Wegen Beihilfe zum Massenmord - Urteil gegen Ex-KZ-Sekretärin bestätigt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine frühere KZ-Sekretärin wegen Beihilfe zum Massenmord verurteilt. Das Urteil des Landgerichts Itzehoe gegen Irmgard F. wurde bestätigt. Sie wurde für Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen und versuchten Mord in 5 Fällen verurteilt.
Die 99-Jährige erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Die Entscheidung ist nun rechtskräftig.
Letztes Strafverfahren zur NS-Aufarbeitung
Der Fall Irmgard F. könnte eines der letzten Verfahren zur Aufarbeitung der NS-Massenmorde sein. Zwischen Juni 1943 und April 1945 war sie als Schreibkraft im KZ Stutthof tätig. Sie war damals 18 bzw. 19 Jahre alt. Ihre Arbeit half den Verantwortlichen des Lagers, Inhaftierte systematisch zu töten, so das Landgericht. Auch unterstützende Tätigkeiten können als Beihilfe zum Mord zählen, urteilten die Richter.
Revision von der Verteidigung
Die Verteidigung von Irmgard F. ging in Revision. Der BGH verhandelte darüber mündlich Ende Juli. Die Anwälte zweifelten an, ob sie vorsätzlich handelte. Unklar sei zudem, ob sie wusste, was im Lager geschah. Ihr Job als Schreibkraft habe sich kaum von ihrer früheren Tätigkeit bei einer Bank unterschieden. Sie führte „neutrale Handlungen“ aus, so die Verteidigung. Diese Argumente überzeugten die Richter des BGH jedoch nicht.
BGH stützt Landgerichtsurteil
Der BGH schloss sich der Einschätzung des Landgerichts an. Irmgard F. habe durch ihre Arbeit Beihilfe zu den Morden geleistet. Ihr Büro wickelte fast die gesamte Korrespondenz des Lagers ab. Dadurch habe sie psychische Beihilfe geleistet.
Hohe Opferzahlen im KZ Stutthof
Das KZ Stutthof hatte zwischen 1939 und 1945 rund 110.000 Häftlinge aus 28 Ländern. Fast 65.000 Menschen überlebten die Lagerhaft nicht. Diese Informationen stammen vom Dokumentationszentrum Arolsen Archives.