Angriffe + Steinewürfe auf Polizeikräfte:
— Polizei Mittelhessen (@Polizei_MH) July 8, 2023
Im Bereich der Heuchelheimer Brücke haben Einsatzkräfte Schlagstock + Pfefferspray eingesetzt, nachdem mehrere Personen versucht haben, die Polizeikette zu durchbrechen.
Ein Wasserwerfer steht bereit.#Polizei #Mittelhessen #0723gi
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Eritrea-Festival in Gießen: 26 Polizisten bei Angriffen verletzt
Krawalle bei Eritrea-Festival - Gießens OB Becher fordert Aufarbeitung
Nach den Ausschreitungen am Samstag ist es in der Nacht drauf und dann auch am Sonntag rund um das Eritrea-Festival in Gießen weitgehend ruhig geblieben. Laut Polizei wurden bei Kontrollen keine nennenswerten Verstöße festgestellt. Die heftigen Krawallen lösten eine Debatte über die Zukunft des Festivals aus. Gießens Oberbürgermeister Thilo Becher kündigte im Gespräch mit FFH eine Aufarbeitung der Ereignisse an und sagt: "Das darf sich nicht wiederholen."
Bei Ausschreitungen am Rande des umstrittenen Eritrea-Festivals in Gießen sind am Wochenende 26 Polizistinnen und Polizisten verletzt worden. Gegner der Veranstaltung attackierten am Samstag Beamte mit Stein- und Flaschenwürfen und zündeten Rauchbomben. Sie durchbrachen Absperrungen und versuchten, auf das Festivalgelände zu gelangen. Die Polizisten setzten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Auch in der Stadt kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei.
Gießen im Ausnahmezustand
Den Tag über kreiste ein Polizeihubschrauber über der Stadt, immer wieder waren Sirenen zu hören, Straßen wurden gesperrt. Eine Kundgebung am Nachmittag gegen das Festival beendete die Stadt vorzeitig. Auch das Museumsfest wurde vorzeitig beendet.1.000 Polizeikräfte waren zeitweise im Einsatz. Angesichts der heißen Temperaturen und der massiven Angriffe, sei es ein besonderer und kräftezehrender Einsatz gewesen, so die Polizei zu HIT RADIO FFH.
Verletzte Beamten wieder raus aus Krankenhaus
Von den 26 verletzen Beamten trugen sieben schwerere Verletzungen davon, am Sonntag hatten sie das Krankenhaus bereits wieder verlassen. Es habe sich überwiegend um Platzwunden, Bänderrisse, Knochenbrüche oder Zerrungen gehandelt, sagte ein Polizeisprecher. Der Polizei lagen keine Erkenntnisse über unbeteiligte Verletzte oder Schwerverletzte in den Reihen der Festivalgegner vor.
Über 100 Festnahmen
Nach Polizeiangaben vom Samstag wurden bislang 125 Ermittlungsverfahren fast ausschließlich wegen Landfriedensbruch eingeleitet. Die Polizisten hätten mehr als 1.800 Personen kontrolliert und letztlich 131 Personen seien wiederum in Gewahrsam genommen worden, die zum Teil aus dem europäischen Ausland angereist seien.
Ruhiger Sonntag
Trotz der ruhigeren Lage blieb die Polizei am Sonntag mit zahlreichen Kräften vor Ort - "so lange es nötig ist", wie ein Sprecher sagte. Am frühen Nachmittag hatten bereits zahlreiche Besucher das Festivalgelände verlassen, ohne dass es dort zu Protesten gekommen war.
Das Festival war nach Angaben der Stadt vor mehr als zehn Jahren von Frankfurt nach Gießen gezogen, wohl wegen der zentralen Lage der mittelhessischen Stadt und der für das Fest geeigneten Halle, die außerhalb der Innenstadt liegt.
Debatte über Zukunft des Festivals
Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im hessischen Landtag, Heike Hofmann, sprach sich dafür aus, nicht nur das Sicherheitskonzept, sondern den Fortbestand des Festivals insgesamt kritisch zu hinterfragen. Es stelle sich die Frage, "ob die als "Familienfest" deklarierte Veranstaltung, die von Kritikerinnen und Kritikern als Propagandaveranstaltung des diktatorischen Regimes in Eritrea eingeordnet wird, noch einmal stattfinden könne".
OB Becher: "Unerträgliche Bilder"
Auch der Gießener Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD) fordert eine Aufarbeitung der Geschehnisse. "Die Bilder, die aus unserer Stadt am Wochenende durch die Welt gingen, sind unerträglich", wurde Becher in einer Mitteilung der Stadt zitiert. Tausende unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger seien in ihrem alltäglichen Leben mehr als einen ganzen Tag massiv eingeschränkt worden. "Man muss angesichts dessen tatsächlich die Frage stellen: Stehen diese Einschränkungen noch im richtigen Verhältnis zu dem Wunsch des Veranstalters, ein Fest zu feiern? Diese Frage gehört auf allen Ebenen - politisch wie juristisch - aufgearbeitet", erklärte das Stadtoberhaupt.
Die Stimmung war in sozialen Netzwerken teils aufgeheizt. Die Polizei warnte vor Falschmeldungen. Ein Sprecher sagte, dass ein Teil der im Internet kursierenden Videos, die Ausschreitungen zeigten, mutmaßlich aus dem Vorjahr stammten.
Hintergrund Eritrea-Festival
Das zweitägige Eritrea-Festival wurde in der Hessenhalle veranstaltet, die ein Stück außerhalb der Gießener Innenstadt auf der anderen Lahn-Seite liegt. Der Veranstalter, der Verein Zentralrat der Eritreer in Deutschland, gilt als regierungsnah. Das Festival ist daher umstritten. Bereits vor einem Jahr hatten Regimegegner ein Konzert im Rahmen des Festivals versucht zu stürmen. Der Zentralrat der Eritreer in Deutschland rechnete mit etwa 2500 Besuchern in den Messehallen, es sei ein Familienfest. Eritrea mit rund drei Millionen ist ein Einparteien-Staat und weitgehend abgeschottet. Vor dem unbefristeten Zwangs-Wehrdienst fliehen viele ins Ausland.
Beuth: Bundesregierung soll Botschafter einbestellen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Gewalt. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) forderte die Bundesregierung auf, den Botschafter des Landes einzubestellen. "Der eritreischen Regierung muss deutlich gemacht werden, dass eritreische Konflikte nicht auf deutschem Boden ausgetragen werden dürfen", sagte er am Samstag. "Unsere Polizistinnen und Polizisten sind nicht der Prellbock für Konflikte von Drittstaaten."
Scharfe Kritik von Union und AfD
Thorsten Frei, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, forderte ein "Ende der Naivität in der Migrationspolitik". Er sagte der dpa: "Wer ungesteuerte Migration akzeptiert oder - wie die Grünen - sogar regelmäßig befördert, sollte sich über die Konsequenzen nicht wundern." Der AfD-Vizevorsitzende Stephan Brandner kritisierte, dass das Eritrea-Festival in Deutschland stattfinden dürfe. "Die Diktatur möge sich selbst in Eritrea feiern. So etwas hat in unserem Land nichts verloren."
Gießen wollte Festival stoppen - vergebens
Die Stadt Gießen hatte vergeblich versucht, gerichtlich ein Verbot des Festivals durchzusetzen, auch weil die Polizei zuvor Kenntnis davon bekommen hatte, dass womöglich gewaltbereite Störer anreisen würden.
VGH gibt grünes Licht für Eritrea-Festival
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte am Freitag Beschwerden der Stadt Gießen gegen eine Entscheidung des Gießener Verwaltungsgerichts abgewiesen, das das Verbot zuvor bereits gekippt hatte. Das Sicherheitskonzept des Veranstalters sei ausreichend, um den drohenden Gefahren für Veranstalter und Besucher zu begegnen, erklärte der VGH unter anderem zur Begründung.
Stadt hat Erwartungen nicht klar kommuniziert
Die Stadt habe ihre Erwartungen für ein der Gefahrenlage angemessenes Sicherheitskonzept gegenüber dem Veranstalter "nicht klar genug und nicht rechtzeitig kommuniziert". Zudem könne der Veranstalter für die in den sozialen Medien ausgesprochenen Drohungen mit Gewalt nicht verantwortlich gemacht werden.
Behörde: Sicherheitskonzept genügt nicht
Das Festival war auch mit Blick auf gewaltsame Proteste bei der Vorgänger-Veranstaltung im vorigen Sommer vom Gießener Ordnungsamt untersagt worden. Aus Sicht der Behörde genügte das Sicherheitskonzept nicht, um drohende Gefahren insbesondere für die Festival-Besucher, aber auch für die Allgemeinheit abzuwenden.
Temporäre Waffenverbotszonen eingerichtet
Der Landkreis Gießen hatte zuvor eine temporäre Waffenverbotszone eingerichtet. Hintergrund sind befürchtete Ausschreitungen im Zusammenhang mit dem Eritrea-Festival in den Messehallen.
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