Marburg verhängt Haushaltssperre: Gewerbesteuern brechen ein
Stadt verhängt Haushaltssperre - Millionen-Rückzahlung überrascht Marburg
Hiobsbotschaft in Marburg: Weil die Gewerbesteuer dramatisch eingebrochen ist, hat die Stadt ab sofort eine Haushaltssperre verhängt. Sie muss 41 Millionen Euro Gewerbesteuer zurückzahlen.
Die Stadt tue alles dafür, dass sich die Einnahmen wieder stabilisieren, sagt Oberbürgermeister Thomas Spies: "Auch wenn wir kürzen müssen, darf das niemals zu Lasten derer gehen, die sich auf die Stadt Marburg verlassen, sei es für Sozialleistungen oder die Personalkosten in der Kultur.“
Rückzahlungen bis Jahresende fällig
Bis Jahresende muss Marburg weitere 41 Millionen Euro Gewerbesteuer an Unternehmen zurückzahlen. Eine Hiobsbotschaft des Finanzamtes, die die Stadt nach eigener Aussage unerwartet trifft. Damit sind die Gewerbesteuern in 2024 um über 100 Millionen Euro eingebrochen.
Haushaltssperre gilt zunächst bis Jahresende
Die Haushaltssperre bedeutet, dass freiwerdende Stellen drei Monate frei bleiben müssen, bevor ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin startet. Außerdem dürfen zunächst nur Pflichtaufgaben und vertraglich zugesicherte Leistungen bezahlt werden. Alles andere müsse warten, so die Stadt.
Finanzlage unerwartet schlechter
Schon im September hatte die Stadt einen ersten Nachtragshaushalt beschlossen, um die Folgen sinkender Gewerbesteuern auszugleichen. Zwei Monate später sieht die Finanzlage noch düsterer aus, für die Stadt eine unerwartete Entwicklung.
Gewerbesteuer-Rekorde während der Corona-Pandemie
Während der Corona-Pandemie hatte Marburg Gewerbesteuer-Rekorde verbuchen können. 2021 waren es fast eine halbe Milliarde Euro, dank der ortsansässigen Pharmaunternehmen vor allem des Impfstoffherstellers Biontech. Doch Biontech schreibt mittlerweile und durchaus bekannt Verluste in dreistelliger Millionenhöhe.
Spies: "Pendel schlägt schnell um"
„Dass der Rekord von über einer Milliarde Euro Gewerbesteuer binnen drei Jahren nicht die Regel ist, wussten wir immer“, sagt Marburgs Oberbürgermeister und Kämmerer Dr. Thomas Spies. „Nun aber schlägt das Pendel schneller und extremer ins Gegenteil um als erwartet“, so Spies weiter.
Rückzahlungen zum Teil aus dem "Sparbuch"
Einen Teil der Gewerbesteuer-Rückzahlungen hat Marburg schon erstattet, der Rest von 21 Millionen Euro wird ebenfalls noch 2024 fällig. Diese Rückzahlungen kann die Stadt aus ihrem „Sparbuch“ begleichen.
Sperre für freiwillige Ausgaben
Trotzdem: „Bei derart gravierenden Veränderungen im laufenden Geschäft muss eigentlich ein zweiter Nachtragshaushalt für 2024 erstellt werden“, erklärt Oberbürgermeister Spies. Anfang Dezember ist das aber allein schon zeitlich nicht mehr möglich. Deshalb hat der Magistrat eine „Hauswirtschaftliche Sperre“ beschlossen.
Der Beschluss umfasst drei Punkte:
- Haushaltssperre für laufende Ausgaben bis Ende 2024: Es dürfen nur noch Mittel ausgegeben werden für Pflichtaufgaben, für vertraglich zugesicherte oder bewilligte Leistungen sowie für städtische Aufgaben, die „notwendig, unabweisbar und unaufschiebbar“ sind. Betroffen von der Sperre sind also freiwillige Leistungen, die noch nicht beantragt oder noch nicht zugesagt sind. Aber: „Alle zugesagten Zuschüsse werden auch ausgezahlt, die Stadt Marburg bleibt verlässliche Partnerin“, stellt Oberbürgermeister Spies klar. Und: Investitionen in die Marburger Infrastruktur sind von der Haushaltssperre ebenfalls nicht betroffen
- Stellenbesetzungssperre für drei Monate: Alle freien und besetzbaren Stellen in der Stadtverwaltung dürfen frühestens nach drei Monaten wieder besetzt werden. Das heißt: Die Verwaltung kann alle Stellenausschreibungen, Vorstellungsgespräche und Einstellungsverfahren fortsetzen. Die Sperre gilt bis zur Genehmigung des Haushalts 2025 durch das Regierungspräsidium Gießen.
- Ausnahmen: In begründeten Ausnahmefällen kann der Kämmerer sowohl finanzielle Mittel als auch Stellen auf Antrag freigeben.