Wird FPÖ-Chef Kickl Kanzler? - FPÖ erhält Auftrag zur Regierungsbildung
Die rechte FPÖ steht in Österreich kurz vor dem Einzug ins Kanzleramt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte den Rechtspopulisten trotz eigener Vorbehalte offiziell den Auftrag zur Bildung einer Regierung.
Parteichef Herbert Kickl solle Gespräche mit der konservativen ÖVP aufnehmen. Die FPÖ könnte demnach erstmals das Kanzleramt übernehmen. Kickls Partei gilt als Moskau-freundlich und steht der EU skeptisch gegenüber.
Demonstranten besorgt über politischen Kurs
Das rund einstündige Treffen von Van der Bellen und Kickl war begleitet von Protesten. Vor der Präsidialkanzlei waren Hunderte Demonstranten aufmarschiert, die mit Schildern wie "Nazis raus" vor einem gewaltigen Rechtsruck warnten.
Werden die konservative ÖVP und die rechte FPÖ koalieren?
Es wäre nicht das erste Bündnis zwischen den beiden Parteien. Eine Zusammenarbeit fand bereits in den 2000er Jahren und zwischen 2017 und 2019 statt. Das allerdings unter Führung der ÖVP.
ÖVP offen für Zusammenarbeit
Die ÖVP hat nach dem Rückzug von Kanzler Karl Nehammer als Parteichef am Wochenende einen Kurswechsel vollzogen. Sie hat unter ihrem neuen Parteivorsitzenden, dem bisherigen ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, ihre Bereitschaft erklärt, als Juniorpartner der FPÖ eine Regierung zu bilden.
Welche Anknüpfungspunkte gibt es zwischen den Parteien?
Die Ausgangslage für die nun anstehenden Gespräche gilt als gut. Bei Themen wie Migration und Steuern scheinen sich die Ansichten der beiden Parteien weitgehend zu decken.
Differenzen zwischen FPÖ und ÖVP
Kickl will etwa dem geplanten europäischen Luftverteidigungssystem "Sky Shield" nicht beitreten. Den Russland-Sanktionen der EU steht die FPÖ äußert kritisch gegenüber - im Gegensatz zur ÖVP, die klar auf der Seite der Ukraine steht.
Wie kommt es zu diesem Bündnis?
Die FPÖ hatte die Parlamentswahl im September mit knapp 29 Prozent der Stimmen gewonnen. Zunächst wollte niemand mit den Rechtspopulisten regieren. Doch Gespräche über eine Regierung aus den Mitte-Parteien scheiterten.
Herausforderung der künftigen Regierung
Völlig offen seien auch gemeinsame Konzepte zur Bewältigung der tiefen Budgetkrise, sagte der Präsident des Fiskalrats Christoph Badelt im ORF.
Die Budgetregeln der EU sehen vor, dass das Budgetdefizit in EU-Staaten drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten darf. Der Schuldenstand sollte zudem nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Die EU-Kommission rechnet für 2025 und 2026 jeweils mit einem Budgetdefizit in Österreich von rund 3,6 Prozent.
Koalitionsgespräche scheiterten
Van der Bellen hatte nach der Parlamentswahl entgegen der Gewohnheit zunächst nicht die FPÖ als stimmenstärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Er berücksichtigte dabei, dass keine der anderen Parteien mit der FPÖ unter Kickl koalieren wollte und aus seiner Sicht ein solcher Auftrag daher nur "leere Kilometer" bedeutet hätte.
Vor wenigen Tagen scheiterten aber die Koalitionsgespräche von ÖVP, SPÖ und liberalen Neos nach wochenlangen Verhandlungen. Auch der Versuch einer Zweier-Koalition von ÖVP und SPÖ wurde schnell beendet.
FPÖ hat gute Chancen
Sollten sich FPÖ und ÖVP entgegen den Erwartungen doch nicht auf ein Regierungsprogramm einigen, könnten die Rechtspopulisten einer Neuwahl gelassen entgegensehen. Ihr Stimmenanteil ist seit der Parlamentswahl vor drei Monaten laut Umfragen noch einmal deutlich auf mindestens 35 Prozent gewachsen.
Außerdem ist die Parteikasse der FPÖ im Gegensatz zu anderen Parteien gut gefüllt.