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Willkommen zur aktuellen Folge von Silvia am Sonntag mit Kai Wiesinger. Ob im Kinofilm wie Der bewegte Mann oder den Comedian Harmonists oder aufwändigen Fernsehproduktionen wie Dresden oder Die Gustloff, seit über 30 Jahren sehen wir ihn im Kino, Theater und Fernsehen. Jetzt als Doktor Hoffmann. Ich habe mich einfach tierisch gefreut, dass ich endlich einen Arzt spielen konnte, weil ich ja so gerne auch Arzt geworden wäre. Im Zivildienst war ich ja zwei Jahre Rettungssanitäter und von daher ist mir diese ganze Atmosphäre sehr vertraut. Ich habe mich wirklich wie ein kleines Kind gefreut, als dann mein Kittel da hing und ich in so Crocs über die Flure gehen konnte. Das war absolut für mich so ein Zuhausegefühl. Warum liegt fast alles in den Augen? Wie erreicht man Wahrhaftigkeit beim Spielen? Und wie klappt es als Vater in der Patchwork-Familie? Es ist schön, einen Gast zu haben, mit dem ich über so vieles sprechen kann. Herzlich willkommen, Kai Wiesinger. Guten Tag. Hallo. Hallo, ich durfte den ersten Film sehen, die russische Spende. Es ist ja ein Krimi, aber er macht richtig gute Laune. Das freut mich natürlich. Ja, das ist nicht ein klassischer Krimi. Das ist ja auch kein richtiges Ermittler-Duo, sondern Menschen, die da rein stolpern, mehr oder weniger. Und hat doch einige humorvolle, komödientische Aspekte. Ja, das lieben sie ja auch. Ich glaube, das ist ihnen auch immer wichtig, weil komödienhafte Elemente ja auch zur Wahrheit von Situationen beitragen kann. Ja, also ich meine, gerade jetzt, man muss nicht noch weiter darüber reden, aber zur jetzigen Zeit, finde ich, wir werden überschüttet mit grauen, traurigen, trägen, schrecklichen Nachrichten. Und ich glaube, es ist einfach immer schön, wenn man eine Form von Unterhaltung geboten bekommt, die nicht nur oberflächlicher Quitschquatsch ist, sondern wo man wirklich sich gut unterhalten fühlt, wo komödientische Aspekte drin vorkommen und trotzdem irgendwo doch was transportiert wird, was eine gewisse Relevanz hat. Sie glänzen ja, also Sie haben ja schon erzählt, als Paar ist Isabelle Pollack an Ihrer Seite. Also ihr beide funktioniert hervorragend miteinander. Ja, das war wirklich großes Glück, muss ich auch sagen. Also wir haben ja bei dem Casting für Dr. Hoffmann wurden erst die Männer sehr viel gecastet, wo ich das große Glück hatte, dann diese Rolle zu bekommen. Und dann wurden die Frauen nochmal gecastet, als Feststand, dass ich das spielen werde. Und ich habe mit vielen großartigen Kollegen Probenaufnahmen machen dürfen. Und als Isabelle reinkam, war aber völlig klar, als wir angefangen haben zu, man merkt sowas ja nach Sekunden, wie man sich anguckt. Also wie nimmt man, wie ist man gemeinsam in so einer Situation? Wie spielt man miteinander? Wie sieht man sich? Ja, und das war einfach, da hatten wir so das gleiche Timing. Und es war einfach herrlich für uns beide zu wissen, okay, da sind wir das gute Paar für. Das werden wir beide schon rocken. Ja, also Timing ist es. Also das stimmt einfach bei euch. Ja, das ist bei, gerade bei Komödie natürlich. Das lebt davon, dass, ich erinnere das noch ganz früh, mein erstes Theaterstück, was ich gespielt habe, oder die erste Hauptrolle, die ich hatte, war Harold and Mort am Teamtheater in München vor 30 Jahren oder noch länger. Und ich habe das so geliebt, dass man mit dem Zuschauer ja in der Interaktion einfach merkt, wenn ich den Atmer eine Sekunde länger halte, dann ist der Witz bei diesem Publikum heute viel besser, als wenn ich es zu früh sage. Manchmal ist es genau umgekehrt. Da muss man noch länger gucken, gucken, gucken und dann erst den Satz sagen. Und da habe ich mich immer so drauf gefreut. Da dachte ich mir, wann ist endlich wieder 20 Uhr nächsten Abend? Wann kann ich das versuchen, ein bisschen zu optimieren? An welche Schraube kann man drehen, dass die Leute noch mehr Spaß haben und lachen? Spannend. Das ist halt leider beim Film dann nicht wirklich möglich. Da muss man sich für eine Variante entscheiden. Absolut, ja. Dafür hat man natürlich den Regisseur, der permanent korrigieren kann. Und das liebe ich ja auch, wenn ich selbst Regie führe, dass man einfach dann, man bekommt von den Schauspielern ja ganz, ganz viel geschenkt, dadurch, dass man ihnen sein Vertrauen gibt und sie so besetzt, dass man glaubt, dass es die richtige Kombination ist, so wie jetzt in diesem Fall Isabelle und ich gefunden wurden, dafür als ein gut funktionierendes Paar. Und dann, wenn man die Leute einfach machen lässt, dann kriegt man einfach ganz viel, was man sich vorher gar nicht ausdenken kann, wo man gar nicht sagen kann, ach, das muss ich dann von dem Schauspieler so oder so einfordern, sondern weil er als Mensch und als Künstler, als jemand, der sein Handwerk beherrscht, etwas mit reinbringt, was ein Mehrwert hinterher ist, als man sich als Regisseur oder Autor selber vorstellen oder alleine hätte vorstellen können. Und dann im Zusammenspiel natürlich hier mit Isabelle entsteht einfach dadurch, dass beide im Grunde genommen aus einer anderen Ecke kommen und jeder mit seiner Vorgeschichte in dieser Situation sich dann findet, entsteht was, was manchmal unvorhersehbar und dadurch sehr, sehr schön ist. Als Sie das vorhin beschrieben haben, als Sie reinkamen und ihr euch gesehen habt, kann man das vergleichen auch mit ganz normalen Situationen, dass man gleich spürt, wir liegen auf einer Wellenlänge? Sicherlich. Also das ist klar, man merkt das ja mit manchen Menschen, mit denen fängt man ein Gespräch an und denkt, das wird irgendwie nichts. Ja, wir können uns unterhalten, aber wir reden immer anderen da vorbei. Oder man kann den Humor des anderen oder die Mimik und Gestik oder Tonalität des anderen schätzt man völlig falsch ein und denkt, der meint etwas humorvoll, in Wirklichkeit war ihm das gerade ganz ernst oder man fühlt sich verarscht. Dass man denkt, wie redet der mit mir? Und in echt meinte der das ganz anders. Und das sicherlich, das lässt sich vergleichen. Und ich finde es immer beim Schauspiel gerade ist es ja was, wie auch im echten Leben sicher, es liegt fast alles für mich immer in den Augen. Die Augen können halt recht schlecht lügen. Man kann Sachen so oder so betonen und man kann versuchen, etwas anders zu verkaufen, als man es meint. Aber in den Augen, finde ich, sieht man doch schon sehr viel Wahrheit. Also das finde ich auch das Großartige, was man an Schauspielern beobachten kann, ist, wenn die nicht in der Rolle sozusagen denken, sondern wenn sie denken als Schauspieler, was muss ich jetzt machen, was ist mein nächster Satz, ist der andere fertig? Dann blinzelt man anders. Dann blinzelt man in der Realität des arbeitenden Schauspielers, der sagt, aha, da hinten die Lampe ist jetzt da, ich muss also ein bisschen darüber. Und das hat eine andere, das merkt man. Man merkt, ob jemand klar ist. Der Beruf ist immer eine Form von Lüge. In dem Moment wird ja etwas behauptet, was nicht der Wahrheit dieses Menschen in dem Augenblick entspricht, sondern der Wahrheit der Geschichte und der Erzählung. Aber wenn man seinen Körper und seinen Geist in den Dienst dieser Figur stellt und in dessen Wahrheit sozusagen denkt, rein beruflich, ist ein Handwerk, wie ein Tisch baut oder ein Stuhl, dann kann ich aber in diesem Rhythmus denken und in diesem Rhythmus kommunizieren. Und das hat Auswirkungen bis auf das Blinzeln in letzter Instanz. Und das sehe ich einfach dann. Das werde ich natürlich jetzt ganz genau beobachten. Das heißt, wenn Sie Regie führen, auch mit Bettina, der Lack ist ab oder so, dann sehen Sie genau, sie ist jetzt mit ihren Gedanken nicht ganz in ihrer Rolle. Ich glaube, man sieht das total. Das hat nichts damit zu tun, ob jemand in der Rolle ist. Der muss nicht glauben, er ist diese Figur. Ich finde, man sieht das ganz extrem zum Beispiel bei Kinderdarstellern. Die haben was ganz Tolles, weil die was ganz Ursprüngliches mitbringen können. Aber da ist mir ein Beispiel, ich habe ein paar Filme gedreht mit mehreren Kindern, wo ich noch weiß, dass ein Kind wurde gebeten, also du guckst nach rechts und nach links, ob der da ist und dann gehst du über die Straße. Oder wie über die Straße gehen, das kann man selbst bei seinen eigenen Kindern beobachten, wenn man sagt, guck, ob da ein Auto kommt. Und wenn man dann sieht, man kann das einfach total unterscheiden, ob jemand nur sozusagen übertrieben den Kopf schüttelt, einmal nach links, einmal nach rechts, aber nichts wahrnimmt. Oder ob derjenige wirklich etwas wahrnimmt. Und dann ist es völlig egal, ob ich dem Kind sage, guck mal nach links und nach rechts, da kommt gleich ein goldener Reiter auf einem Pferd vorbeigedonnert. Oder da kommt ein Auto oder kommt ein Dinosaurier. Das liegt ja dann im Gegenschnitt. Aber ich sehe in dem Kind, in den Augen, ob das Kind oder der Mensch, der Schauspieler, tatsächlich mit seinen Augen etwas sieht, ob der etwas fokussiert und ob der dabei bei der Sache ist, also im weitesten Sinne achtsam ist. Nimmt der das, was dort ist, wirklich wahr? Wenn er das nicht tut, sondern nur sagt, ah, jetzt habe ich einmal nach links geguckt, einmal nach rechts geguckt, aber nicht beschreiben könnte, was er gesehen hat, dann sehe ich das im Film. Das erinnert mich, ich überlege gerade, wer es war, ich sehe es ja egal, aber der sagte mir, wichtig ist beim Spielen zuhören. Das fand ich auch interessant. Das geht so ein bisschen in die Richtung. Wenn ich nur an meinen eigenen Text denke und gar nicht zuhöre, dann sieht man das. Ja, furchtbar, natürlich. Genau, dann ist man in diesem Blinzeln, in dem Privaten. Dann blinzelt der Schauspieler, ist er schon fertig oder hat er noch einen Satz? Dann hat er ja nicht zugehört. Weil wenn ich in meiner Figur sozusagen, in der Situation mitdenke, dann frage ich mich ja nicht, hat er noch einen Satz? Sondern dann ergibt sich ja inhaltlich, wann ich sinnvoll antworte. Das kann unter Umständen auch mal eine Variation zu dem Drehbuch sein. Dann kämen vielleicht noch ein, zwei Worte, aber die schneide ich dem Gegenüber ab, weil es so dringlich ist, in der Situation da jetzt drauf zu antworten. Und dann ist es auch wunderbar. Ja, ist schon ein Beruf, kein Wunder, dass Sie das schon so lange machen. Also ich finde, man kann immer, ich denke auch bei mir, ich mache das jetzt auch schon lange, aber ich finde, man kann immer noch so viel dazulernen. Es ist spannend. Das ist ein so großes Geschenk, finde ich auch, dass man einen Beruf hat, wo man wirklich jedes Mal geht, man wieder neu hinfragt, sich kann man das überhaupt, genügt man dem Ganzen? Und man kann sein ganzes Leben lang, man wird immer Menschen treffen, die es anders machen, aber zum gleichen Ziel kommen oder die man sehr für das, was sie tun, bewundert. Wo man sagt, es ist etwas in diesem Beruf, was ich mir gar nicht vorstellen könnte, zu erreichen, was ich dort sehe oder wahrnehme. Und das liegt dann natürlich auch sehr im Auge des Betrachters und des Geschmacks. Ob man das auch dann als Zuschauer erstrebenswert findet. Es gibt ja Sachen, die findet ein Schauspieler an einem anderen Schauspieler sensationell und den Zuschauer langweils zu Tode. Was ich mir eben gerade nur gedacht habe, als Sie das beschrieben haben, dann ist es doch eigentlich nicht so gut für Selbstdarsteller. Sie wissen, was ich meine. Wenn ich sehr selbstverliebt bin und mich irgendwie als Schauspielerin ganz toll finde, dann achte ich ja mehr auf mich und nicht auf mein Gegenüber. Ist es dann so, dass das nicht so gut ist? Ich mag das nie für jemand anders beurteilen. Es kann ja Leute geben, vielleicht gibt es ganz großartige Schauspieler, die wir ganz toll finden, die in echt wahnsinnig eitel und selbstverliebt das Ganze wahrnehmen, aber auf uns Zuschauer trotzdem sehr authentisch und wahrhaft wirken. Da kenne ich ja dann den Menschen nicht, das kann ich nicht beurteilen. Ich kann es mir für mich nicht vorstellen, weil auch wenn ich Regie führe, sprich wenn ich gezwungen bin, auf den Monitor zu gucken hinterher und eine Szene zu kontrollieren und mit den Kollegen zu arbeiten, dann sehe ich ja auch mich. Und wenn ich nur als Schauspieler arbeite, gucke ich mir nicht mal Standfotos an. Ich würde mir auch nie währenddessen ein Muster angucken oder irgendeine Ausspielung von dem, was ich gerade gemacht habe. Weil für mich ist der Regisseur derjenige, der sagt, danke, ich habe das, was ich brauche für den Film und damit ist die Sache für mich erledigt. Dann würde ich ja nie gucken und sagen, ach lass mich noch mal machen, ich kann auch dabei besser aussehen oder ich könnte es auch irgendwie noch anders spielen. Ich erwarte von dem Regisseur, dass der die Anweisungen und das so gibt, dass er das bekommt, was er braucht. Und wenn er das hat, ich weiß ja nicht, wo der schneiden will, vielleicht macht er genau das, was ich denke, was ich schlecht gemacht habe, weiß der sowieso, ist eh rausgeschnitten. Dann brauche ich es nicht noch mal zu machen, die Stelle, wenn er genau den Blick hat, den er braucht. Und wenn ich selber Regie führe, dann sehe ich mich gar nicht da in irgendeiner Art und Weise als Kai sehe ich da irgendwie schön aus oder was. Es interessiert gar nicht, sondern es geht nur darum, ist diese Figur, die ich da sehe, die in dem Fall dann eine, eben spiele ich, eine spielt meinetwegen Bettina, dann gucke ich bloß, funktioniert das, ist das organisch, ist das mit einem echten Atem, also einem organischen Atem oder sieht das aus wie zwei Leute, die einen auswendig gelernten Text sagen und das wäre natürlich ein Albtraum. Ich kann mich erinnern, drei, vier Jahre her oder vielleicht auch noch länger, da haben Sie gesagt, das Fernsehen muss radikal umdenken und wir sind ja jetzt im Moment in einer Welle. Und was ich mich auch noch erinnern kann, das habe ich dann auch immer jedem erzählt, der so im Filmbereich arbeitet, weißt du eigentlich, dass du in einer boomenden Branche arbeitest? Ich habe mit Kai Wiesinger gesprochen, der sagte, es war noch nie so gut. Also ich bin nach wie vor der Meinung, dass es eine aufstrebende, tolle Branche ist, wo sich ganz viel passiert. Es gibt große Umbrüche, was wir jetzt natürlich durch die Streaming-Dienste in den letzten Jahren extrem erlebt haben. Was damals, als wir geredet haben, wahrscheinlich, das war ja ganz zu Beginn, als wir mit der Lack is Up angefangen haben und sich die ganzen Privat-, oder nicht Privaten, sondern die Streaming-Dienste überhaupt erst aufgestellt haben in der Form in Deutschland und angefangen haben, auch eben deutsche eigene Produktionen zu machen. Wir waren ja mit der Lack is Up das erste deutsche Kurzformat von Amazon überhaupt. Und das war eine ganz, ganz spannende Aufbruchszeit, wo sich viele Weichen gestellt haben, die sich jetzt langsam, so hat man den Eindruck, zurecht ruckeln und wo man sieht, wo die Vor- und wo auch die Nachteile liegen und wie die Systeme funktionieren. Durch Corona jetzt ist alles natürlich noch mal extrem unter Druck gesetzt, also noch mal sehr, sehr viel mehr gestreamt worden. Also die Zuschauer haben sehr viel mehr zugegriffen. Andererseits waren die Produktionsbedingungen natürlich, wie in allen anderen Branchen auch, oft sehr, sehr erschwert. Also ich glaube, das ist nach wie vor sicherlich diese allererste Aufbruchseuphorie in der Form, die würde ich jetzt auch nicht mehr so empfinden. Ich glaube aber, es ist nach wie vor ganz viel möglich. Man kann immer noch wieder Sachen neu erfinden. Man sieht andererseits auch, dass viele tolle Chancen, die es gegeben hat, wo Sachen völlig neu gedacht wurden, inzwischen auch teilweise wieder die Handbremse anziehen. Und man merkt, dass es doch dann schön ist, wenn da wieder doch ein redaktioneller Rapublik draufkommt. Und dieses volle Vertrauen in die Kreativen, das empfinde ich nicht mehr ganz so, wie es zu Anfang war. Trotz allem hat ein Wandel stattgefunden. Und wenn wir jetzt gerade wieder auf Dr. Hoffmann zurückkommen, man sieht es ja. Ja, das ist spritzig, auch wie es geschnitten ist, wie die Dialoge sind. Das ist nicht wie vor zehn Jahren oder vor fünf Jahren. Also da hat auch da schon wieder, da hat was im Wechsel stattgefunden. Ja, da hat, gut, das liegt in so einem Fall natürlich auch extrem. Jetzt hier, also gut, es gibt erstmal die Drehbuchvorlage. Das basiert ja auf geschriebenen Romanen, die es schon eine ganze Zeit gibt. Sieben Romane, davon ist dies der erste. Die schon einen eigenen Stil haben, die wirklich auch großartig geschrieben sind. Und andererseits hat hier der Regisseur, der Max Zähler, hat da eine ganz klare Vision gehabt, dass das gewisse Anlehnungen an, sagen wir mal etwas ganz Altes, nämlich den Film noir, also im Verhältnis zum Streamingdienst, sehr altes, Anlehnungen findet. Sprich in der Art, wie geschnitten wird, wie geleuchtet wird, was für Strukturen im Film wie aufgelöst werden. Dadurch hat das eine sehr eigene Bildsprache bekommen. Aber am Ende finde ich, bei aller, egal wie radikal man was erzählt oder wie man sozusagen Dinge neu erfindet, es steht und fällt für mich als Zuschauer immer mit der Wahrhaftigkeit der Figuren. Kann ich diesen Menschen glauben? Glaube ich einer Geschichte, in meinem Idealfall halt, wie zufällig zuzugucken? Erlebe ich etwas mit diesen Menschen? Und dann ist mir völlig egal, ob das rasant geschnitten ist oder elegische Einstellungen aller Ingmar Bergmann wären, was ja heute kaum noch jemand macht oder auch wahrscheinlich niemand mehr gucken könnte, weil wir es gar nicht mehr gewohnt sind. Wenn das stimmt, dann sind wir wieder bei organisch. Wenn das einfach mir als Zuschauer oder in mir den Eindruck erweckt, ich nehme Teil an etwas, dann ist das immer richtig. Und ob das dann modern ist, ob das total oldschool ist, halte ich dann für völlig nebensächlich. Ja, und so ist es ja auch bei den modernen Serien. Die packen uns, wenn wir mit diesen Figuren gehen, also wenn wir denen glauben. Im Grunde ist es ja ganz einfach und dann auch wieder sehr schwer. Im Grunde ist es ganz einfach, aber es ist sehr, sehr schwer, immer wieder richtig herzustellen. Und es ist auch immer wieder von Neuem spannend. Also kann man da nicht auf sein Handwerkszeug, na klar kann man auf sein Handwerkszeug zurückgreifen, aber wahrscheinlich ist es trotzdem jeder Film wieder ein Wagnis. Es steht und fällt ja einfach mit der Geschichte. Es nützt uns nichts, wenn wir wunderbare Bilder haben, wenn wir ganz tolle Schauspieler haben, die nichts zu erzählen haben. Und das ist natürlich einerseits sehr viel Geschmackssache. Viele Menschen gucken gerne Horror oder Splatter oder Action oder Fantasy. Das ist dann für diejenigen ganz toll. Für jemanden, der aber lieber eine Romantic Comedy gucken möchte, zum Beispiel, der kann damit nicht anfangen, dann nützt dem nichts, dass es ein tolles Handwerk ist oder was auch immer. Oder eine tolle Geschichte. Also man muss die Art der Geschichte prinzipiell mögen. Und dann, glaube ich, steht und fällt es damit, kann mich diese Geschichte fesseln. Und das ist das A und O. Also die wirklich gut ausgearbeiteten Drehbücher mit guten Charakteren und einer guten Geschichte, die machen dann das erst überhaupt möglich. Und wenn dann noch das Handwerk und so weiter dazu kommt, um das perfekt zu machen, ist es natürlich der Idealfall. Ja, und Sie sprechen, also jetzt Sie in Ihrer Rolle, Dr. Hoffmann und Celine, also die sprechen halt auch, so habe ich es empfunden, natürlich, also es passt zu denen. Ja, ich hoffe. Ja, aber Sie wissen selber, es ist ja manchmal schwierig, wenn man Dialogen zuhören muss. Und leider ist das halt oft auch im Fernsehen, die so gar nicht sprechen. Man glaubt nicht, dass die wirklich so sprechen. Das ist halt, gut, da ist natürlich viel schiefgelaufen. Da sind die Dialoge schon mal schlecht geschrieben und dann wahrscheinlich auch noch von Schauspielern gespielt, die das eben nicht so beherrschen, das so darzustellen, dass es klingt, als würden sie es tatsächlich empfinden. Man kann auch schlechte Dialoge gut sprechen? Nein, nein. Also das kommt dazu. Man kann schlechte Dialoge nicht gut sprechen. Also das geht einfach nicht. Wenn das Papiernahtkram ist, dass jemand am Schreibtisch, und es gibt natürlich Autoren, die sitzen am Schreibtisch und sagen, ja, wieso, ich habe es doch hier gesprochen, es funktioniert. Das habe ich alles schon erlebt. Ja, ja klar. Ich habe gesagt, ja, das funktioniert bei dir am Schreibtisch, wenn du dir das vorliest und denkst. Aber vieles merkt man auch erst wirklich in der Interaktion mit den Schauspielern. Und deswegen, das war ja wirklich mit der Hauptbewegung, der Lack ist ab, so zu produzieren, wie wir das gemacht haben. Nämlich ohne einen Sender, der sagt, es muss aber so oder so sein. Sondern ich wollte es einfach mal so machen, wie ich glaube, dass es sein muss. Und dazu gehört für mich, dass ich zum Beispiel nicht unterscheiden kann, ob ein Ton aus dem Fernseher kommt oder gerade bei mir in der Wohnung gesprochen wird. Sprich, wenn ich, das normale Gefühl ist doch, ich unterhalte mich mit Freunden, dann mache ich einen Fernseher an. Und das klingt aber nicht so, als ob jemand aus dem Fernseher sich mit mir unterhalten würde. Sondern da haben wir eben ganz schnell diesen Dialog, wo ich denke, Moment mal, aber so sprechen wir ja nicht. So klingt es, wenn es halt jemand geschrieben hat. Und das, finde ich, ist die hohe Kunst, dass es eben genau diese Authentizität hat, der Sprache. Wie gehen wir miteinander um? Da gibt es ja diese Extremform, das nennt sich dann Mumblecore, was nur noch so genuschelt mit halb improvisierten Texten ist, dass man eben versucht, gar nichts Künstliches drumherum zu haben, sondern dass man wirklich Darsteller versucht, so spielen und sprechen zu lassen, wie sie es gerade in dem Augenblick erfinden, wie sie es tun. Das birgt auch immer das Risiko, es gibt ganz großartige Improvisationssachen, aber es birgt auch immer das Risiko, dass sehr viel sinnloser Text produziert wird, weil man versucht, dann komisch zu sein. Dass ich es nicht verstehe. Ja klar, dann bringt es ja auch nichts. Da hat ja keiner was von. Man sagt zwar wahnsinnig ehrlich, aber es ist nicht zu verstehen. Das geht auch nicht. Im Idealfall verstehe ich als Zuschauer, was der Darsteller sagt und trotzdem klingt es natürlich. Das ist das, was wir bei der Lack is Up immer versuchen, die Dialoge im Grunde genommen schon mit dem Versprecher so zu schreiben. Ich versuche, dass das so schon geschrieben ist, dass der Schauspieler das sich sofort zu eigen machen kann. Und ich liebe das, wenn da kleine Zögerer drin sind, Zäsuren drin sind, wie im echten Leben, wo man merkt, ein Gedanke ist nicht zu Ende gedacht. Dann kommt eine Frage, dann muss ich darauf antworten, werde unterbrochen, unterbreche mich selbst, weil ich merke, ich habe gerade Quatsch geredet. Dann sage ich ja, wenn ich, oh, entschuldige, warte noch mal von vorn, ich wollte eigentlich sagen, sondern man redet ja und dann macht man einfach plötzlich eine Kehrtwendung und erzählt von was anderem weiter und lässt was in der Luft hängen. Und das liebe ich. Ja, da gehört auch ein bisschen Mut dazu, so was zuzulassen. Also auch gerade im Film. Also das ist, ja, das ist absolut. Es glauben halt viele, letztlich, es müsste immer perfekt sein, sozusagen, ja, das ist das perfekte Wort. Es gibt sicher perfekte Worte und es gibt auch Filme, die leben davon, dass etwas sehr, sehr klar strukturiert ist. Aber ich liebe halt die Wahrhaftigkeit und die Wahrhaftigkeit in der Wahrheit ist halt nichts perfekt. Es wird nicht immer richtig geantwortet. Es wird nicht jeder Gedanke zu Ende gedacht. Ja, und man haspelt sich, die Gedanken sind schneller als der Kopf. Also wenn man jetzt nur das Audio Stück hat, muss man immer ein bisschen aufpassen. Also ich muss zum Beispiel dann immer aufpassen, das ist ja jetzt Zwei-Kanal, dass ich nicht ständig Ihnen ins Wort falle. Also das wirkt nämlich dann nicht mehr schön. Naja, das ist genau, das ist aber genau ein Punkt zum Beispiel. Das ist ja die Frage, wo, es ist ja nicht entscheidend, ist das realistisch, was wir gerade machen oder wirkt es realistisch? Also es muss ja bei dem Zuschauer die Wirkung von Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Realismus entstehen. Und die entsteht ja manchmal, da muss man nur an Shakespeare's Bühne früher denken, dass künstliche Münzen echter klangen als echte Münzen. Also geht es nicht darum zu sagen, das sind aber zwei echte Goldstücke, wenn die nach nichts klingen. Wenn der Zuschauer viel mehr glaubt, da waren jetzt gerade zwei Goldthaler in der Hand und das waren aber eben Theaterthaler. Wenn die echter klingen, ist das halt das Mittel der Wahl. Es geht um die Herstellung einer Illusion. Und wie ich das erreiche, ob ich als Schauspieler in dem Moment glaube, ich bin wirklich wahnsinnig traurig oder bloß die Technik habe, den Zuschauer diese Trauer fühlen zu lassen, das ist das Einzige, worauf es ankommt. Wenn ihr beide jetzt gespielt habt, sagen wir, nehmen wir mal jetzt Dr. Hoffmann und Celine, habt ihr da auch Dinge dazu erfunden in den Dialogen oder habt ihr euch wirklich komplett ans Drehbuch gehalten? Nein, hier war es jetzt wirklich so, dass der Regisseur war sehr darauf erpicht, dass wir das wirklich alles sprechen, wie es da steht. Das gibt es so und so und da das gewisse formale Rahmenbedingungen hat, sind wir da auch alle mit d'accord gewesen und haben das so gemacht. Man kann das natürlich völlig anders machen. In diesem Fall hat es ja auch dazu geführt, dass der Film genauso aussieht, wie er jetzt aussieht. Und es ist glaubhaft. Ich finde es authentisch. Das freut mich sehr. Es ist auch wieder diese Paarbeziehung, aber diese Kabeleien zwischen euch beiden und da gibt es zum Beispiel diese eine Stelle mit offener Beziehung und dann sagen Sie in Ihrer Rolle, ja aber wir haben doch gesagt, wir leben eine offene Beziehung. Und dann sagt sie, ja aber das heißt doch nicht, dass ich das gut finden muss oder dass ich dann jubeln muss. Sehr schön. Ja, das ist halt die Frage. Genau darauf werde ich sehr viel angesprochen in der letzten Zeit im Sinne von, wie realistisch ist das? Wie glauben Sie, funktionieren offene Beziehungen? Ich kann nur sagen, die, die ich kenne, die das sich vorgenommen haben und die das angeblich leben, ich höre von all denen, dass letztlich immer einer von beiden doch leidet. Und das ist halt die Frage eben auch hier bei Hoffmann und Celine. Sie behaupten zwar, ja ist doch alles toll und jeder kann machen, was er will. Aber man möchte halt nicht voneinander, dass jeder macht, was er will, sondern man erwartet von dem anderen eine gewisse Loyalität. Ja, und es ist halt, einer ist immer der Loser dann. Naja, es mag so großzügige, ich weiß nicht, wie man das nennt, offenherzige Menschen geben, die sagen, nein, das ist bei mir nicht so. Ich gönne jedem, der kann machen, was er will. Das ist mein Partner, meine Partnerin und wir gestehen uns beide jede Freiheit zu. Der andere wird es immer akzeptieren. Kann ich nicht beurteilen, mag es geben. Aber Sie haben selber, also wenn ich jetzt überlege, in meinem Bekanntenkreis, also jetzt nur, die ich wirklich kenne, kenne ich niemanden. Also gut, es kann... Nein, wie gesagt, ich kenne, ich habe mehrere gehört. Ich habe mehrere gehört, die sagen, sie würden das versuchen. Aber ich habe keinen gehört, der nicht beim zweiten Satz dann doch oder im zweiten Satz doch erwähnt hat, naja, aber für den anderen ist schon, also der leidet schon, wenn ich sage, ich habe das jetzt wirklich mal ausgereizt. Genau. Und das muss man dann halt als Paar auch wissen, wie weit ist man dazu bereit zu leiden oder den anderen leiden zu lassen. Oder vielleicht ist es auch für beide einfach klasse, dann freue ich mich für die. Wir sind verletzlich und insbesondere, wenn wir in der Liebe, also wenn wir uns offen zeigen. Und das ist halt, das ist eine schwierige Sache. Also zumindest in unserem Kulturkreis, so wie wir aufgewachsen sind, ohne dass man jetzt einen Besitzanspruch haben muss und denkt, der andere Mensch gehört einem. Oder man ist, wie sagt man, unabdingbar, völlig bedingungslos aneinander gebunden. Das ist ja auch nicht der Fall. Der andere wird immer ein anderer Mensch bleiben. Aber so wie wir groß geworden sind, ist es sicherlich noch schwieriger zu akzeptieren, als in Kulturen, wo eh von Anfang an vermittelt wird, mehrere gehören zu einem oder einer gehört zu mehreren. Oder man zieht Kinder in anderen sozialen Gruppen auf. Das gibt es ja auch, dass sie nicht immer nur von Mutter, Vater, Kind reden, sondern das mag es ja alles geben. Aber ob es dann halt mit unserer Sozialisation vereinbar ist, ist natürlich eine Frage. Und es ist ja nicht nur die Sozialisation, aber es ist ja auch in allen Filmen, in der Literatur, oder ist es doch immer Liebe und auch die Sehnsucht nach jemandem, den man findet, der loyal ist, der für einen da ist, der einen liebt. Also davon lebt doch die Literatur. Aber ja, in unserem Kulturkreis. Ich kann das nicht beurteilen. Ich kenne das ja nicht, wie das in Ländern und in anderen Kulturen ist. Es mag es ja geben, dass welche vollkommen anders aufgewachsen sind, dass es da völlig andere Weltbilder und Ideale gibt. Also ich lebe ja auch nur in meinem kleinen, beschränkten Umfeld, wo ich den Eindruck habe, Mutter, Vater, Kind ist schon ein gutes System, wenn man es irgendwie hinkriegt. Aber Sie sind ja schon ein bisschen moderner. Patchwork ist ja im Grunde auch schon wieder nur modern. Also das ist ja eher schon der Alltag heute. Ich habe neulich nochmal Statistiken gelesen, ich weiß es nicht mehr. Ich glaube, es ist ein gutes Drittel an Ehen, die geschieden werden. Ich habe die Zahlen nicht mehr genau gesehen. Aber in etwa ist das so. Das ist leider in unserer Gesellschaft offenbar, hat sich das dahingehend entwickelt. Ob es vorher besser war, ich kann das alles nicht beurteilen. Also ich glaube, jeder kann froh sein, wenn er irgendwie durchkommt. Das finde ich gut. Ja wirklich, aber so ist es doch. Man kann einfach froh sein, ja, das ist ein super Satz, wenn man irgendwie durchkommt. Durch dieses ganze Chaos, oder? Ja, durch das ganze Leben. Man weiß doch nichts. Man kann auch über jeden Tag dankbar und froh sein, wenn man gesunde Kinder hat und die alle abends ein Dach über dem Kopf hat, was zu essen. Dann ist doch schon, finde ich, wahnsinnig viel passiert. Ja und das haben Sie ja bei vier Kindern. Drei eigene, ein hat Bettina ein Kind mit in die Ehe gebracht. Also mit euren vier Kindern. Wenn die gesund sind und zwei sind ja zwei Mädchen. Dann sind wir sehr dankbar. Waren Sie peinlich Ihren Töchtern oder sind Sie noch peinlich? Natürlich. Ich glaube nicht mehr. Inzwischen, die wohnen ja in ihren eigenen Wohnungen und studieren. Und ich glaube, inzwischen bin ich nicht mehr peinlich. Aber ich weiß, meine Eltern waren mir ja auch peinlich. Und erzählen mir heute noch, wie ich sie auf dem Schulhof ignoriert habe und so getan habe, als ob ich sie überhaupt nicht kenne. Also es ist ja furchtbar, wie Kinder dann mit ihren Eltern sind. Es muss einfach sein. Und das gehört zu diesem Prozess einfach dazu, dass man dann irgendwie in seinem Freundeskreis oder unter Gleichaltrigen offenbar gewisse Verhaltensmuster an den Tag legt. Die waren vor 50 Jahren genauso, wie sie jetzt auch sind. Und wahrscheinlich auch schon vor 500 Jahren ähnlich. Ich muss allen sagen, die uns jetzt zuhören, weil ich weiß, es ist keine einfache Zeit aus eigener Erfahrung. Wie Sie es eben geschildert haben, es wird anders. Also mir hat neulich eine Freundin erzählt von ihrer Tochter, es wären sieben Jahre Erniedrigung gewesen. Und die haben aber ein bestes Verhältnis inzwischen. Und dann denke ich immer, gut, wenn mir das andere auch sagen, bei Ihnen war es so, dann fühle ich mich ganz wohl, wie es bei uns alles läuft. Das ist ja großartig. Und ich meine, wenn man das dann auch noch übersteht, sieben Jahre Erniedrigung, ohne seelischen Verletzungen, dann ist das auch eine Top-Leistung. Man muss einfach lernen, ich glaube, die Liebe zu den Kindern ist bedingungslos. Die ist naturgegeben, die ist da. Die ist ja nicht zu erschüttern, weil ein Kind plötzlich nicht macht, was man sagt. Oder was weiß ich was. Das hat ja damit gar nichts zu tun. Und ich glaube, wenn man weiß, dass es Zeiten, Phasen im Leben gibt, wo man nichts an sich so heranlassen sollte, dass man denkt, das ist jetzt wirklich persönlich gegen mich gemeint, sondern sich ein bisschen damit auseinandersetzt, was passiert in so einem jugendlichen, kindlichen Kopf? Was macht das Gehirn da gerade für eine Riesenverwandlung durch? Da sind manche Sachen gar nicht möglich. Also man versteht nicht, wieso man fünfmal sagen muss, bitte häng doch deine Jacke auf. Und es gelingt einem Kind, fünfmal drüber zu steigen, ohne sie zu sehen. Das ist ja aber nicht böser Wille, sondern das ist das Gehirn, was einfach in dem Moment eben auf dem Boden liegende Jacken ausblendet. Und dann funktioniert das ja, sagt er beim fünften Mal. Oder die ja, achso, ja, dann mache ich es eben. Ja, du bist ja auch schon fünfmal drüber gestiegen, ohne es zu machen. Aber das allerbeste ist, dass das ja, also meine eine Tochter ist schon weg von zu Hause. Und es war, also wirklich, wie sie es beschrieben haben, chaotisch. Also anders kann ich nicht. Ich habe das dann irgendwann mal einfach gelassen und so. Und jetzt in ihrer neuen Wohnung, ich konnte es wirklich nicht fassen. Das ist so ordentlich bei ihr, mehr als bei uns zu Hause. Das ist ja, ich dachte... Er ist verrückt, ne? Aber genau das gleiche erzählt meine Mutter von mir auch. Also dieser, in deinem Zimmer, du hast als Kind nie aufgeräumt, das flog alles immer rum. Und kaum, dass sie dann mal bei mir war, als ich ausgezogen war, sagt sie, woher kannst du das überhaupt? Ich dachte gar nicht, dass du ein Pullover in den Schrank tun kannst. Ja, anscheinend. Aber es gelingt dann. Das ist einfach ein großer Entwicklungsschritt. Also das ist wirklich nur für alle, die einfach Hoffnung haben. Es ist alles möglich bei den Kindern. Und die schauen sich das dann. Also deshalb, es gibt doch auch in der Erziehung immer wieder, und das finde ich immer, es ist alles Gerede. Es nutzt nicht so viel. Aber es ist wirklich was dran, was wir den Kindern vorleben. Erstens das, also man muss schon das, was man von seinen Kindern verlangt oder überhaupt von irgendjemand anders, das sollte man erstens selber auch beherzigen. Und andererseits glaube ich auch, es führen so viele Wege zum Ziel, man kann das gar nicht. Also ich für mich glaube, man erzieht einen Großteil um seiner Selbstwillen, dass man selber Frieden hat. Dass man sagt, ich kann es einfach nicht ertragen, wenn Kinder am Tisch, weiß ich nicht, ein Spiegelei an der Gabel hochziehen und sich in den Mund gleiten lassen. Das finde ich aber nicht so schön. Ich finde es aber schöner, wenn man Tischmanieren hat. Und möchte denen das mit auf den Weg geben, dass sie später es auch einfacher haben, wenn sie unter Leute geraten, die es auch schön finden, wenn man vernünftig am Esstisch sitzt und sich miteinander benehmen kann. Und andere, denen macht das nichts, wenn Kinder halt immer, immerzu überall gegentreten und schreien. Auch vernünftige Kinder. Also ich weiß es überhaupt nicht. Ich habe überhaupt keine Ahnung, wie es funktioniert und versuche das seit inzwischen über 23 Jahren irgendwie hinzukriegen. Und jeder Tag ist ein neues Experiment. Und manchmal klappt es und manchmal nicht. Aber Sie sind ja schon auf einem guten Weg. Also ich weiß nicht, ich bin nicht total informiert über das Alter, aber ich glaube drei sind schon aus dem Gröbsten raus und das vierte wird auch noch seinen Weg gehen. Ja, so ungefähr ist das, ja. Aber über das, was Sie über das Gehirn gesagt haben und so mit Teenagern, da habe ich einen kurzen Moment gedacht, Sie sind der perfekte Teenager-Vater. Jedenfalls rein theoretisch. Oh ne, da müssen Sie mal meine Kinder fragen. Ja, rein theoretisch ist das so. Ich weiß, was los ist, aber es ist glaube ich manchmal, da kann man sich hundert Mal sagen, wir machen das jetzt so und dann merkt man plötzlich, man macht es selber doch völlig anders. Man ist dann einfach auch in seinen eigenen Dingen so gefangen, dass es manchmal nichts nützt zu wissen, es wäre jetzt total pfiffig, wenn ich jetzt gar nichts sage und einfach zugucke und nur Geduld habe. Mir platzt dann auch mal der Kragen und dann wird man eben doch mal laut und ruft jemanden zur Raison, einfach weil man es selber anders nicht mehr erträgt. Und obwohl man weiß, dass es dumm ist. Also es ist einfach so. Jeder versucht sein Bestes oder ja. Das glaube ich einfach sowieso. Ich gehe immer davon aus, dass ich bei allem, was ich tue, zu jedem Zeitpunkt während ich es tue, immer der Meinung bin, das, was ich gerade mache, ist das Richtige. Ich mache ja nichts, wo ich denke, naja, ist wahrscheinlich Quatsch, ich mach es mal trotzdem. Ich glaube, deswegen bereue ich nichts und denke nicht hinterher, ach, das war von dir total doof. Rückblickend auf mein Leben oder auf so eine Erziehungssituation oder was auch immer, kann man sicherlich sagen, das war eine falsche Entscheidung oder die war total ungeschickt. Und man sieht im Nachhinein, dass man zig Fehler gemacht hat. Aber in dem Moment habe ich geglaubt, das Richtige zu tun. Und deswegen kann man, man kann das dann nicht ändern. Man kann nicht da aus seiner Haut, glaube ich, sondern wenn man immer bemüht ist, es für alle bestmöglich zu lösen, unterlaufen einem trotzdem zig Fehler. Ja natürlich und dann will man irgendwie eine Kopie von irgendwas sein. Dann sind wir wieder bei Schauspieler, dann ist man nicht wahrhaftig. Ja, man natürlich, gerade wenn man über Erziehung und Familie redet, ist natürlich eine große Frage, wie kriege ich das alles überhaupt hin, ohne mich dabei selber völlig aufzugeben. Es nützt ja auch niemandem was, wenn ich um alle rumhelikoptere und tanze, in der Hoffnung, alle zufriedenzustellen. Ich merke am Abend, der Einzige, der jetzt echt unter die Räder gekommen ist, bin ich. Das kann ich natürlich diesen Tanz auch nicht lange aufführen. Also, dass es dann am Ende auch für die anderen nicht zielführend ist. Sondern es ist ganz wichtig, dass das in einem Gleichgewicht bleibt. Sie haben so viele Rollen gespielt. Sie waren Bundespräsident, Anwalt, Pianist. Ich hab Sie jetzt bewusst zum ersten Mal als Arzt wahrgenommen oder war schon mal ein Arzt in Ihren Spielen? Ja, ich hab schon mal einen Arzt gespielt. Da hab ich einem Kollegen den Finger an den Schweinebauch genäht, weil ich das nicht gut hingekriegt hab da. Aber ich hab mich einfach tierisch gefreut, dass ich endlich einen Arzt spielen konnte, weil ich ja so gerne auch Arzt geworden wäre. Ehrlich? Ja, im Zivildienst war ich ja zwei Jahre Rettungssanitäter und von daher ist mir diese ganze Atmosphäre sehr vertraut. Ich hab mich wirklich wie ein kleines Kind gefreut, als dann mein Kittel da hing und ich in so Crocs über die Flur gehen konnte. Das war für mich so ein Zuhausegefühl. Cool. Das kommt Ihnen auch sehr, Sie sind Schauspieler, da muss das aber irgendwie, diese ganzen Begriffe, Sie reden ja schon auch wie so ein Arzt redet, das ist Ihnen anscheinend auch nicht so schwer gefallen, sich in diese Sprache einzuarbeiten? Ja, das kann man ja aber für jede Figur. Letztlich lernt man das ja dann und hat auch Fachleute da, die einem unter Umständen Handgriffe so beibringen, dass der Zuschauer auch den Eindruck hat, derjenige macht das da nicht zum ersten Mal. Das ist ja ganz wichtig, man muss ja nicht das ärztliche Fachwissen haben, sondern man muss die Außenwirkung erzielen können, mehr ist es ja letztlich nicht. Man muss erreichen, ich muss ja auch was gelernt haben bei dem Gespräch, dass ich Ihnen glaube, dass Sie wirklich Arzt sind. Und das hab ich. Obwohl ich wusste, dass Sie Kai Wiesinger sind. Also Sie hätten sich sozusagen zur Sprechstunde schon angemeldet. So wie Dr. Brinkmann früher. Genau. War das, wer war denn eigentlich der Mann, dem die Frauen vertrauen? Das gab's doch auch mal. Der Arzt, war das Dr. Brinkmann? Keine Ahnung. Ich selber gucke viel zu wenig, ehrlich gesagt. Ich weiß, der Begriff läutet bei mir auch irgendwas, aber ich weiß es nicht. Sind Sie denn privat jemand, weil Männer tun sich ja ein bisschen schwer mit Ärzten. Gehen Sie regelmäßig zum Arzt? Ich gehe regelmäßig hin. Ich hab ja auch mein erstes Buch, der Lack ist ab, dieses Buch, was ich geschrieben habe. Nach meiner Serie ist ja letztlich ein medizinisch angehauchter Ratgeber, in dem ich die ganzen Themen aus der Lack ist ab medizinisch aufbereitet hab. Und das war von Anfang an mein großes Anliegen, dass ich eben in der Serie reden wir meinetwegen über Darmspiegelung oder Hämorrhoiden als lustig. Aber in dem Buch wird dem Leser und der Leserin doch schon sehr gut erklärt in lustigen Geschichten, wie es zum ersten Arztbesuch. Also ich hätte dieses Buch mit 40 gerne gehabt, da hätte ich mir viele peinliche Fragen ersparen können. Die werden alle in diesem Buch beantwortet und gehen auf die ganzen medizinischen Themen, die eben, wenn dieser körperliche Verfall so um die 40 beginnt, da geht das Buch sehr drauf ein und hilft einem. Alles, was einem eher unangenehm ist. Ich finde ja, Frauen sind ja so was, Arztbesuche, Vorsorge, da gibt es ja auch Zahlen drüber. Wir nehmen das schon ernster, habe ich das Gefühl. Das ist auch gerade ein Buch, was Männer lesen sollten. Absolut. Also es ist ja aus einer männlichen Perspektive geschrieben. Ich habe ja einige Lesungen gemacht auch und das war ja letztes Jahr vier Monate in der Spiegel-Bestsellerliste, muss ich ganz eingebildet mal sagen. Weil es einfach eben so gut funktioniert hat, dass Männer und Frauen, also die Frauen glaube ich, haben einiges über ihre Männer gelernt und die Männer haben viel über sich erfahren, was sie sonst halt andere Leute fragen müssten, ob das normal ist in dem Alter. Das steht da einfach drin, also ich sage das nicht, weil ich mir das einbilde, sondern weil die Leute mir das sagen oder schreiben, die das Buch gelesen haben. Dass es einem wirklich hilft, manche Zusammenhänge zu verstehen oder auch manche körperliche oder psychische Veränderungen als normal anzuerkennen und zu sagen, das ist einfach in dem Alter so. Und das macht mir wahnsinnig Spaß, diese ganzen medizinischen Dinge machen mir einfach total Spaß. Ich liebe es, mit Ärzten zu reden. Ja und dann selber als Arzt jetzt zu spielen, das ist ja perfekt, Dr. Hoffmann. Es ist perfekt. Besser kann es doch gar nicht laufen. Nein, nein, nein, deswegen muss die Quote jetzt nur noch stimmen, dass wir auch die anderen sechs Romane noch verfilmen. Ich bin mir sicher. Also im Grunde ist jetzt nur, was ist jetzt verfilmt? Nur der erste Teil? Nur der erste Teil, ja genau. Ja, aber wir machen ja jetzt, also ich kann es jedem empfehlen, was halt auch schön ist und das hat mich auch so ein bisschen an Serien erinnert, ist die Musik. Es kommen so ein paar Lieblingslieder von mir, also Paulo Conte ist dabei, das darf man ja erzählen. Dann dieses tolle Lied Bang Bang, also das macht auch gute Laune. Ich habe den Film auch nur einmal gesehen bis jetzt, aber ich fand es auch einfach, es geht sehr unterhaltsam, sehr zügig durch die Geschichte und man hat einfach wirklich Spaß eben auch an dem Paar, wie die untereinander sich kabbeln und funktionieren, aber auch an der Geschichte, diesen medizinischen Aspekten und der Crime-Geschichte letztlich da drin. Also es ist spannend und es sind aber viele wundervolle Kollegen dabei, mit denen es auch wahnsinnig Spaß gemacht hat, das zu drehen, sodass ich einfach mich auf die Fortsetzung freue. Heißt es denn jetzt wirklich, dass es erst abgewartet wird, wie die Quote ist? Das ist ja üblich. Das ist doch öffentlich-rechtliches Fernsehen, da kommt's doch nicht auf Quote an. Das wollen wir jetzt gar nicht aufmachen, da könnte man sich endlos drüber unterhalten. Aber klar, es ist einfach so, es werden ja viele Filme, da wird nur ein Pilot gedreht, dann wird geguckt, wie funktioniert das. Andererseits wissen wir alle, dass natürlich auch ein Zuschauer in der Regel nicht nach einer Folge sagen kann, ach das ist meine neue Lieblingsserie, sondern wir alle kennen das ja auch, dass man sich in was reingucken muss. Man muss ja erstmal diese Charaktere über vier, fünf Folgen kennenlernen und dann entsteht dieser Sog, dass man sagt, so und das will ich jetzt weitergucken. Und die Chance muss man manchen Formaten oder den meisten Formaten logischerweise geben, aber es ist eben letztlich doch so, es wird von ganz vielen Filmen ein Teil gedreht, dann wird geguckt, welcher startet am besten und der wird dann weitergemacht und andere werden fallen gelassen. Das ist die deutsche Film-Fernseh-Realität. Wie gesagt, darüber sprechen wir jetzt nicht, das heben wir uns auf fürs nächste Gespräch. Können Sie sich noch an diese ersten Sätze von Ihnen erinnern, mit denen der Film startet, die eben oft gesprochen werden? Ja, wo er da vor dem Toten steht und sich fragt, ob er in einen Strudel oder so. Ich könnte es jetzt nicht wiederholen. Kennen Sie das Gefühl, ich glaube ich hab's mir auch, kennen Sie das Gefühl, ich finde das ist ein guter Anfang, wenn einem alles entgleitet. Und wie geht's weiter? Kennen Sie das Gefühl, wenn einem alles entgleitet und man hat alles… Ich weiß nicht. Ist egal. Es fängt jedenfalls gut an. Ja, es hört auch gut auf. Und das kann man glaube ich sagen, es wäre schade, weil jetzt fragt man sich natürlich, ja Mensch, jetzt geht's ja ab mit dem Doktor Hoffmann. Also er stirbt nicht in der ersten Folge. Nein, er stirbt überhaupt nicht, aber er hat um sein Leben zu kämpfen. Wann der Film? Ich hoffe, dass die anderen sechs Filme werden auch gedreht und es war mir eine Freude mit Ihnen zu plaudern und ich freue mich schon aufs nächste Mal. Sehr gerne, ganz herzlichen Dank und dann gerne wieder in meiner alten Heimat Bad Vilbel. Sehr gerne. Vielen Dank.