Frauen. Absolut. Ich finde es schön, dass Sie es machen. Ich bin ja selber Frau, Berufstätigende, habe zwei Kinder. Insofern weiß ich, wovon ich rede. Was man da im Hintergrund braucht. Wer war der erste oder die wichtigsten Menschen, mit denen Sie diese Entscheidung besprochen haben? Mit meinem Ehemann, natürlich. Ich habe natürlich erst mal selbst für mich abgewogen, was ist für mich wichtig. Aber es ist für mich Herzensangelegenheit, in Hessen anzutreten, die erste Ministerpräsidentin in diesem schönen Bundesland zu werden. Natürlich habe ich das als allererstes mit meinem Mann besprochen. Schaffen wir das mit der Familie? Wie könnte das klappen in diesem Jahr? Ist das vereinbar? Dann sind wir gemeinsam zu dem Ergebnis gekommen, dass wir das gut hinbekommen. Insofern haben wir uns dann entschieden, das zu machen. Sie haben in der Familie auch Ihre Mutter. Ganz allein kann der Mann ja auch nicht alles stemmen, oder? Das Schöne ist, dass sowohl meine Mutter da ist, auf die wir uns jederzeit verlassen können, als auch, wir haben einen sehr großen und guten Freundeskreis. Auch da wird viel gestemmt. Warum sollen die Menschen Sie als Ministerpräsidentin wählen und nicht Boris Rhein? Ich mache den Menschen in Hessen ein Angebot. Ich trete dafür an, dass Hessen moderner, sozialer, stärker wird. Dieses wunderbare Bundesland ist ein sehr starkes Bundesland, ein sehr wirtschaftsstarkes Bundesland. Ich glaube, dass wir weit hinter unseren Möglichkeiten zurückbleiben. Ich bin davon überzeugt, dass wir mehr machen müssen für gute Arbeitsbedingungen, für gerechtere Löhne. Ich glaube, dass wir uns vor allem dafür sorgen müssen, dass wir in der Zukunft noch Arbeitsplätze haben in Hessen, und zwar gute und gut bezahlte. Industriearbeitsplätze sind in der Regel durch wertvolle Arbeit der Gewerkschaften und gute Tarifrunden gut bezahlt. Mittlerweile sind durch Arbeitsschutz auch von den Bedingungen her so, dass Menschen dort gerne arbeiten und ausreichend Lohn bekommen. Die für die Zukunft zu behalten, dass Hessen auch in Zukunft ein starker Industriestandort sein wird. Darum geht es. Da geht es um viele Aufgaben. Der Transformation ist immer so ein sperriger Begriff. Aber es geht natürlich um den Wandel auf dem Arbeitsmarkt. Wir haben Digitalisierung, das viel verändern wird. Aber auch der Klimawandel verändert Produktionsweisen. Wir müssen sehen, dass wir das alles umweltfreundlich umstellen, damit beide profitieren, Umwelt und die Menschen. Es geht darum, die Arbeitsplätze fest im Blick zu haben. Ich sehe da eine echte Lücke, weil sich niemand darum kümmert in Hessen. Das ist einer der wichtigsten Bereiche. Es bezieht sich aber auch auf den Dienstleistungsstandort. Wir sind auch ein sehr starker Dienstleistungsstandort. Aber auch da müssen wir gucken, was die zukunftsfähigen Arbeitsplätze in Hessen sind. Mir geht es auch darum, dass wir der Karstadt-Mitarbeiterin sagen können, es gibt auch in Zukunft in Hessen weitere Arbeitsplätze für dich. Das ist mir ein ganz wichtiger Bereich. Ein klassisches Thema für ein Land ist Bildung. Das treibt mich selbst sehr um und schon sehr lange. Dass wir gerade in einem solchen wirtschaftsstarken Bundesland die Prioritäten dort anders setzen. Dass wir mehr Geld für Bildung ausgeben. Dass wir dafür sorgen, dass es ausreichend Lehrerinnen und Lehrer gibt. Dass wir hingucken, wie kriegen wir es tatsächlich hin, dass alle Kinder ihre Talente auch entfalten können. Bislang ist es in Hessen leider immer noch so, dass der Geldbeutel darüber entscheidet, wie der Bildungserfolg eines Kindes ist. Und das muss aufhören. Wir müssen dafür sorgen, dass es für alle Kinder die gleichen Chancen gibt. Und dass es nicht davon abhängt, ob sich Eltern kümmern können, ob Eltern die notwendige Zeit, die Kraft und die Fähigkeit haben, das Kinder selbst durch die Schulzeit positiv zu begleiten. Sie sind in einem politischen Haushalt groß geworden. Ihr Vater hat immer Politik gemacht, war lange Bürgermeister in Hessen. Ein sehr beliebter Bürgermeister. Bürgernah, habe ich jetzt so ein bisschen gelesen, haben mir die Menschen beschrieben. Sogar Roland Koch hat ihn sehr gelobt. Also von der anderen Partei. Ich habe mir so überlegt, leider ist er viel zu früh gestorben, Ihr Vater. Haben Sie manchmal daran gedacht, was er sagen würde, wenn er das jetzt mitbekäme? Ich glaube, er wäre sehr stolz. Ihr Vater ist SPD-Mitglied. Jetzt habe ich auch über Sie gelesen, dass Sie ein bisschen rebellisch waren als Jugendliche. Und habe mich natürlich gefragt, wo ist das Rebellentum, wenn Sie dann in die, Sie sind mit 18 in die SPD eingetreten. Ist jetzt, wenn man guckt, vielleicht gar nicht so rebellisch gewesen? Doch, am Anfang ja. Vor allem, wenn man einen starken Vater hatte in der Partei, vor Ort im gleichen Ortsverein. Und gerade als Teenager war es für mich so, dass man natürlich dann auch schon aus Prinzip manchmal gegen die Dinge war, die der Vater gut fand. Insofern war das durchaus ein Spannungsverhältnis im politischen Raum. Aber es hat mich, glaube ich, sehr geprägt. Und er hat mich sehr geprägt, er kommt ja aus Duisburg. Und die Duisburger SPD ist eine sehr pragmatische, eine sehr lebensnahe. Und das hat mich schon für mein politisches Leben sehr begleitet. Also zum einen natürlich die Kommunalpolitik. Ich bin ja auch sehr früh dann in die Kommunalpolitik gegangen. Und es ist eben was anderes, wenn Sie Politik für Menschen in Ihrer Freizeit machen. Und aber trotzdem jederzeit für jede der Entscheidungen, die Sie treffen, auch Rede und Antwort stehen zu müssen. Sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern erklären können, warum Sie das jetzt so entschieden haben, warum das aus Ihrer Sicht besser ist, warum es den Menschen hilft. Man macht das ja nicht zum Selbstzweck, sondern macht das ja für andere, um die eigene Gemeinde weiterzuentwickeln, um darum zu ringen, wie kann sich so eine Stadtgesellschaft auch nach vorne entwickeln? Was ist wichtig? Und mein Vater hat sehr weitreichende Entscheidungen getroffen in der Stadt. Das hat mich sehr beeindruckt. Er hat die Stadt der Altenpflegeeinrichtung angesiedelt. Er hat dafür gesorgt, dass die Weichen gestellt wurden, um Schulkinderhäuser in den Schulen zu etablieren. Also Nachmittagsbetreuung an Grundschulen, die es bis heute sehr verlässlich gibt. Und das sind schon große Entscheidungen auch gewesen. Eine Bibliothek angesiedelt. Und da merkt man, wie viel man bewegen kann vor Ort für andere. Und bis heute hat mich geprägt, dass man eben alle Entscheidungen, die man politisch trifft, auch überlegen muss, was ist der Nutzen davon? Was haben die Bürgerinnen und Bürger davon? Nutzt es ihnen oder nicht? Oder auch nochmal nachzudenken, einfach zu gucken, abzuwiegen, zu sagen, ist es jetzt wirklich richtig? Und dann aber auch den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, warum man das macht. Klingt fast so, als dass man als Kommunalpolitikerin manchmal mehr bewegen kann als Ministerin. Nein, das glaube ich nicht. Ich habe in dem einen Jahr schon sehr viel bewegt, schon sehr viel auf den Weg gebracht. Auch große Veränderungen, auch hinsichtlich eines modernen Einwanderungslandes mit Fachkräfteeinwanderungsgesetz und auch Staatsangehörigkeit, weil ich der festen Auffassung bin, dass wir uns auch unserem europäischen Umfeld ganz anders anpassen müssen. Wir müssen uns schon die Frage stellen in Deutschland, warum beklagen wir diesen Fachkräftemangel so sehr oder viel zu wenig. Das war mir auch ein großes Anliegen, dass wir das anders auf den Weg bringen. Das habe ich getan und viele andere Veränderungen eben auch. Gerade auch in der Frage, wie können wir unsere Demokratie schützen. Wir haben nach dem Ausbruch des furchtbaren Krieges von Putin in der Ukraine auch eine Zeitenwende in der inneren Sicherheit erlebt. Wir haben uns ganz anders aufstellen müssen im Hinblick auf Cybersicherheit, auf die Frage der Desinformationskampagnen. Wir sehen bis heute eine milliardenschwere Kampagne Russlands in der Frage Desinformation. Sich da anders aufzustellen, Strukturen dafür zu schaffen, wir haben eine ressortübergreifende Taskforce, um darauf reagieren zu können. Das sind schon Dinge, die man als Ministerin natürlich auch im Großen sehr, sehr stark bewegen kann. Trotz allem machen Sie diesen Wahlkampf in Hessen. Sie wollen Ministerpräsidentin werden. Dann heißt es Ministerpräsidentin Platz 1, Innenministerin Platz 2. Kann man es so formulieren? Salopp formulieren. Nein, aber es geht ja um viel mehr. Es geht ja um die Verantwortung, die ich dort übernommen habe. Olaf Scholz hat mir ein sehr verantwortungsvolles Amt übertragen. Ich arbeite dort sehr gerne und ich habe ja auch dort gesagt, dass ich diese Verantwortung übernehmen will. Darum geht es ja. Jetzt habe ich mich entschieden, in Hessen Verantwortung zu übernehmen, an vorderster Stelle. Ich habe immer gesagt, wenn das nicht klappen sollte, ich mache den Bürgerinnen und Bürgern ein sehr klares Angebot, dass ich als Ministerpräsidentin nach Hessen kommen würde. Wenn das nicht klappen würde, würde ich meiner Verantwortung weiter gerecht werden, die ich dort in Berlin eingegangen bin. Was haben Sie gedacht, oder vielleicht sagt das ja ständig am Telefon zu Ihnen, ich weiß es nicht, aber als Olaf Scholz, das haben wir ja alle in der Öffentlichkeit mitbekommen, ist mir noch nicht so aufgefallen, dass er so aus sich raus geht, so lobt. Er hat über Sie gesagt, gerade auch hier in Hessen hat er das gesagt, Frau Faeser, Sie seien eine großartige Frau, großartige Leistung. Was haben Sie gedacht? Haben Sie ihn gleich angerufen? Ich habe ihm eine SMS geschickt. Hast du schön gesagt. Nein, er hat mich dafür bedankt, weil ich das als großen Ausdruck der Wertschätzung empfinde und natürlich freut man sich sehr darüber. Es ist einem deutlich aufgefallen, wenn man ihn so sonst in der Öffentlichkeit sieht. Waren Sie eigentlich überrascht? Kommt das über einen Anruf? Wird man angerufen und der Kanzler ist dran und sagt, ihr duzt euch, oder? Genau, wir duzen uns in der SPD. Ich kannte Olaf Scholz auch davor schon ziemlich lange, weil Olaf Scholz war ja auch selbst mal Innensenator in Hamburg. Aus dieser Zeit kenne ich ihn noch, ich habe ja 15 Jahre lang Innenpolitik gemacht im Hessischen Landtag. Ja, so ist es. Man kriegt einen Anruf und wird dann tatsächlich gefragt. Menti, willst du? Ja. Und Sie haben sofort gesagt, ja Olaf. Ja, ich habe natürlich gesagt, dass ich das kurz mit meinem Mann besprechen würde. Auch das muss man ja abwägen, es ist ja kein leichter Schritt, auch die Stadt zu wechseln und all die Bedingungen, die da drum herum sind. Insofern habe ich auch das mit meinem Mann kurz besprochen. Aber die Entscheidung ist ziemlich schnell gefallen. Waren Sie überrascht? Zu diesem Zeitpunkt ja. Ich war ja in früheren Zeiten schon mal im Gespräch, auch nach Berlin zu gehen. Insofern, dass es jetzt nicht ganz aus dem Nichts kommt. Aber in dieser Situation, zu dieser Zeit war ich sehr überrascht. Also Sie machen schon sehr lange Politik, auch natürlich Kommunalpolitik in Hessen und kennen das politische Geschäft ziemlich gut. Trotzdem wird das natürlich jetzt, es war schon hart, auch mit dem Krieg in der Ukraine und mit den Belastungen. Es wird alles noch viel härter und Sie werden natürlich jetzt, ich kann mir die Überschriften schon vorstellen, immer wieder darauf angesprochen werden. Und wenn nur mal eine Kleinigkeit schief geht als Innenministerin, wird man Ihnen das immer wieder aufs Brot schmieren, sehr salopp formuliert. Sind Sie dem gewappnet? Ja, na klar. Also ich habe gerade jetzt ein, ich sag mal, sehr forderndes Jahr hinter mir. Sie haben es angesprochen, Krieg in der Ukraine, was natürlich ganz unmittelbare Auswirkungen auf Deutschland hat. Ich habe es angesprochen, Desinformation, Cybersicherheit, der Schutz der kritischen Infrastruktur. Auch dort habe ich ja ein ganz großes Gesetzesvorhaben jetzt schon angeleiert. Wir haben schon Eckpunkte dazu im Kabinett auch beschlossen. Und wir werden die kritische Infrastruktur dadurch auch gesetzlich schützen und verankern. Und das, was ich dort erlebt habe, was das für die Menschen bedeutet, jetzt in der Folge Energiekrise, steigende Lebensmittelpreise, das sind alles die entscheidenden Dinge. Es geht um das große Ganze und sich darum zu kümmern. Und das steht im Fokus. Ob mich jetzt jemand kritisiert, weil er meint, das sei jetzt Wahlkampf oder nicht, das steht für mich nicht so sehr im Fokus. Ich glaube, dass ich mit Kritik gut umgehen kann, sonst darf man ein solches Amt nicht übernehmen. Und das werde ich in den nächsten Monaten auch mit der notwendigen Gelassenheit ertragen. Woher haben Sie diese Stärke? War die schon immer da? Weil da gehört ja schon was dazu, selbst als Politiker, um auch nicht ganz, ich glaube, auch nicht so ganz hart zu werden. Woher kommt das? Also ich glaube, man wächst natürlich an seinen Aufgaben. Und ich habe ja verschiedene Aufgaben in der Politik auch schon gehabt. Ich war aber auch als Anwältin tätig, habe dort auch sehr viel gearbeitet. Also ich bin es gewohnt, meinen Tag sehr diszipliniert zu strukturieren. Das habe ich in der Anwaltskanzlei gelernt. Ich habe ja in einer großen Wirtschaftskanzlei gearbeitet und auch sehr lange als Anwältin gearbeitet. Und insofern prägt einen das natürlich. Aber man lernt in der Politik natürlich dazu. Für mich war immer wichtig, bei mir selbst zu bleiben, noch ich zu sein. Und ich habe mir immer vorgenommen, wenn das nicht mehr der Fall ist, wenn plötzlich alle sagen, oh, wo ist die Empathie hin? Die ist überhaupt nicht mehr nett und ist überhaupt nicht mehr in der Lage, auch, sage ich mal, Dinge an sich ranzulassen oder das zu verlieren, auf Menschen zuzugehen, dann hätte ich aufgehört. Ich glaube, das ist der Zeitpunkt, das war für mich immer wichtig, bei mir selbst bleiben zu können und dafür auch alles zu tun. Und insofern diese Option aber auch zu haben, zu sagen, man kann auch jederzeit wieder rausgehen aus der Politik, weil man hat da noch einen bürgerlichen Beruf, hat mich, glaube ich, sehr viel gelassener gemacht als vielleicht manch andere. Mir ist es gerade auch aufgefallen, also natürlich gibt es noch viel schlimmere Vorfälle, mit dem Krieg in der Ukraine, da sterben noch viel mehr Menschen. Aber ich habe Sie da beobachtet, als diese beiden jungen Menschen in diesem Regionalzug ermordet wurden, 17 und 19 Jahre alt, und dann sind sie relativ schnell vor die Presse. Aber ich und ich glaube auch die anderen Menschen, also ich habe gespürt, das geht Ihnen sehr nah und man hat es auch gesehen. Natürlich geht einem das nah. Man muss ja die Balance finden. Ja, genau, das ist es. Das muss man tatsächlich für sich finden und man muss auch gucken, dass man das kann, weil das ist ein unermessliches Leid, gerade als Mutter ist man fassungslos bei einer solch erschütternden Tat und gerade eine 17-Jährige und eine 19-Jährige so früh aus dem Leben gerissen, das ist wirklich das Schlimmste, was einem als Mutter, als Vater passieren kann. Und natürlich geht einem das nah und es geht mir auch nah, wenn ich mit den Rettungskräften, mit den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten spreche, mit der Feuerwehr, die vor Ort direkt waren, was es auch mit denen macht und welchen wertvollen Job sie leisten. Aber so verstehe ich meine Aufgabe, dass ich zumindest für all diese Menschen da bin und hinfahre und denen etwas Stärke gebe. Das ist, glaube ich, sehr wichtig, weil das machen viele Rettungskräfte und Feuerwehr im Ehrenamt. Und ich finde es das Mindeste, wenn man politische Verantwortung trägt, dann auch hinzufahren und für sie da zu sein. Und ja, das geht einem nah, das nimmt man nicht einfach so und kann das weglächeln, im Gegenteil, das nimmt man auch mit nach Hause. Aber es gehört halt dazu. Hat man gemerkt. Wahlkampf in Zeiten des Ukraine-Krieges, so haben Sie es beschrieben, kann man nicht so machen wie sonst, auch darauf auf die Doppelrolle. Was heißt das jetzt für Ihre Hessen-SPD? Müssen die alles alleine machen? Nein, die müssen nicht alles alleine machen. Diese Hessen-SPD hat mich gestern mit 100 Prozent Rückhalt ausgestattet, worüber ich mich sehr, sehr freue. Und natürlich werden wir diesen gemeinsamen Wahlkampf auch gemeinsam stemmen. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass im Moment eben andere Zeiten sind, als es vielleicht in anderen Jahren der Fall wäre. Aber natürlich wird auch jetzt schon meine Freizeit etwas weichen müssen für Termine, die ich in Hessen mache. Aber es ist jetzt eben die Zeit, sich auch auf das Amt zu konzentrieren. Und das habe ich gesagt und das wird eben auch so sein. Jetzt hat das Innenministerium absoluten Vorrang in den nächsten Monaten noch. Und das ist ja auch etwas, was Boris Rhein als amtierender Ministerpräsident gesagt hat, dass jetzt nicht die Zeit für Wahlkampf ist. Es ist eben jetzt nicht an der Zeit, sich an Infostände zu stellen und um die eigene Partei zu werben, sondern jetzt ist die Zeit, die notwendigen Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen. Das wird er in seinem Job machen und das mache ich in meinem. Das wird ja interessant sein für uns Wähler, das zu sehen, wie das dann ausschauen wird, wenn das ein ganz anderer Wahlkampf ist. Also das wird spannend sein. Es gibt digitale Möglichkeiten. Wahrscheinlich wird das auch eine Rolle spielen. Und ja, also da sind wir als Wähler auch gespannt. Ja, mit Sicherheit. Es gibt ja ganz andere digitale Formate mittlerweile. Und ich glaube, es ist den Zeiten angemessen. Wir haben eben sehr ungewöhnliche Zeiten. Krieg mitten in Europa, das ändert vieles. Und das ändert natürlich auch eine Herangehensweise mit einem Wahlkampf. In einem Interview haben Sie gesagt, Ihr Sohn ist sieben, dass er im Moment, es hat sich ja schon ihr Leben als Innenministerin verändert und da hat man viel Sicherheitspersonal und so. Aber er findet es so ganz spannend mit den ganzen Polizeiautos. Also er findet es gut. Er findet das prima. Das liegt aber auch daran, dass ich tolle Leute um mich rum habe. Also die Sicherungsgruppe vom BKA sind einfach tolle Menschen. Die kümmern sich sehr um meinen Sohn und machen ihm das auch sehr leicht, damit klar zu kommen. Und ich glaube, das spielt eine große Rolle. Ja, natürlich. Und man muss natürlich auch versuchen, so einem Kind zu erklären, was macht man da eigentlich? Und natürlich ist der Polizeibereich das Spannende für Kinder, was ja auch was sehr Schönes ist. Also ich finde, diese Herangehensweise von Kindern, dieses Aufgucken hinsichtlich von Polizeibeamten, Feuerwehr, Rettungskräfte, ja, was ganz Tolles. Und wir gehen dem ja auch gerade nach, warum manche Jugendliche das irgendwann verlieren, die das als Kind auch hatten. Das ist eine ganz spannende Frage, die wir gerade auch im Zusammenhang mit der Silvesternacht gerade sehr nachgehen. Was passiert da eigentlich? Dass dieser Respekt, dieses Aufgucken auf Personen, die sich für andere einsetzen, ihren Kopf hinhalten, warum hört das eigentlich irgendwann auf oder wird schlechter? Generell ist es ja nicht so. Es sind immer noch Polizeibeamte, Rettungskräfte, Feuerwehr sehr beliebt in der Bevölkerung. Das sehr zu Recht. Aber wir müssen halt auch dahin gucken, wo es abnimmt. Das ist ja ein ganz großes Anliegen von Ihnen, schon immer gewesen. Sie haben Nachtwachen auf der Polizei verbracht. Woher kommt das? Also auch durch den Vater oder? Ja, im Prinzip an die Frage, wie man Politik macht. Ich habe Politik immer nicht nur vom Schreibtisch entschieden. Ja, auch das Aktenlesen gehört dazu. Das fällt mir jetzt als ehemalige Anwältin sehr leicht. Aber das zu verstehen, worum geht es denn da eigentlich? Was heißt denn das, wenn man nachts unterwegs ist? Wie fühlt man sich eigentlich am nächsten Tag, wenn man zwölf Stunden gearbeitet hat? Auch zu sehen, wie gehen die Menschen mit den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamtinnen um? Auch das mal mitzubekommen, diese zunehmende Respektlosigkeit. Das war mir schon sehr wichtig. Und das geht eben nur, wenn sie vor Ort sind. Und das haben wir ja in anderen Bereichen auch gemacht. Wir haben ja auch mal einen Tag im Kindergarten mitgearbeitet. Und auch da, finde ich, hat man für sich selber noch mal andere Erkenntnisse. Auch was das für eine Belastungssituation ist, wenn man den ganzen Tag mit, ja, wirklich auch aus großer Freude, lärmender Kinder dort den Tag verbringt. Und es sind sicher ja alles Berufe, die mehr Berufung sind. Sowohl der Polizeibeamte, die Polizeibeamtinnen, als auch die Erzieherinnen, der Erzieher, Lehrer, die unglaublich viel von sich selber dort auch geben an andere weiter. Und ich finde, das mal den ganzen Tag mitzubekommen, macht schon was mit allem. Und da hat man vielleicht noch mal einen anderen Blick darauf, was wichtig ist, als wenn man nur eine Stunde irgendwo hingeht und dann die Leitung von der Kita kennenlernt, die Direktorin in der Schule oder den Polizeipräsidenten. Auch wenn die alle sehr wertvollen Jobs erledigen. Und ich kann mir vorstellen, bei Ihnen zu Hause, wenn der Vater Bürgermeister ist, da war Politik immer Thema. Na klar. Und auch Naba, wenn nachts die Feuerwehr klingelt, weil irgendwas passiert ist. Der Papa muss raus. Ja, klar. Natürlich. Also das kennen Sie von klein auf? Ich kenne das von, ja, als Jugendliche. Nicht von klein auf, aber als Jugendliche. Und da kriegt man natürlich viel mehr mit. Ja, und natürlich bestimmt solche Erfahrungen einen selber dann auch. Natürlich. Stimmt es eigentlich, dass Sie überlegt haben, hätten es auch die Grünen sein können mit 18? Ja, ich würde vielleicht sagen mit 17. Ja, habe ich damals überlegt. Es war ja eine große Friedensbewegung. Ich kann das aus heutiger Sicht sagen, davon sieht man ja im Moment nicht so viel in dieser Partei. Aber das war für mich damals schon auch spannend. Natürlich gerade sich für die Umwelt einzusetzen, das auch auf die Tagesordnung zu setzen, das ist ja einer der großen Verdienste der Grünen, die das damals in der Zeit ja auch geschafft haben, dass andere Parteien dieses Thema auch für sich übernommen haben und erkannt haben, wie wichtig es ist, zu handeln. Und das fand ich schon ganz spannend. Letztlich war dann doch vielleicht die Familientradition die größere und für mich war letztlich entscheidend, mich für die SPD zu entscheiden, die aus meiner Sicht wirklich beeindruckende Historie, die die Sozialdemokratische Partei hat, weil sie immer, auch wenn es richtig schwierig wurde in der Geschichte, auf der richtigen Seite gestanden hat. Und das unter Einsatz des Lebens. Wenn man so jemanden wie Otto Wels im Bundestag hatte, der sich den Nazis entgegengestellt hat, obwohl das für ihn Gefahrenleib und Leben bedeutet hat, das hat mich sehr bewegt und war letztlich auch einer der Entscheidungskriterien für die Sozialdemokratie. Gibt es da große, außer dem Papa, große politische Vorbilder innerhalb der Partei? Ja, natürlich. Mich haben Menschen wie Willy Brandt, Helmut Schmidt sehr beeindruckt, wie sie gearbeitet haben, was sie auf den Weg gebracht haben und letztlich auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Mit welcher Ruhe und Überlegungsfähigkeit in diesen Tagen, die wirklich sehr schwer sind, zu entscheiden, liefert man tatsächlich Kriegswaffen in ein Kriegsgebiet. Wie muss das eingebunden sein, international sich nicht von Kritik ablenken zu lassen, sondern bei sich selbst zu bleiben und zu wissen, das ist viel zu wichtig, als dort Schnellschüsse zu machen, sondern es muss wohl überlegt sein. Das beeindruckt mich schon sehr. Das ist alles andere als Zögern, was man ihm immer unterstellt hat. Sie haben das jetzt ... Im Nachhinein geben ihm die Ergebnisse recht, aber im Verlauf der ganzen Diskussion war die Kritik sehr heftig an ihm. Und jemand, der nicht entscheiden kann, der sich immer duckt und zögert. Das ist richtig und er hat das alles ertragen, weil er wusste, dass es richtig ist, zu überlegen, das mit internationalen Partnern zu besprechen und auch wirklich nicht schnell zu entscheiden und zu sagen, was hat das möglicherweise für einen Einfluss. Weil selbstverständlich geht es darum, die NATO aus diesem Krieg rauszuhalten. Ist das ein Politikstil, den Sie auch auf sich beziehen würden? Ich glaube schon, dass ich mich unterscheide. Aber wenn es große Entscheidungen sind, noch mal zu überlegen, noch mal eine Nacht drüber zu schlafen, das schon. Ich finde, das ist man den Bürgerinnen und Bürgern auch schuldig. Ich glaube, dass ich offensiver kommuniziere als er. Das ist vielleicht auch eine Frage, wie man das gelernt hat, wie man Politik gemacht hat bisher. Für mich ist es auch wichtig, den Menschen immer zu erklären, was mache ich und warum. Ich als Amateurpsychologin, ich habe mir, wenn Sie mir erlauben, das zu bemerken, gedacht, dass er vielleicht gerade, auch gerade dieses Lob an Sie und dass er Sie auch als Innenministerin gewählt hat, vielleicht schätzt er das gerade an Ihnen, weil er das selber nicht so hat, diese kommunikativen Fähigkeiten. Ja, das weiß ich nicht. Ich glaube, dass wir beide in unterschiedlichen Rollen sind. Er hat eine sehr, sehr große Verantwortung im Moment für das Land, für auch andere Partner und auch für die Frage, wer sind unsere Partner weltweit. Ich finde, dass er das wirklich herausragend macht, indem er guckt, was sind Partner, die demokratische Regierungen haben, was könnten Partner für die Zukunft sein, was die Frage der Energielieferung betrifft, damit wir nicht mehr abhängig sind von Russland. Das ist das eine, aber auch das andere, internationale Partner zu haben, die die Demokratie gemeinsam verteidigen. Aber das ist schon erstaunlich, weil das ist ja nicht nur jetzt, dass Sie das sagen, man hat auch im Vorfeld nicht gehört von Ihnen, dass Sie das irgendwie kritisieren, aber auch innerhalb der SPD oder auch natürlich von anderen, von den Grünen, von der FDP, kam ja schon auch, obwohl Sie ja in einer Regierung sind, kam ja dann deutliche Kritik. Und das prallt alles so an ihm ab? Das ist eine Wahrheit, was ich sehr bewundere. Weil natürlich kann man sich dann auch mal ärgern darüber, wenn man überlegt, dass in solchen Zeiten, wo es um wirklich die Frage geht, Krieg oder Frieden, wirklich besonnen zu bleiben, sich darauf gar nicht einzulassen und das hinzunehmen, dass andere vielleicht die Gunst der Stunde nutzen wollen, weil es viel Öffentlichkeitswirksamkeit und Aufmerksamkeit dafür gibt. Das finde ich schon bewundernswert. Das ist schon ein großes Vorbild für mich. Knirscht es ein bisschen zu sehr? Ich weiß, Hessen ist wichtig, aber natürlich sind Sie Innenministerin und Teil des Kabinetts. Das haben wir ja mit den Menschen auch gesagt, ja, warum streiten die sich so viel? Es ist erst mal so, dass wir als Kabinett sehr gut zusammenarbeiten. Und selbstverständlich ist es mit drei Partnern etwas komplizierter als mit zweien. Aber ich glaube, dass diese Konstellation eine sehr wichtige und richtige für uns ist. Eine Konstellation, mit der manches nur möglich ist. Gerade in meinem Bereich die Frage einer neuen Einwanderungspolitik, einer anderen Herangehensweise an Offenheit und Vielfalt in der Gesellschaft, das ist, glaube ich, die ideale Kombination dafür. Und trotzdem sind alle politische Menschen, die in dieser Koalition arbeiten und dadurch entsteht häufig der Eindruck, ich glaube, es ist wichtig, sich bei den ganz großen Themen mehr zusammenzurücken und zu sagen, wir laufen jetzt in die eine Richtung. Was ist es, ich meine, Sie haben es schon, aber trotzdem ist es, ich finde es unglaublich spannend, weil es ist ja so viel Arbeit, die dahintersteckt. Und ich meine, Sie haben gesagt, Sie haben in der Großkanzlei gearbeitet. Sie wissen als Anwältin, es gäbe auch Berufe, wo Sie mehr verdienen könnten. Was ist diese Leidenschaft, warum Sie so gerne Politik machen? Naja, die Leidenschaft kommt daher, dass man sehr viel gestalten kann und sehr viel für Menschen erreichen kann. Sie können in der Politik wirklich auch die Weichen dafür stellen, zu sagen, wir wollen, dass diese Gesellschaft sich stabilisiert, dass sie offen ist, vielfältig ist, dass Menschen sich da wohlfühlen. Und ich finde, wir haben in Deutschland schon tolle Errungenschaften. Und dafür zu arbeiten, dort für diejenigen, die sehr viel für diese Gesellschaft leisten, für Polizeibeamte, Feuerwehr, Rettungskräfte da zu sein, Lehrerinnen, Lehrer, Erzieherinnen, Erzieher, auch das anders und positiv noch mal zu belegen, darum geht es mir, dafür kämpfe ich jeden Tag. Es geht darum, das Leben der Menschen zu verbessern. Jeden Tag ein kleines bisschen besser machen, das treibt mich an und das treibt mich sehr um. So wie Sie das beschreiben, hat es auch im Grunde mit den Berufen was zu tun. Also auch Lehrer, Polizisten, Rettungskräfte, da findet man so eine Ebene. Absolut und über die wird viel zu wenig geredet. Also ich wundere mich manchmal, dass alle ja gerne mitreden bei Bildung. Das ist so ein Klassiker, dass sich jeder berufen fühlt, weil er mal selbst in der Schule war. Jeder ist ja auch Fußballtrainer. Obwohl er nicht Fußball gespielt hat. Genau, das ist ähnlich. Jeder ist auch ein bisschen Fußballtrainer, das stimmt. Und statt auch darüber zu reden, welche Kraft die von sich selbst reingeben, Lehrerinnen und Lehrer und wie sehr sie das eben auch umtreibt, so wie Sie es gerade gesagt haben, das was ich gerade beschrieben habe, warum man das macht aus so einer doch sehr überzeugten Art, dass man mit diesem Beruf junge Menschen fähig macht, im Leben gut zurechtzukommen und gute Fähigkeiten zu erwerben, das finde ich, sollten wir viel häufiger herausstellen und auch lobend erwähnen und sagen, welch wertvoller Beruf das ist. Das kommt in Deutschland oft zu kurz. Da sind andere Länder weiter vorne, finde ich, in der Frage. Auch gerade diese doch sehr bedeutenden Berufe und auch sehr anstrengenden Berufe mal herauszustellen und zu sagen, wie viel die eigentlich für unsere Gesellschaft leisten und wie wichtig diese Berufe sind, da haben wir noch Luft nach oben. Die junge Generation hat einiges mitmachen müssen in der Corona-Zeit. Im Nachhinein hat Lauterbach ja auch gesagt, Schulen hätten nie geschlossen werden sollen und es kam diese Untersuchung, dass Depressionen bei Kindern zunehmen. Wie können wir das wieder gut machen? Also es stimmt, wir haben Fehler gemacht in der Zeit und es ist, glaube ich, auch wichtig, jetzt darüber zu reden und zu sagen, wie können wir das eigentlich aufarbeiten. Ich glaube, dass wir sehr viel Wert darauf legen müssen, dass die Jugendlichen, die jetzt dadurch Schwierigkeiten haben, weil sie zwei Jahre keine Freunde treffen konnten, in der Schule nicht, das Sozialleben für, ich finde gerade im Jugendlichenalter, so wichtig Zeit. Und das kommt einem ja auch viel länger vor, zwei Jahre, als wenn man schon etwas älter ist. Wie können wir das aufholen? Ich glaube, dass wir sehr, sehr gute auch psychologische Angebote machen müssen, dass wir in den Schulen sehr mit Schulsozialarbeit auch achten müssen, dass wir die Jugendlichen dort nicht verlieren, sondern dass wir das erkennen, wenn Jugendliche Bedarf haben, das noch aufzuarbeiten. Aber wir müssen auch gucken, wie war das für kleinere Kinder? Auch für die ganz Kleinen war das ja schwierig, dass sie keine sozialen Kontakte hatten. Und da ist es, glaube ich, auch wichtig, darauf zu achten, dass in der Entwicklung, auch in der körperlichen Entwicklung, ja, es gab kein Kindertouren, kein Babytouren, auch da wieder aufholen können. Und deswegen war es mir jetzt auch, ich bin ja auch Sportministerin, sehr wichtig, die Vereine in Deutschland zu unterstützen, die ja auch eine Menge Mitglieder verloren haben während der Corona-Pandemie. Und deswegen unterstützen wir sie jetzt, einmal finanziell, aber auch, indem wir sie auszeichnen, wenn sie neue Übungsleiterinnen und Übungsleiter finden. Und ermöglichen Menschen auch mit diesen Checks, die wir jetzt haben, mit 40-Euro-Checks, dass sie dann auch den Mitgliedsbeitrag vielleicht erstmal überwinden können und es leichter haben, in einen Verein einzutreten. Weil das für mich so wichtig ist, die Vereine sind der Kitt in unserer Gesellschaft. Sie leisten wirklich Großartiges, um die Gesellschaft zusammenzuhalten und dafür müssen wir was tun. Und da ist viel weggebrochen in der Corona-Pandemie. Die Einzigen, die das einigermaßen wieder hinbekommen haben, sind die Fußballvereine. Aber bei vielen anderen Sportvereinen ist da eben noch sehr großer Bedarf. Aber es ist doch interessant, dass man da so schlimm diese Zeit war und keiner will sie im Grunde je gehabt haben. Aber wir haben natürlich gesehen, welche Berufe sehr wichtig sind, wie wichtig Vereine sind, wie wichtig auch Schule nicht nur als Bildungsort. Natürlich ist es wichtig, dass die Kinder was lernen, aber dass es eben auch wichtig ist, dass sie einfach mit anderen Kindern zusammenkommen. Also wie wichtig das alles ist und dass diese ganzen Kräfte, Lehrer, Kindergärtnerinnen, dass die eben da sind. Die hatten ja vorher, hatte ich so das Gefühl, ja die waren halt da, aber man hatte nicht so die Bedeutung immer im Blick. Ne, hatten wir zu wenig in Deutschland. Das ist ja das, was ich auch gerade sage, auch für den Beruf der Lehrerinnen und Lehrer. Da sind andere Länder, wenn man ein bisschen nördlicher guckt, ein bisschen voraus, die das viel mehr zu schätzen wissen. Und das gilt auch für Erzieherinnen und Erzieher, die eine wertvolle Aufgabe leisten. Und sie haben recht, es sind soziale Orte. Es ist nicht nur ein Lernort. Es sind soziale Orte, wo eben das Sozialleben der Kinder oder der Jugendlichen stattfindet. Und ich hoffe, dass wir aus sowas auch lernen. Ja, ich will gar keinen Vorwurf machen, die in der Corona-Zeit Verantwortung getragen haben, weil das war ja für alle neu. Alle mussten mit dieser Situation umgehen und gucken, wie kann man das bewerkstelligen. Aber das darf halt nicht noch einmal passieren. Wenn nochmal eine Pandemie kommt, muss man einfach sehen, wie man diese sozialen Orte auch aufrechterhält. Ich glaube, die Schulen werden wir nicht mehr schließen. Ich hoffe, dass das nicht mehr passiert. Aber wir hoffen auch, dass keine Pandemie so schnell kommt, oder? Das hoffen wir allerdings auch. Sie sagen immer, Hessen ist Ihre Herzensangelegenheit. Ja, warum? Was ist an Hessen so schön? An Hessen ist fast alles schön. Nein, zum einen bin ich hier aufgewachsen. Meine Familie lebt hier. Das sind schon mal die wichtigsten aller Kriterien. Ich bin sehr privilegiert in Hessen. Ich wohne am Rande oder im Ballungsraum Rhein-Main, aber am Rande einer Großstadt. Ich habe beides. Das empfinde ich jetzt als hohes Privileg. Ich kann mit der S-Bahn in die Innenstadt fahren und ich kann aber zu Fuß auch in den Taunus laufen. Das ist wirklich etwas, wo ich wirklich sehr dankbar für bin. Hessen ist sehr vielfältig. Hessen hat unglaublich viel zu bieten. Ob das im Norden die Region um Willingen ist, wir reden ja gerade heute auch über das berühmte Skispringen. Dort kann man tolle Freizeitaktivitäten, ob das im Schnee oder auch im Sommer ist, auch hier in Hessen alles machen. Man muss nicht weit fahren. Wir haben den wunderschönen Odenwald im Süden, um mal von oben nach ganz unten zu gehen. Sie müssen alle erwähnen. Kein Gebiets vergessen. Das sind so viele schöne Regionen, die man alle erwähnen kann. Aber diese Vielfalt, die Hessen hat und diese Schönheit der Natur, das Rheingau, das sind sehr, sehr viele herausragende Dinge. Aber auch viel Kleines, wo ich sage, das ist einfach ein großes Geschenk, in einem solchen Bundesland leben zu dürfen. Noch schöner, wenn man in einem solchen Bundesland gestalten darf. Sie haben schon die netten Security-Beamten angesprochen. Trotzdem sind Sie ja immer umringt von Menschen. Es hat sich einiges verändert als Innenministerin. Sie haben wahrscheinlich das Telefon immer in der Nähe, auch nachts. Das liegt immer neben meinem Bett. Nachts, ja. Sonst hört man das ja nicht. Tagsüber natürlich nicht. Tagsüber ist man natürlich auch anders erreichbar jederzeit. Da merkt man ja auch, wenn es vibriert. Es liegt ja in der Regel neben einem auf dem Tisch oder man hat es in der Jackentasche. Ja, natürlich verändert das. Es verändert insbesondere, dass man nicht mehr so spontan ist, dass man Dinge abspricht. Wo geht man hin? Was macht man? Das, was für meinen Sohn gilt, gilt auch für mich. Die Beamtinnen und Beamten des BKA sind wirklich tolle Leute, die hochprofessionell sind, aber auch menschlich. Das finde ich ein Gewinn, dass ich sie kennenlernen durfte. Noch ganz kurz, weil es mir nur eingefallen ist, als Sie gesagt haben, das werden ja vielleicht einige Grüne hören hier in Hessen. Sie hatten mal mit 17 mal kurz geliebäugelt mit den Grünen. Wer weiß, was sich da für Hessen andeutet? Im Moment ist die Stimmung zwischen SPD und Grünen in der Tradition von Hessen, wie es ja mal ganz anders war, nicht so gut. Ist das eine mögliche Koalition, die sich da anbietet? Aus meiner Sicht ist als Sozialdemokratin natürlich das Naheliegendste, mit den Grünen zusammenzuarbeiten, weil es einfach sehr viele Schnittmengen gibt. Ich bin jetzt in einer Koalition mit den Grünen und der FDP. Ich finde das eine sehr fortschrittsgewandte und sehr gute Konstellation. Deswegen ist es für mich natürlich auch eine gute Kombination. Ich habe ja schon gehört von Ihnen, warum Sie Ministerpräsidentin werden sollen, nicht Boris Rhein. Warum braucht Hessen aus Ihrer Sicht einen Wandel? Wir sind ja jetzt schon sehr lange in Hessen unter CDU-Grüne Regierung. Einmal das Wichtigste, um Hessen modern und zukunftsfest mit Arbeitsplätzen auszustatten und aufzustellen. Das ist natürlich für die Menschen elementar. Haben sie in der Zukunft auch noch einen verlässlichen und guten Arbeitsplatz, der auch gut bezahlt ist, wo die Arbeitsbedingungen stimmen. Aber das Zweite ist natürlich gerade die Bildungspolitik, die mich umtreibt. Ich finde, das ist vernachlässigt worden. Da braucht es eine andere Prioritätensetzung. Ich glaube, dass man in einem Bundesland schon gucken muss, was muss man als Priorität setzen. Für mich ist die Bildungspolitik ganz oben, den Kindern allen die gleichen Chancen zu ermöglichen und die Schulen aber auch bestmöglichst auszustatten. Beispielsweise digitale Endgeräte. Es kann nicht sein, dass die Lehrmittelfreiheit nur sich auf Bücher bezieht, sondern sie muss sich auch auf das digitale Endgerät beziehen, dass man dieses auch stellt und nicht die Eltern bittet, das zu kaufen. Das kann aus meiner Sicht nicht sein. Was für mich aber auch wichtig ist, ich glaube, ein Bundesland hat unglaublich viel Gestaltungskraft. Wir haben ein sehr heterogenes Bundesland. Wir haben einen ganz tollen, großartigen ländlichen Raum. Wir haben ein Ballungsgebiet, und zwar ein sehr dominierendes und ein weiteres im Norden, rund um Kassel, das ist auch eine wirtschaftsstarke Region, dafür zu sorgen, dass dort mehr Gleichwertigkeit reinkommt, dass wir an die medizinische Versorgung, gerade in ländlichen Räumen, denken, dass es dort ausreichend Kinderärzte gibt, dass man eine Geburtsstation in der Nähe hat. Das sind für mich unglaublich wichtige Aufgaben, die erfüllt werden müssen. Oder die Bezahlbarkeit von Wohnraum im Ballungsraum, da gibt es unwahrscheinlich viel zu tun. Deswegen, glaube ich, braucht es da einen Wechsel an der Spitze. Sie haben nicht nur einen siebenjährigen Sohn, Sie haben auch ein Patenkind, konnte ich im Interview lesen. Der hat einen Spruch gebracht, der Ihnen sehr gut gefällt. Chill, wie war es? Chill mal. Die ist inzwischen schon 16. Chill mal, ich würde Ihnen das gerne wünschen. Aber ich glaube, in den nächsten Monaten wird es wenig werden, oder, mit dem Chillen? Ich glaube auch, dass ich das versuchen muss, nach dem Wahlkampf zu tun und nach Koalitionsverhandlungen. Herzlichen Dank für das Interview. Ich danke Ihnen ganz herzlich. Falls Sie das Gespräch auch sehen möchten, können Sie das tun. Gibt es alles unter silviaamsonntag, der Talk. Da können Sie auch in die anderen Gespräche hinein hören. Oder Sie abonnieren einfach den Podcast, dann verpassen Sie nichts mehr. Wir hören uns im Podcast oder am Sonntag immer im Radio zwischen 9 und 12.