Deutscher Anwalt aus Kiew : Wollen in die Ukraine zurück
Sechs Monate Ukraine-Krieg - So ist der Alltag der Bevölkerung heute
Genau sechs Monate ist es her, dass russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind. Am 24. August wird dort der Unabhängigkeitstag gefeiert. Von Feiern kann in Zeiten des Krieges allerdings keine Rede sein. Und trotzdem: Bei den Menschen, die geblieben sind, weil sie wollten oder mussten, hat sich ein neuer Alltag eingestellt. In FFH Guten Morgen, Hessen spricht der in Deutschland aufgewachsene Anwalt Ario Dehghani über den Wunsch seiner Familie, in die Ukraine zurückzukehren und wie der neue Alltag dort aussieht.
Ario Dehghani ist deutscher Anwalt, der in Kiew lebt und arbeitet. Seine Frau stammt aus der Ukraine und zusammen mit seiner Familie ist er nach Deutschland geflohen. Hier leben sie aktuell, aber der Blick geht immer Richtung Heimat, Richtung Ukraine.
Freunde warten auf Rückkehr
„Unsere Freunde dort fragen schon, wann wir wieder zurückkommen“, sagt er im Gespräch mit FFH Guten Morgen, Hessen-Moderatorin Julia Nestle. Das Haus der Familie in der Nähe von Kiew sei unbeschadet. Und der Wunsch der Familie sei groß, wieder dorthin zurückzukehren.
Allerdings: „Wir wollen bis Ende des Jahres warten und wenn bis dahin keine russischen Truppen dort sind, gehen wir zurück.“
Bars und Restaurants sind geöffnet
Zurückkehren in ein Kriegsgebiet? Ja, denn auch wenn Krieg herrscht, versuchen die Menschen in der Ukraine, sich abzulenken; einen „neuen“ Alltag zu kreieren. Vor etwa zwei Monaten hätten die Bars und Restaurants wieder eröffnet, erzählt Ario Dehghani bei FFH. Und das nicht nur, weil es für die Gastronomen ums wirtschaftliche Überleben gehe, sondern auch, damit den Ukrainerinnen und Ukrainern ein Stückchen Normalität geboten wird.
„Unsere Freunde erzählen uns allerdings, dass es dort nicht mehr so ist wie früher. Es seien weniger Gäste da und man könne das Ausgehen nicht genießen, weil man nie wisse, was morgen passiert“, erklärt Ario Dehghani.
Ein Alltag mit Krieg. Ein Krieg, der hoffentlich bald endet. „Die Ukrainer gehen durch die Hölle, um Freiheit zu bekommen“, sagt Dehghani. Sie seien ein starkes Volk, das nach wie vor daran glaube, den Krieg gewinnen zu können.
Alltag mit Luftalarm
Vor allem mentale Stärke sei gefragt. Wer gewöhnt sich schon gerne an regelmäßige Luftalarme? Doch auch das hätten die Menschen in der Ukraine geschafft, erzählt der Anwalt bei FFH: „Anfangs ist man bei Bombenalarm noch schnell in den Keller gerannt. Mittlerweile geht man gemütlich runter. Manche bleiben sogar ganz in ihrer Wohnung. Es ist absurd, aber die Menschen dort sagen sich: Okay, es geht weiter, die Luftabwehr ist ja da.“
Lieber freiwillig zum Dienst melden
Zum neuen Alltag gehöre es auch, dass sich sowohl Männer, als auch Frauen an der Waffe ausbilden ließen. „Vor allem die Männer schauen, wo sie sich freiwillig melden können, um nicht plötzlich eingezogen zu werden um dann an vorderster Front kämpfen zu müssen“, gibt Dehghani einen Einblick in alltägliche Situationen, die man sich kaum vorstellen kann und will.
Ziel: Zurück in die Heimat
Es sei eben eine andere Realität, denn das Leben, wie man es vor dem Krieg gelebt habe, gebe es so nicht mehr.
Und trotzdem steht für Ario Dehghani fest: Sobald es möglich ist, geht er mit seiner Familie zurück in die Ukraine. Denn „die Ukraine ist für mich zur Heimat geworden.“
Das Gespräch zum Nachhören
So geht es der Bevölkerung außerhalb der Städte
Anders als in der Haupstadt Kiew, wo die Menschen zur Arbeit gehen und Restaurants und Geschäfte sind zum Teil geöffnet sind, sieht es in den ländlichen Gegenden der Ukraine ist. Harry Weiss von der Gießener Hilfsorganisation Gain beschreibt, wie er die Situation erlebt.