Sensationsfund im Seltersweg: Alte Festungsmauer in Gießen entdeckt
Sensationsfund im Seltersweg - Alte Festungsmauer in Gießen entdeckt
Seit einigen Wochen laufen die Arbeiten an der Fernwärme-Baustelle im Gießener Seltersweg. Nun der Sensationsfund: Hier wurde ein Teil der alten Festungsanlage der Stadt entdeckt. Die eigentlichen Arbeiten an der Baustelle werden sich damit verzögern, teilen die Verantwortlichen heute mit.
Schätzungen zufolge stammt die Mauer aus den 1530er Jahren. Damals war Gießen eine für ganz Hessen bedeutsame Stadt, die durch eine robuste Festungsanlage geschützt werden musste.
Mit diesem Fund hatte keiner gerechnet
Nur etwa 1,35 Meter ist die Baustelle im Seltersweg tief und schon seit einigen Wochen laufen dort die Arbeiten der SWG, um die Anwohner künftig mit Fernwärme zu versorgen. Dass Gießen vor vielen Jahren eine schwere Festung umgab, war vor Beginn der Arbeiten bekannt. Und auch der Verlauf dieser Mauer wurde von Experten auf Stadtkarten festgehalten. Nun aber die Überraschung: Ein mutmaßlich früherer Verlauf der Festungsmauer führt genau durch die Baustelle in der Shoppingstraße.
"Vor der Schippe ist es dunkel"
Bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz beschreiben die Verantwortlichen die Situation folgendermaßen: "Vor der Schippe ist es dunkel". Mit diesem Fund hat also keiner gerechnet, erzählen die Verantwortlichen von den Stadtwerken und der Unteren Denkmalschutzbehörde. Die haben nun ein Team zur Baustelle geschickt, was die Mauer jetzt freilegt, damit sie dokumentiert und fotografiert werden kann. Derzeit ragt sie nur ein Stück aus dem Boden der Baustelle. Schätzungsweise geht sie noch mehrere Meter tief in die Erde.
Alte Mauer verläuft in der Nähe der Wolkengasse
Ersten Erkenntnissen zufolge stammt die Mauer aus den 1530er Jahren, später wurde sie abgebrochen, um das Material für einen späteren Verlauf der Festung wiederzuverwerten. Was die Passanten jetzt im Seltersweg auf Höhe der Wolkengasse sehen, ist also mutmaßlich die obere Abbruchkante vom früheren Bollwerk. Später wurde die Festung ausgeweitet, es gab einen tiefen Flutgraben und "Feinde mussten sich gut überlegen, ob sie Gießen wirklich angreifen wollten", sagt Stadtarchäologe Björn Keiner am FFH-Mikro.
Weitere Funde denkbar
Stadtwerke und die Untere Denkmalschutzbehörde schließen nicht aus, dass weitere unerwartete Funde in der Zukunft folgen könnten. "Es ist wie ein Mosaik, was wir Stück für Stück zusammensetzen", so Björn Keiner. Wie lang sein Team nun mit den Ausgrabungen beschäftigt sein wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, der ursprüngliche Abschluss der Bauarbeiten im Seltersweg wird sich nun nach hinten schieben.
Fertigstellung der Bauarbeiten verschiebt sich
Die Stadtwerke Gießen hatten zunächst angekündigt, dass die Fernwärmeleitungen bis zum Stadtfest Mitte August verlegt und das Erdloch wieder zugeschüttet sein würden. Durch den Streik der Bauleute vor einigen Tagen hatte sich der Zeitplan bereits verschoben. Was der Fund der Mauer nun für den Zeitplan bedeuten wird, konnte am Donnerstagvormittag (06. Juni) noch keiner genau sagen. Man werde sich bemühen, die verschiedenen Interessen der Anwohner und Gewerbetreibenden bestmöglich zu berücksichtigen.
Stadtwerke verlegen Fernwärme-Leitungen
Anfang Mai haben die Stadtwerke Gießen im Seltersweg zwischen der Westanlage und der Goethestraße begonnen, Fernwärmeleitungen zu verlegen. „Die Erschließung des letzten Teilstücks des Selterswegs zwischen der Westanlage und der Goethestraße steht schon länger auf unserer Agenda“, erklärte Matthias Funk, Technischer Vorstand der SWG.
Fernwärme-Nachfrage bei den Anwohnern steigt
Auslöser war die konkrete Anfrage eines Anliegers, der seine Immobilie saniert und wegen eines Fernwärmeanschlusses bei den SWG vorstellig wurde. Dort soll nun ein Teil der Unibibliothek entstehen. Insgesamt haben laut SWG 14 Eigentümerinnen und Eigentümer einen Fernwärmeanschluss bestellt – mehr als die Hälfte der Anliegerinnen und Anlieger im Seltersweg zwischen Goethestraße und Westanlage. „Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren weitere hinzukommen“, sagt Jens Schmidt, Kaufmännischer Vorstand der SWG.
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