Glasfaserausbau in Hessen: Bau-Pfusch sorgt vielerorts für Ärger
Glasfaserausbau in Hessen - Bau-Pfusch sorgt vielerorts für Ärger
Glasfaser verspricht schnelles Internet – doch der Ausbau sorgt vielerorts in Hessen für Probleme: Monatelange Baustellenabsperrungen oder offene, geschotterte Gehwege gehören derzeit häufig zum Ortsbild. Kommunen würden jede Woche Ärger mit Baustellen melden, heißt es vom Hessischen Städte- und Gemeindebund auf FFH-Anfrage. Im schlimmsten Fall würden sie auf den Kosten sitzen bleiben.
Beispiel Trendelburg: Beim Spaziergang durch den Ortskern vom Stadtteil Deisel gibt es kaum einen Gehweg, der keine Stolperfallen hat. "Da liegt Schotter rum, wir haben Asphaltflächen, die in teilweise sehr schlechter Qualität instand gesetzt worden sind, wir haben großen Ärger mit den bauausführenden Firmen", sagt Bürgermeister Martin Lange im Gespräch mit HIT RADIO FFH. Nebenbei tritt er mit dem Fuß an eine kürzlich asphaltierte Stelle - schon bröckelt es, so schlecht ist die Verarbeitung. Einige Meter weiter klafft ein Loch im Gehweg - abgedeckt von einer provisorisch wirkenden Warnbake.
"Wir haben ein Exempel statuiert"
Seit eineinhalb Jahren gehe das schon so, sagt Lange. Er freut sich eigentlich über den Breitbandausbau, der vielen Einwohnern endlich schnelles Internet bringt - aber so? "Wir haben deshalb im letzten Jahr ein Exempel statuiert", so Lange. Nach einer Frist wurde ein Gehweg von der Stadt selbst geflickt. Der Kostenbescheid ging an den Telekommunikationsanbieter Goetel aus Göttingen. "Die Summe, um die es jetzt konkret geht, das sind fast 40.000 Euro", sagt Lange. Gezahlt wurde noch nicht.
"Steuern bei Baumängeln nach"
Bei Goetel sagt Sprecher Felix Kadèra auf FFH-Anfrage: "Die Qualitätssicherung ist uns selbstverständlich sehr wichtig, weswegen wir bei mangelnder Bauqualität grundsätzlich nachsteuern. Wenn die ausführende Baufirma, wie im Fall von Trendelburg, den Qualitätsstandards der Goetel und der Stadtverwaltung nicht entspricht, muss das Unternehmen gegebenenfalls ausgetauscht werden." Man bitte um Verständnis und stelle selbst Qualität über einen schnellen Abschluss des Projekts. "Wir werden jedes Projekt fertigstellen und auch Trendelburg wird von uns zu Ende gebaut", so Kadèra.
Auch in Bad Hersfeld gab es nach der Verlegung von Glasfaser Ärger: In mehreren Bereichen der Innenstadt waren nach den Arbeiten Pflastersteine teils schief verlegt worden oder es waren sogar Stolperfallen entstanden. Das ist mittlerweile aber behoben, sagt der Pressesprecher der Stadt, Meik Ebert, im Gespräch mit HIT RADIO FFH.
Pflastersteine mitten im Asphalt
Zumindest für Augenschmerzen sorgt jetzt aber beispielsweise der Gehweg an der Hersfelder Hainstraße. Dort ist das Glasfaserkabel im asphaltierten Bereich verlegt worden, zwar dem Weg folgend, aber immer im Bogen um die dortigen Kanaldeckel. Anschließend wurde der Graben verfüllt und mit Pflastersteinen bedeckt. Das Ergebnis: Eine kurvige Bahn aus Pflastersteinen mitten im Asphalt.
Es könnte noch bis 2025 dauern
Die meisten Anwohner nehmen den Anblick im Gespräch mit HIT RADIO FFH mit Humor. Eine junge Frau erzählt, dass sie sogar extra auf den Pflastersteinen läuft, um darauf zu balancieren. Pressesprecher Meik Ebert gibt aber Entwarnung: Wenn die Glasfaserarbeiten, an denen sich in Bad Hersfeld zwei Unternehmen beteiligen, abgeschlossen sind, werde auch dieser Bereich neu asphaltiert und sei dann auch optisch wieder ansprechend. Es brauche aber noch ein wenig Geduld, es könne noch bis 2025 dauern.
"Regelmäßig haben wir Anrufe von Kommunen, in denen es Probleme gibt - eigentlich jede Woche", sagt Martin Grobba. Er ist beim Hessischen Städte- und Gemeindebund Experte für Wegerechte, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema. Grundsätzlich sei der Glasfaser-Ausbau erwünscht. Deshalb dürften die Unternehmen auch ohne große Genehmigungsverfahren bauen, die Kommunen könnten auf fachgerechte Wiederherstellung der Gehwege pochen. Doch es herrsche ein hoher Kostendruck bei den Telekom-Unternehmen mit Renditeerwartung und den meist ausländischen Bau-Unternehmen - mit Folgen.
Für Baustellen-Überwachung fehlt Personal
Eigentlich müssten die Kommunen daher die Arbeiten eng überwachen. Doch dafür fehlt meist das Personal." Wenn ein Bautrupp mit Handwerkern, Subunternehmern aus ganz Europa dort tätig ist, die unter Zeitdruck eine Leitung verlegen, wäre es wichtig, dass eine engmaschige Kontrolle durchgeführt wird", so Grobba. Es gebe eine Überwachungslücke. "Um die Ansprüche durchzusetzen, müsste die Kommune den Fehler genau bezeichnen, dann in Vorleistung treten und die Straßenwiederherstellung wieder durchführen. "Und die Kosten hat natürlich zuerst mal die Kommune und damit die Bürger vor Ort zu tragen." Ganz abgesehen von Problemen mit Baumängeln, die erst nach Jahren auffallen.
"Jeder einzelne Fall tut mir leid, ärgert mich auch sehr, weil wir den Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern hier in Hessen Glasfasernetze bringen wollen und keine Baumängel", sagt Stephan Albers vom Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) zu FFH. Das Problem sei da, gibt auch er zu. Doch man tue etwas dagegen - etwa durch bessere Bautechnik und mehr Schulungen für das Personal. Und Albers ermutigt auch die Bürger, Mängel zu melden: "Wenn Dinge auffallen, die vielleicht nicht so gut laufen, auch ruhig ein paar Fotos schießen."
Einen Überblick zur Breitband-Versorgung in Hessen gibt es hier.
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