Totschlag oder Notwehr? Prozess um Messerstecherei an Burg Gleiberg
Prozessauftakt in Gießen - Tödlicher Streit um Drohne am Gleiberg
Notwehr oder Totschlag? Vor dem Schwurgericht in Gießen hat am Montag der Prozess um eine tödliche Messerstecherei an der Burg Gleiberg bei Gießen begonnen.
Angeklagt ist ein pensionierter Kriminalbeamter aus dem Vogelsberg. Der mittlerweile 71-Jährige soll im Herbst 2020 einen 55-Jährigen erstochen haben, der ihn seinerseits angegriffen habe. Vor Gericht erklärte der Angeklagte, aus Notwehr gehandelt zu haben. Er habe sich von den beiden Wettenbergern, die beide größer gewesen seien als er, bedroht gefühlt und um sein Leben gefürchtet. Das spätere Opfer sei ihm quasi ins Messer gelaufen.
Gericht will aufgenommene Drohnenbilder sehen
Weitere Aussagen wie die des zweiten an der Auseinandersetzung Beteiligten und der Rettungskräfte sowie des Notarztes sollen nun Klarheit in den Ablauf der Prügelei bringen. Vor Gericht räumte der 71-jährige ein, sich nach dem tödlichen Stich nicht weiter um das Opfer gekümmert zu haben. Stattdessen landete er seine Drohne. Die Bilder der Drohne haben die Schlägerei möglicherweise aus der Luft aufgenommen. Diesen Film will das Gericht nun anschauen.
Opfer fühlte sich von der Drohne des Angeklagten gestört
Es ist ein schöner Herbsttag im September 2020. Unterhalb der schönen Burg Gleiberg bei Gießen lassen der Polizist im Ruhestand und ein Begleiter eine Drohne aufsteigen, um Bilder der tollen Umgebung einzufangen. Viele machen das hier und mittlerweile sind die Gleiberger gelegentlich davon genervt. Ganz in der Nähe arbeiten zwei Wettenberger an einem historischen Brunnenhäuschen. Sie befürchten nun, die Pferde auf der Koppel könnten durch die Drohne gestört werden.
Auseinandersetzung eskaliert in kürzester Zeit
Innerhalb von wenigen Sekunden, so beschreibt es Staatsanwalt Thomas Hauburger im FFH-Gespräch, entwickelte sich eine massive Auseinandersetzung zwischen den eigentlich unbescholtenen Bürgern. Zunächst fliegen Worte, dann Fäuste und dann, so der Staatsanwalt, habe das 55-jährige spätere Opfer zu einem massiven Tritt gegen den Kopf des ehemaligen Polizisten angesetzt. Der zieht ein Messer und sticht den Wettenberger in die Brust. Wenige Stunden später verstirbt der Getroffene trotz Not-OP in der Gießener Uniklinik.
Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren zunächst wegen Notwehr ein
Wenige Monate später stellt die Gießener Staatsanwaltschaft das Verfahren zunächst ein, da sie den Messerstich als Notwehr einstuft. Die Angehörigen Opfers können das aber nicht hinnehmen und klagen vor dem Frankfurter Oberlandesgericht, das in einer vorläufigen Bewertung keine Notwehrlage sieht. Der Fall wandert zurück nach Gießen und soll nun vor dem Schwurgericht aufgearbeitet werden. Das Messer wurde damals übrigens nicht gefunden, trotz umfangreicher Suche der Ermittler am Tatort an der Burg Gleiberg.
Hochemotionaler Fall für alle Beteiligten
"Der Fall ist sehr schwer zu beurteilen," sagt Staatsanwalt Thomas Hauburger: Innerhalb von Sekunden und Minuten sei der Streit in einem kaum vorstellbaren Maß eskaliert. Es sei ein hochemotionaler Fall für alle Beteiligten.