Wohnungsnot in Hessen: Baugenehmigungen sinken erneut drastisch
Weniger Neubauten in Hessen - Das planen Kommunen gegen die Wohnungsnot
Die Suche nach bezahlbarem Wohnraum wird in Hessen immer schwieriger. Eine FFH-Recherche zeigt, dass die Zahl der Baugenehmigungen von Januar bis März 2024 gegenüber dem Vorjahr erneut drastisch gesunken ist – um rund 27 Prozent.
Dabei ging das Jahr 2023 bereits als ein besonders schlechtes Jahr für den Wohnungsbau in die Statistik ein. Gab es hessenweit 2023 laut Statistischem Landesamt in den ersten drei Monaten des Jahres immerhin noch 4972 erteilte Wohnungs-Baugenehmigungen, so verringerte sich die Zahl im gleichen Zeitraum im laufenden Jahr auf 3617.
Gründe vielfältig
Die Gründe für die aktuelle Wohnungsbaukrise sind vielfältig. Laut Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz sind die Pandemie, der Ukraine-Krieg und die nach wie vor vergleichsweise hohen Bauzinsen die Hauptfaktoren.
Welche Lösungsansätze gibt es?
Als mögliche Lösungen werden unterschiedliche Ansätze betrachtet. Darmstadt denkt zum Beispiel über die Umwandlung von leerstehenden Bürogebäuden in Wohnungen nach. Frankfurt plant hingegen den Bau mehrerer Wohn-Türme, während Kassel zum Beispiel die Errichtung von 350 Wohnungen auf dem Areal des ehemaligen Versorgungsamts ins Auge fasst.
Großer Zuwachs erwartet
Allerdings werde etwa auch in Darmstadt das Problem des fehlenden Wohnraums weiter ein großes bleiben: Bis 2035 erwartet Darmstadt einen Zuwachs von weiteren 10.000 Neubürgerinnen und Neubürgern. Wichtig sei, so Oberbürgermeister Benz im FFH-Gespräch, die Gespräche mit Nachbarkommunen und -kreisen voranzutreiben, wie man gemeinsam neuen Wohnraum schaffen kann - für Menschen, die im Umfeld der Stadt wohnen und dann in der City arbeiten.
Lage so prekär wie noch nie
Die Lage sei so prekär wie noch nie, sagt Thomas Reimann im FFH-Gespräch. Er ist Bauunternehmer aus Bad Vilbel und Vizepräsident der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände. "Erschreckend", sagt er mit Blick auf den Abwärts-Trend bei den Baugenehmigungen - und sieht fatale Folgen auf das Land zukommen.
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen
Es werde immer schwieriger für Unternehmen, Fachkräfte zu gewinnen, wenn diese keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Und es entstehe "sozialer Unfrieden", wenn es einem erheblichen Teil der Menschen - vom Auszubildenden bis zur Familie - nicht mehr gelinge, eine passende Wohnung zu bekommen.
Baubranche nimmt Politik in die Pflicht
Reimann sieht die Politik in der Verantwortung. Bauen müsse einfacher werden, müsse dereguliert und entbürokratisiert werden. Außerdem müssten Behörden bei der Digitalisierung einen Gang zulegen. "Wir bringen bis zu 150 Aktenordner aufs Amt. Das kostet uns Monate, das ist ein Wahnsinn."
Wohnungstausch-Modell in Mannheim
Allerdings belegen auch Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Immer mehr Paare oder Einzelpersonen wohnen in sehr großen Wohnungen. Gerade junge Familien sind aber angewiesen auf größere Wohnungen. Die Stadt Mannheim hat hierfür nun ein Konzept entwickelt: den Wohnungstausch ab 2025. Die Stadt bietet eine Prämie für diejenigen, die in eine kleinere Wohnung umziehen und so Wohnungen für größere Haushalte zur Verfügung stellen. Für jeden Umzug, bei dem eine zu große Wohnung frei wird, wird eine Umzugspauschale in Höhe von 2.000 Euro ausgezahlt. Pro Verringerung von bis zu drei Zimmern werden jeweils weitere 1.000 Euro bewilligt. Der Höchstbetrag beläuft sich demnach auf 5.000 Euro.
Einführung des "Hessengelds"
Auch das Land Hessen will Anreize schaffen, mit dem sogenannten "Hessengeld" beim erstmaligen Erwerb selbstgenutzter Wohnimmobilien. Es gilt rückwirkend ab dem 1. März 2024. Die ersten Auszahlungen sollen noch im Herbst 2024 erfolgen.