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Bürgerentscheid Move 35 - Marburger gegen Halbierung des Autoverkehrs

Trotz "Nein" der Bürger - Marburgs OB hält an Verkehrskonzept fest

© HIT RADIO FFH

Die Bürgerinnen und Bürger der Universitätsstadt Marburg in Mittelhessen haben beim Bürgerentscheid gegen eine Halbierung des Autoverkehrs in der Stadt bis 2035 gestimmt.

Klatsche für die Koalition. Mit 51,8 Prozent der Stimmen haben die Marburgerinnen und Marburger dagegen gestimmt, dass der Autoverkehr in der Unistadt in den nächsten Jahren halbiert werden soll. "Damit ist das ideologiegetriebene Verkehrskonzept Move 35 Geschichte," sagte der Marburger CDU-Chef Dirk Bamberger zu HIT RADIO FFH.

Er forderte den Marburger Verkehrsdezernenten Michael Kopatz (Klimaliste) zum Rücktritt auf. Bei den Europawahlen entschieden sich 0,5 Prozent der Marburger für die Klimaliste. Für die Zielsetzung von Move 35 nämlich den Autoverkehr zu halbieren sprachen sich 48 Prozent der Marburgerinnen und Marburger aus. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 70 Prozent. 

Der Marburger CDU-Chef Dirk Bamberger

"Damit ist das ideologiegetriebene Verkehrskonzept Move 35 vom Tisch. Wir sind zu Gesprächen über eine gute Verkehrspolitik bereit."

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Oberbürgermeister Spies dankt den Bürgern von Marburg

Oberbürgermeister Thomas Spies kündigte im FFH-Gespräch an, in der Stadtverordnetenversammlung die künftige Verkehrspolitik thematisieren zu wollen. "Für so ambitionierte Ziele wie die in Move35," so Spies, "brauchen wir eine breite Basis in der Bevölkerung." Der Bürgerentscheid sei richtig gewesen, so Spies. Allerdings, so Spies, sei damit Move35 nicht vom Tisch. Denn die Gesamtheit der Stadtverordnetenversammlung habe erklärt, dass sie die "überwiegende Zahl der Maßnahmen von Move 35" als sinnvoll betrachte. Spies kündigt Gespräche mit den Fraktionen an. 

Oberbürgermeister Thomas Spies

"Es war richtig den Bürgerentscheid durchzuführen. Damit ist jetzt nur das Ziel der Halbierung des Autoverkehrs vom Tisch. Damit ist nicht Move35 vom Tisch."

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Unterschriftenaktion fürhte zu Bürgerentscheid

Das Mobilitäts- und Verkehrskonzept MoVe35 wurde im Juli 2023 durch die Stadtverordnetenversammlung mit deutlicher Mehrheit beschlossen. FFH berichtete. Gegen das Verkehrskonzept der Klima-Koalition hatten sich über 8.000 Menschen mit ihrer Unterschrift ausgesprochen. Daraufhin entschied die Stadt, den Bürgerentscheid selber auf den Weg zu bringen. 

Halbierung des PKW-Verkehrs angestrebt

„Sind Sie dafür, dass das im Rahmen von MoVe35 beschlossene Ziel einer Halbierung des PKW-Verkehrs zugunsten anderer Verkehrsmittelnutzungen weiterhin verfolgt wird?“ Über diese Frage konnten die Marburgerinnen und Marburger beim Bürgerentscheid mit Ja oder Nein abstimmen. 

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Befürwortet wird das Konzept von der Marburger Klima-Koalition aus SPD, den Grünen, der Klimaliste und den Linken. Auch Oberbürgermeister Thomas Spies setzt sich für MoVe35 ein. Das Ziel sei es, Marburg mit allen Verkehrsmitteln besser erreichbar zu machen, wirbt der Oberbürgermeister für MoVe35. Hierfür solle der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Kürzere Wege könnten anstatt mit dem Auto mehr zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden. 

Das sind die Ziele von MoVe35

  • Sichere Mobilität und Barrierefreiheit
  • Innere und regionale Erreichbarkeit Marburgs
  • Umweltverbund als Rückgrat der Mobilität
  • Stadt- und umweltverträglicherer Kfz-Verkehr
  • Attraktiver öffentlicher Raum in einer Stadt der kurzen Wege
  • Mobilitätswende: Den Anteil des Fuß-, Fahrrads- und ÖPN-Verkehrs von derzeit 58 % auf mindestens 68 %, möglichst auf 79 %, erhöhen. Den Anteil des PKW-Verkehrs demzufolge bis 2035 möglichst halbieren

Im Video erklärt Oberbürgermeister Spies das MoVe35-Konzept


Verkehrskonzept spaltet Marburg: 8000 Unterschriften gegen MoVe35

Der Bürgerentscheid hat eine lange Vorgeschichte. Denn das Verkehrskonzept ist in der Stadtgesellschaft sehr umstritten. Besonders die Opposition aus CDU, FDP und "Bürgern für Marburg" kritisierte, dass Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, nicht mehr gut in die Stadt kommen und so auch Arbeitsplätze dort unattraktiv würden. Die Stadt würde zur Geisterstadt, so die Befürchtung. Die drei Parteien hatten im Herbst 2023 eine Unterschriftensammlung angestoßen, um ein Bürgerbegehren zu erreichen. Damit sollte dann verhindert werden, dass MoVe35 in der aktuellen Fassung umgesetzt wird. In wenigen Woche kamen über 8000 Unterschriften zusammen, fast doppelt so viele wie notwendig für ein Bürgerbegehren. Jedoch wurde die Fragestellung des Bürgerbegehren vom Wahlamt als unzulässig eingestuft und somit abgelehnt. 

Bürgerentscheid nur zu einem Punkt des Konzepts 

Dennoch hatte die Stadtverordnetenversammlung im Februar 2024 einen Bürgerentscheid beschlossen, da man laut Oberbürgermeister Spies die große Zahl an Unterschriften nicht ignorieren könne. Beim Entscheid ging es allerdings nicht um das Gesamtkonzept von MoVe35. Nur über das sehr umstrittene Ziel, den PKW-Verkehr bis 2035 zu halbieren, wurde abgestimmt. Wahlberechtigt waren circa 58.000 Marburger. Wesentliche Ziele und Maßnahmen des Verkehrskonzepts bleiben unabhängig von dem Ergebnis bestehen, müssten aber je nach Entscheidung der Bürger noch mal überprüft werden. 


Das Fact-Sheet zum Bürgerentscheid


Um wie viel Prozent soll der PKW-Verkehr sinken?

Aktuell werden laut Berechnungen in Marburg vier von zehn Wegen mit dem Auto zurückgelegt. Das soll durch das Verkehrskonzept deutlich gesenkt werden, um 25 bis 50 Prozent, je nachdem, wie die Bürger entscheiden. Auf der Marburger Website heißt es: "Wenn es gelingt, die Menschen davon zu überzeugen, in den nächsten zehn Jahren einen oder zwei dieser zehn Wege nicht mehr mit dem Auto, sondern mit Bus, Bahn, Fahrrad oder den eigenen Füßen zurückzulegen, ist dieses Ziel erreicht. Um das zu ermöglichen, sieht MoVe 35 die Schaffung von Alternativen vor." 

"Ein Plan von allen für alle"

Egal wie die Marburger sich am Sonntag entscheiden - in zukünftige Prozesse, die MoVe35 betreffen, sollen sie auf jeden Fall miteinbezogen werden. Das hat die Stadtverordnetenversammlung zusätzlich beschlossen. Auch Oberbürgermeister Spies hält das für notwendig. In der Vergangenheit seien die Bürgerinnen und Bürger nicht gut eingebunden worden, das müsse man ändern. Schließlich sei es ein "Plan von allen für alle" und solle langfristig für ein nachhaltiges, lebenswerteres Marburg sorgen. 

Anne Schmidt

Leiterin Studio Mittelhessen
Anne Schmidt

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