Bombenfunde - Fragen und Antworten zur Entschärfung
Rund 30 bis 50 Blindgänger werden jedes Jahr in Hessen gefunden. Besonders in Ballungsgebieten wie Frankfurt, Wiesbaden/Mainz, Darmstadt oder Kassel wurden im zweiten Weltkrieg besonders viele Fliegerbomben abgeworfen. Darum werden bei Bauarbeiten immer wieder Sprengkörper gefunden, die entschärft werden müssen. Doch nicht alle Bomben sind gleich. Wir klären welche Bomben es in Hessen gibt und welche am gefährlichsten sind.
Schätzungen zufolge waren rund 10 bis 20 Prozent der im zweiten Weltkrieg über Deutschland abgeworfenen Bomben Blindgänger, die nicht explodiert sind. Eine gewaltige Menge Sprengstoff, von der ein nicht unerheblicher Teil noch heute im Boden liegt.
Wie viele genau? Das kann keiner sagen. In den chaotischen Zeiten nach Kriegsende lag der Fokus auf dem Wiederaufbau - viele unter Trümmern oder Erdreich begrabene Bomben wurden nicht gefunden und kommen teilweise erst jetzt, z.B. bei Bauarbeiten wieder ans Tageslicht.
Was passiert, wenn eine Bombe gefunden wird?
Wird bei Bauarbeiten ein verdächtiger Gegenstand gefunden, müssen die Arbeiten natürlich erst einmal eingestellt werden. Denn auch nach Jahrzehnten im Boden sind nicht explodierte Bomben potentiell gefährlich und schon kleine Erschütterungen können sie zur Explosion bringen.
In allen Fällen, in denen Kriegsmunition gefunden wird, sind die örtliche Polizei und der Kampfmittelräumdienst die richtigen Ansprechpartner. Also auch, wenn man z.B. nicht explodierte Granaten oder andere Munition irgendwo findet.
Die Experten des Kampfmittelräumdienstes untersuchen dann die Bombe und entscheiden, je nach Bombentyp, wie schnell gehandelt werden muss und wie groß der Evakuierungsradius angesetzt werden sollte.
Bei Bomben mit einem herkömmlichen Zünder ist es in der Regel möglich, die Evakuierung und Entschärfung in Ruhe vorzubereiten. Bei anderen Bomben ist dagegen sofortiges Handeln nötig.
Welche Blindgänger sind besonders gefährlich?
Im zweiten Weltkrieg wurden vor allem zwei Arten von Zündern verwendet, die die Bombe zur Explosion bringen sollten. Klassische "Aufschlagzünder" reagieren einfach auf den Moment, an dem die fallende Bombe den Boden berührt. Der Zünder wird eingedrückt und bringt die Sprengladung zur Explosion. Diese Art von Bomben sind für die Entschärfungsexperten recht gut berechenbar und können in der Regel in Ruhe entschärft werden.
Deutlich heimtückischer sind Bomben mit sogenannten "chemischen Langzeitzündern" (Umgangssprachlich auch "Säurezünder"). Diese Bomben sind so konzipiert, dass sie erst Stunden oder gar Tage nach dem Abwurf explodieren sollten. Das fragwürdige Kalkül dahinter: Nach erfolgten Angriffen sollten diese Bomben noch lange Zeit Schrecken verbreiten, die Aufräum- und Rettungsarbeiten behindern und die Menschen treffen, nachdem sie die Schutzbunker verlassen hatten.
Nach dem Abwurf wird in der Bombe eine Chemikalie freigesetzt, die eine Scheibe aus Kunststoff langsam auflöst. Diese Scheibe hält den Bolzen des Zünders fest. Gibt die Scheibe nach, kommt es zur Explosion. Das Problem bei diesen Blindgängern: Man kann von außen nicht erkennen, ob die Chemikalie im Inneren z.B. durch Erschütterungen freigesetzt wurde und der Countdown schon läuft. Darum muss in diesem Fall sofort mit der Evakuierung begonnen werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass diese Zünder häufig zusätzlich gegen einen Ausbau geschützt sind. Darum hilft hier meistens nur, die Bombe möglichst schnell kontrolliert zu sprengen.
Experte Thomas Rech im FFH-Interview
Wonach bestimmt sich der Evakuierungsradius bei Bombenentschärfungen?
Warum werde bei Bombenfunden manchmal nur wenige Blocks evakuiert und in anderen Fällen müssen die Menschen in ganzen Stadtvierteln ihre Wohnungen verlassen? Ein wichtiger Grund ist natürlich die Größe der Bombe, denn im Krieg wurden ganz unterschiedliche Modelle von wenigen Kilogramm bis zu über einer Tonne Gewicht verwendet.
Aber auch die Lage der Bombe ist entscheidend, sagt uns Thomas Rech vom hessischen Kampfmittelräumdienst. Liegt die Bombe zum Beispiel tiefer, so kann der Absperrradius kleiner gewählt werden. Umgekehrt sorgt Beispielsweise ein freies Feld in dem sich die Druckwelle ungestört ausbreiten könnte, für einen größeren Absperrradius.
Was sind die größten Bomben die entschärft wurden?
Sogenannte Luftminen oder "Wohnblockknacker" sind die größten im zweiten Weltkrieg über Deutschland abgeworfenen Bomben. Diese Bomben enthielten teils mehrere Tonnen Sprengstoff und sollten durch ihre enorme Druckwelle großflächig Häuser beschädigen, Dächer abdecken und Türen und Fenster zerstören. Die dadurch freigelegten Innenräume waren danach ein leichtes Ziel für Brandbomben.
2017 wurde in Frankfurt eine nicht explodierte Luftmine mit rund 1,8 Tonnen Gewicht entdeckt. Dies führte zur größten Evakuierung der Geschichte der Bundesrepublik. In der dicht besiedelten Innenstadt mussten rund 65.000 Bewohner ihre Häuser verlassen.
Können Bomben von alleine explodieren?
Theoretisch können im Boden liegende Bomben auch alleine aufgrund ihres Alters explodieren. Dies passiert allerdings nur äußerst selten. Bei Limburg ist es Beispielsweise 2019 mitten in der Nacht auf einem Feld zu einer Explosion gekommen, die auf eine im Boden verborgene Bombe zurückgeführt wird.
Werden Weltkriegsbomben irgendwann ungefährlich?
"Leider nein", sagt Thomas Rech vom hessischen Kampfmittelräumdienst. Sprengstoff wird mit dem Alter nicht ungefährlicher und die zunehmende Alterung der Bomben macht die Arbeit der Experten eher komplizierter.
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