Angeklagter aus Eichenzell - Urteil gegen Vater im Fall Leon erwartet
Vor dem Landgericht in Innsbruck geht der Prozess um den toten sechsjährigen Leon in die letzte Runde. Voraussichtlich heute fällt das Urteil. Angeklagt ist der 39-jährige Vater, der aus Eichenzell im Kreis Fulda stammt.
Die Anklage wirft dem 39-Jährigen vor, sein geistig beeinträchtigtes Kind Ende August 2022 in einen Fluss gestoßen zu haben.
Mord oder Unfall?
Der Angeklagte beteuert seine Unschuld: Er sagt, er sei bei einem Spaziergang überfallen und mit einer Flasche bewusstlos geschlagen worden. Sein Sohn sei während seiner Ohnmacht in den Fluss gestürzt.
Junge war ertrunken
Am Morgen des 28. August 2022 hatte ein Passant auf der Promenade in St. Johann in Tirol den bewusstlosen Vater gefunden, daneben einen umgekippten Kinderwagen. Wenig später entdeckten Einsatzkräfte Leon auf einer Sandbank der Ache. Er war laut Obduktion ertrunken.
Anklage: Lange Ohnmacht unglaubwürdig
Die Staatsanwaltschaft erklärte zum Prozessauftakt, es sei vollkommen unglaubwürdig, dass der 39-Jährige über eine Stunde lang ohnmächtig gewesen sein soll. "Die Medizin kann es uns nicht erklären, warum er so lange bewusstlos war - die Strafjustiz kann es." Videoaufnahmen zeigten, dass sich die Tatwaffe beim angeblichen Überfall - eine Sektflasche - im Kinderwagen befunden habe.
Anklage glaubt nicht an Raubüberfall
Es gebe keine DNA-Spuren von einem etwaigen Täter am Handy oder an der Kleidung des Angeklagten - somit sei dies nicht mit dem angeblichen Raubüberfall in Einklang zu bringen. Das Handy - damals das neueste iPhone - sei nicht gestohlen, sondern in einem Mülleimer entsorgt worden. Außerdem habe das Mobiltelefon die Schritte eines angeblichen Räubers nicht aufgezeichnet, argumentierte der Ankläger. Aus der Handyauswertung gehe obendrein hervor, dass der Mann kurze Zeit vor dem Tod des Kindes nach dem Wort "ohnmächtig" gesucht habe.
Verteidigung: "Vater hat sein Kind geliebt"
Die Verteidigung kritisierte die Ermittlungen scharf. Ab einem bestimmten Zeitpunkt seien diese nicht mehr ergebnisoffen gewesen, sondern hätten den Tatverdacht erhärten sollen, so einer der Verteidiger vor Beginn der Verhandlung. Zudem habe der Vater sein Kind geliebt. Das könnten sicher auch die geladenen Zeugen bestätigen, gab sich die Verteidigung selbstbewusst.
Fehlender Kindergartenplatz kein Motiv für Verteidigung
Ein zweiter Verteidiger betonte, dass auch zwischen die Eheleute "kein Blatt Papier passt". Der Junge habe zudem vor seinem Tod erhebliche Fortschritte gemacht, seine Prognose sei gut und die Betreuung gesichert gewesen. Ein fehlender Kindergartenplatz könne nicht als Motiv dienen.
Staatsanwalt: Verdächtiger wollte vielleicht Kind erlösen
Auch der Ankläger räumte ein, dass der 39-Jährige wohl ein liebevoller Vater gewesen sei. Aber als die Suche nach einem Kindergartenplatz gescheitert sei, habe sich der 39-Jährige in einer Nachricht an die Mutter gefragt, "wie viele Rückschläge man verkraften" könne. "Vielleicht wollte er sein Kind erlösen, vielleicht wollte er seine Familie erlösen", meinte der Staatsanwalt. Der Verdächtige lebt seit 2010 in Österreich. Nach Angaben der "Tiroler Tageszeitung" lernte er damals seine Frau kennen. Das Paar hat noch eine Tochter.
Acht Geschworene spielen Schlüsselrolle
Die Ermittler waren zunächst von einem Raubüberfall ausgegangen. Aber dann wendete sich das Blatt und der Vater wurde ein halbes Jahr nach dem Vorfall festgenommen.Eine Schlüsselrolle bei dem Prozess spielen die acht Geschworenen. Geschworene sind juristische Laien, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Sie allein bestimmen über Schuld oder Unschuld des Verdächtigen.