Kinderarzt-Mangel in Korbach - Jetzt soll ein Headhunter Personal finden
Wohin mit dem Kind, wenn es krank ist? Für zahlreiche Eltern im Raum Korbach ist das spätestens seit dem vergangenen Sommer ein großes Problem. Seit dem Weggang einer Kinderärztin gibt es nur noch eine Praxis. Jetzt will die Stadt sogar mit einem Headhunter Personal beschaffen - und nimmt dafür zehntausende Euro in die Hand.
Die Praxis von Meike Bökemeier gleicht einer Oase in der Wüste. Es ist nicht nur die einzige Kinderarztpraxis in Korbach, sondern in der gesamten Region. Auch in Willingen mit mehreren Familienhotels oder rund um den Edersee gibt es sonst niemanden. Die nächsten Kinderärzte sind in Bad Wildungen, Bad Arolsen oder Medebach - ein weiter Weg mit einem Kind.
"Jeden Tag stehen Leute hier und suchen einen Kinderarzt"
Seit die zweite Kinderarzt-Praxis in Korbach letztes Jahr geschlossen wurde, sei die Situation kritisch, sagt Kinderärztin Meike Bökemeier im FFH-Interview. "Seit Monaten stehen hier jeden Tag Leute, die einen Kinderarzt suchen - und das mit Inbrunst, Verzweiflung und manchmal auch Aggression." Bökemeier sieht zusammen mit einer angestellten Ärztin in Teilzeit rund 80 Kinder am Tag. "Wenn ich jetzt alle Kinder annehmen würde, dann würde ich 150 am Tag angucken oder 200, dann könnte ich bis 22 Uhr, 23 Uhr am Tag arbeiten."
Hausärzte übernehmen Versorgung älterer Kinder
Neugeborene nehme Bökemeier alle auf, sagt sie. Denn gerade in den ersten Monaten gebe es viele wichtige Untersuchungen, die eben nur ein erfahrener Kinderarzt mit der entsprechenden Praxis-Ausstattung vornehmen könne. Zudem schule sie nebenbei Hausärzte, damit diese ältere Kinder betreuen könnten. "Aber es ist eben keine kinderärztliche Betreuung, ich könnte ja jetzt auch nicht von heute auf morgen ein Altenheim mitbetreuen."
Korbach stellt 60.000 Euro für Kinderarztsuche bereit
"Es wird dringend ein zweiter Arzt gebraucht", sagt Korbachs Bürgermeister Klaus Friedrich zu FFH. Die Stadt habe daher einen Headhunter engagiert, der gezielt Ärzte anheuern soll. "Wir gehen diesen speziellen Weg und hoffen, dass wir bis Ende März ein Ergebnis haben", so Friedrich. Laut Haushaltsplan der Stadt Korbach sollen 60.000 Euro "ausschließlich für die Bemühungen des Magistrats um die Gewinnung einer (weiteren) Kinderärztin bzw. eines Kinderarztes für eine Niederlassung mit Kassensitz in Korbach" verwendet werden.
Laut Bedarfsplanung ist die Lücke gar nicht so groß
Die Kassenärztliche Vereinigung sagt auf FFH-Anfrage, dass laut Bedarfsplanung nur ein halber Kassensitz in Korbach nicht besetzt sei. Laut Bedarfsplanung "ist die kinderärztliche Versorgung in Hessen in den meisten Regionen besser, als es dargestellt wird", so ein Sprecher. In Waldeck-Frankenberg gebe es elf Ärzte in sechs Praxen, der Versorgungsgrad liege bei 105,86 Prozent, im Schwalm-Eder-Kreis etwa liegt der Wert nur bei 72,31 Prozent. Doch die Realität fühlt sich für die Eltern rund um Korbach offenbar anders an.
"Numerus Clausus muss abgeschafft werden"
Meike Bökemeier hofft darauf, dass die Anwerbungsversuche der Stadt Erfolg haben. Sie würde den Arzt oder die Ärztin auch in ihrer Praxis anstellen. Doch der Ärztemangel sei ein generelles Problem, das deutschlandweit gelöst werden müsse. Eine Idee von Bökemeier: "Man muss den Numerus Clausus abschaffen, dass die, die Lust haben auf Medizin, Medizin studieren können. Und nicht die, die die guten Noten haben und Medizin studieren und sagen, eigentlich will ich gar kein Arzt werden und gehe dann direkt in die Forschung." In Hessen gibt es das bereits in Form einer "Landarztquote". Doch bis der Nachwuchs auf dem Land ankommt, dürften noch Jahre vergehen.
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