Erster Prozess in Gießen nach Randale gegen Eritrea-Festival beginnt
Eritrea-Festival in Gießen - Gericht hebt U-Haft für Angeklagten auf
Überraschung im Prozess um die Randale beim Eritrea-Festival vor knapp einem Jahr in Gießen: Am ersten Prozesstag hat das Gericht den Haftbefehl gegen den Angeklagten aufgehoben - gegen eine Kaution von 5.000 Euro.
Nach der Prüfung von Videoaufnahmen und Zeugenaussagen sah das Gericht keine weiteren neuen Erkenntnisse.
Polizeibeamte erscheinen nicht zur Aussage
Zuvor waren zwei Polizeibeamte, die ebenfalls als Zeugen befragt werden sollten, nicht zu der Verhandlung erschienen - eine Beamtin hatte sich kurzfristig krankgemeldet, ein weiterer Beamter fehlte unentschuldigt. "Das ist alles in hohem Maße misslich", sagte der Vorsitzende.
100 Randalierer zogen durch die Innenstadt
Der 24 Jahre alte Angeklagte ist wegen schweren Landfriedensbruchs, tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, Teil einer etwa 100-köpfigen Gruppe gewesen zu sein. Diese Gruppe soll mit Steinen, Flaschen und Stöcken bewaffnet Polizisten angegriffen haben. Mehrere Polizisten wurden verletzt. Es ist der erste Prozess zu den Ausschreitungen vor fast einem Jahr.
Angeklagter gibt nur Kletteraktion auf Polizeiauto zu
Die Verteidigerin des Angeklagten verlas eine Erklärung. Der Angeklagte gab zu, auf zwei Polizeiautos geklettert zu sein und bedauerte jeglichen Sachschaden. Sein Ziel sei es nie gewesen, Personen zu schaden. Er wollte gegen das Festival protestieren und mit den Besuchern diskutieren. Aufgrund der geparkten Polizeifahrzeuge habe er klettern müssen, sah dann aber niemanden, zu dem er sprechen konnte. Auf dem Rückweg wurde er von Polizisten mit Pfefferspray besprüht.
Videoaufnahmen liefern keine eindeutigen Beweise
Während der Verhandlung wurden Videos der Polizei gezeigt. In diesen Videos waren gewalttätige Handlungen der Demonstranten zu sehen. Die Staatsanwältin sagte, das Material zeige den Angeklagten „immer wieder mittendrin“. Er habe durch Gesten Gewalt unterstützt. Die Verteidigerin widersprach. Sie betonte, dass die Verletzungen der Polizisten bei einem separaten Vorfall geschahen. Ihr Mandant sei von der Gewalt schockiert gewesen.
Gießen zeitweise fast abgeriegelt
Zeitweise wirkte die Gießener Innenstadt wie abgeriegelt. Aus Angst vor Ausschreitungen stellten sogar Buslinien ihre Fahrten ein. Es flogen Rauchbomben und Randalierer versuchten auf das Festivalgelände zu gelangen, wo viele Eritreer und Eritreerinnen friedlich ein Kulturfestival feierten, das politisch aber umstritten ist.
Derzeit noch weitere Personen zur Fahndung ausgeschrieben
Die Ereignisse zogen laut Staatsanwaltschaft rund 650 Ermittlungsverfahren nach sich, bisher gebe es 50 Anklagen und Strafbefehle. Weitere Verfahren seien eingestellt oder liefen noch. Es seien auch Personen zur Fahndung ausgeschrieben worden.
Große Belastung für die Staatsanwaltschaften
"Die Bearbeitung der etwa 650 Ermittlungsverfahren bedeutet für die Staatsanwaltschaft Gießen eine erhebliche Mehrbelastung, die uns auch mit Blick auf die ohnehin schon bestehende massive Vorgangsbelastung vor große Herausforderung stellt", erklärte der Sprecher. "Denn zusätzliches Personal steht für die Bewältigung dieser Aufgabe nicht zur Verfügung."