UKGM-Ärzte fürchten um Existenz - "Ministerpräsident muss sich einschalten"
Die Klinikdirektoren der Unikliniken in Gießen und Marburg wenden sich mit einem dramatische Hilferuf an Hessens Minsterpräsident Boris Rhein. Die Zukunft des UKGM sei existenziell bedroht, da die Verhandlungen über den Zukunftsvertrag stockten.
Derzeit herrsche sogar Funkstille zwischen Land und Rhön-Klinikum-AG. Statt die von Landesseite zugesicherten Fördermittel zu investieren erlebe das UKGM einen vom Krankenhausbetreiber Askelpios/Rhön forcierten Sparkurs verbunden mit einem bedrohlichen Investitionstopp.
Neue Verhandlungsführung oder Schlichtung gefordert
Die Klinikdirektor fordern den Ministerpräsidenten dringend auf, sich einzuschalten und bringen eine Schlichtung ins Gespräch. Denn gibt es bis Jahresende keine Einigung, drohe ein zermürbender Rechtsstreit, der die Existenz des UKGM bedrohe. In einem 6-Punkte-Papier fordern die mittelhessischen Spitzen-Ärzte zu Ehrlichkeit auf: Sei eine Einigung nicht möglich, solle das Land einen Rückkauf des UKGM auf den Weg bringen.
Vom erfolgreichen Uniklinikum zum Unruheherd
Die Ärzte beklagen, dass sich das UKGM während der Verhandlungen von einem wissenschaftlich, wirtschaftlich und klinisch erfolgreichen Uniklinikum zu einem Unruheherd entwickelt habe. Die stockenden Verhandlungen jetzt würden zu einer existentiellen Bedrohung. Was den Ärzten besonders Sorge macht: Dass über die notwendige Förderung des UKGM erst in einem jahrelangen Rechtsstreit entschieden werden könnte.
Konfrontative Grundstimmung zwischen Asklepios und Land Hessen
Deshalb fordern sie jetzt eine neue Verhandlungsführung. Die Ärzte erinnern daran, dass das Land nicht nur für die Uniklinik Frankfurt Verantwortung trage, sondern auch für Gießen und Marburg. Der UKGM-Geschäftsführung sprechen die Klinikdirektoren Respekt und Achtung aus, allerdings habe der Krankenhauskonzern Asklepios, zu dem das Rhön-Klinikum gehört, derzeit in bedrohlicher Weise Investitionen gestoppt.
Klinikdirektoren bringen Rückkauf des UKGM ins Gespräch
Das Fazit der Ärzte: Wenn Unimedizin und private Unternehmenskultur nicht zusammenpassten, solle das Land die Unikliniken in Marburg und Gießen zurückführen sprich zurückkaufen. Das forderte auch schon die Gewerkschaft Verdi.
Hintergrund der Vertragsverhandlungen:
Das Land Hessen und die Rhön-Klinikum AG verhandeln derzeit einen Zukunftsvertrag für das UKGM, der langfristige Investitionsmittel vorsieht und regelt. Dabei fordert das UKGM deutlich höhere Investitionsmittel als das Land Hessen zu zahlen bereit ist. Das Land Hessen fordert dagegen, dass die Rhön-Klinikum AG zum Beispiel auf Jahre auf Ausgliederungen verzichtet. Der Ukraine-Krieg mit seinen explodierenden Kosten hat die Verhandlungssituation verschärft. Die Gewerkschaft Verdi fordert schon vor Abschluss des Zukunftsvertrages einen gesonderten Tarifvertrag zur Absicherung aller Beschäftigtengruppen.
6 Punkte aus der Klinikdirektorenkonferenz
Pressemitteilung der Klinikdirektoren
Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) hat sich in den letzten zwei Jahren von einem wirtschaftlich, klinisch und wissenschaftlich sehr erfolgreichen Universitätsklinikum (dem drittgrößten Deutschlands) zu einem Unruheherd und Ort größter Besorgnis entwickelt. Es ist nicht übertrieben, von einer existentiellen Bedrohung mit Verlust einer realistischen Zukunftsperspektive zu sprechen.
Die Zukunftsvereinbarung zwischen Asklepios/Rhön und dem Land Hessen wurde gekündigt und läuft zum Jahresende 2022 aus. Seit Monaten stocken die Verhandlungen, es herrscht Funkstille. Statt die von Landesseite zugesicherten Fördermittel zu investieren erlebt UKGM einen vom Krankenhausbetreiber Askelpios/Rhön forcierten Sparkurs verbunden mit einem bedrohlichen Investitionstopp.
In einer gemeinsamen Konferenz haben sich nun die Klinikdirektoren-/innen an den Ministerpräsidenten Boris Rhein und den Gesellschafter von Asklepius Dr. gr. Broermann gewandt, damit auf höchster Ebene doch noch eine Zukunftsvereinbarung erreicht wird oder das UKGM wieder vom Land übernommen wird.
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Investitionen durch das Land müssen auch für das UKGM zeitnah, verlässlich und ausreichend zur Verfügung stehen – zumindest mittelfristig sollte eine faire Gleichbehandlung aller medizinischen Universitätsstandorte in Hessen erreicht werden. Die Landesregierung in Hessen hat Verantwortung nicht nur für ein Universitätsklinikum (Frankfurt), sondern für drei Universitätsmedizinstandorte.
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Die Art der Förderung des UKGM durch das Land darf nicht auf dem Weg eines für das Universitätsklinikum zermürbenden jahrelangen Rechtsstreits bestimmt werden, sondern ist durch eine einvernehmliche Regelung zwischen Ihnen beiden zu erreichen.
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Die konfrontative Grundstimmung zwischen Asklepios/Rhön und dem Land und der resultierende Stillstand muss kurzfristig überwunden werden, sei es durch einen Austausch in der Verhandlungsführung und/oder Einschaltung einer Schlichtung.
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Das UKGM hat sich über viele Jahre im Vergleich aller deutschen Universitätskliniken als wirtschaftlich besonders erfolgreich erwiesen, seine Geschäftsführung ist unter den Klinikdirektoren-/innen sehr respektiert und geachtet. Sie sollte daher nicht unrealistischen, konfrontativen und unangebrachten Vorgaben ausgesetzt werden.
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Asklepios/Rhön muss grundsätzlich anerkennen, dass ein Universitätsklinikum ein anderes Aufgabenprofil und andere Rahmenbedingungen hat, als andere (auch große) Kliniken der Regelversorgung. Nur bei Akzeptanz dieser Ausgangsbetrachtung kann es gelingen, durch Zusammenführung universitätsmedizinischer Innovation bzw. Expertise und privatwirtschaftlicher Unternehmenskultur das „Beste aus zwei Welten“ für die Zukunft der Universitätsmedizin zu nutzen.
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Wenn sich herausstellt, dass universitätsmedizinischer Anspruch und privatwirtschaftliche Unternehmenskultur nicht miteinander vereinbar sind, sollte eine Rückführung des UKGM an das Land Hessen als ehrliche Alternative geprüft und auf den Weg gebracht werden. Wir möchten Sie als höchste Entscheidungsträger des Landes und des Asklepios-Konzerns bitten, dieses konstruktiv zu prüfen.
Prof. Dr.med. Dr. med. dent. Hans-Peter Howaldt und Prof. Dr. med. Hinnerk Wulf, Sprecher der Klinikdirektorenkonferenzen Gießen und Marburg