Trotz Lkw-Verbot: Über 1.000 Brummis rattern wegen Navi durch Grifte
Trotz Lkw-Verbot in Grifte - Navis sorgen für massenweise Brummis
Viel Verkehr gibt es schon lange in Edermünde-Grifte (Schwalm-Eder-Kreis). Aber so viel Verkehr wie gerade ist auch für die Grifter einfach zu viel - rund 1.000 Lkw rollen laut Gemeinde aktuell täglich durch die Ortsdurchfahrt, obwohl das eigentlich wegen eines maroden Brückenbauwerks verboten ist.
Der Verkehrsinfarkt hat mit einer Autobahnsanierung bei Kassel zu tun - und wahrscheinlich zu einem großen Teil auch mit Google Maps.
Vor allem Auswärtige fahren durch Grifte
Denn im Ort sind vor allem auswärtige und ausländische Lkw und Pkw zu sehen, die mutmaßlich vom Navi hier lang gelotst werden. Grifte liegt verkehrsgünstig direkt zwischen A49 und A7. Wegen der laufenden A49-Sanierung bei Kassel schickt das Navi die Autos, die etwa aus NRW kommen und nach Süden wollen, aber nicht über die ausgeschilderte Autobahn-Umleitung über A44, A49 und A7, sondern untenrum über den vermeintlich schnelleren Weg mitten durch Grifte.
Die Ortsdurchfahrt - eigentlich eine Brücke: Viele auswärtige Lkw- und Pkw-Fahrer dürften sich fragen, warum in Grifte Tempo 30 und ein Durchfahrtsverbot für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gelten. Der Grund: Die Ortsdurchfahrt ist im Grunde eine lange Brücke, bestehend aus mehreren Betonrahmen über den Pilgerbach, der für Autofahrer unsichtbar unter der Fahrbahn fließt. Berechnungen sagen laut Hessen Mobil, dass das Bauwerk eigentlich keinen Schwerlastverkehr trägt. Schilder weisen auf das Durchfahrtsverbot für Lkw auch schon an den Autobahn-Ausfahrten hin. Von vielen wird es aber offenbar ignoriert.
"Situation ist unerträglich"
"Die Situation ist unerträglich, sogar samstags, sonntags und nachts ist hier der große Verkehr", sagt Birgit Börner. Sie wohnt direkt an der Ortsdurchfahrt. "Wenn ich nach Hause komme, könnte ich heulen." Zum Lärm komme die Luftverschmutzung. Sie fühlt sich von den Behörden alleingelassen. "Es muss mehr Kontrolle von der Polizei gemacht werden."
"Freitags geht Grifte unter"
"Es ist nochmal schlimmer geworden, seit der Kreisverkehr auf den Autobahnen bei Kassel die Richtung gewechselt hat", sagt Edermündes Bürgermeister Thomas Petrich im FFH-Gespräch. "An den letzten Freitagen ist Grifte untergegangen." Die Navis würden dann die Leute sogar teils durch die Wohngebiete schicken. "Auch die Lkw fahren da rein."
Google äußert sich nicht zu Einzelfällen
Viele der unfreiwilligen Grifte-Besucher dürften auf die Kartenanwendung Google Maps mit ihren Echtzeitdaten vertrauen. Sie gibt die Routen vor, die meist auch passen. Hier sorgen sie aber offenbar für ein riesiges Problem. Auf FFH-Anfrage heißt es von Google, man äußere sich nicht zu Einzelfällen. Ob sich was ändert - unklar.
Polizei spricht von Verbesserung durch Kontrollen
Und die Polizei? Schließlich werden derzeit in Grifte von LKW-Fahrern tausendfach die Verkehrsregeln missachtet. "Im Rahmen der polizeilichen Verkehrsüberwachung wurde bereits mehrfach auch die technische Überwachung in Form eines sogenannten 'Enforcement-Trailers' zum Einsatz gebracht. Hierbei erfolgt eine Geschwindigkeitsüberwachung im Allgemeinen sowie eine gezielte Erfassung des Schwerlastverkehrs hinsichtlich der Verstöße gegen das dort bestehende Durchfahrtsverbot für Lkw über 3,5 Tonnen", so ein Sprecher. "Bezüglich des Durchfahrverbots für Lkw konnte hierdurch bereits eine signifikante Verbesserung der Situation erreicht werden." Viele Grifter empfinden das aber anders.
Hessen Mobil: "Jeder Lkw ist einer zu viel"
"Jeder Lkw, der da drüber fährt, ist einer zu viel", sagt Marco Lingemann von Hessen Mobil. Deshalb soll es auch bald eine Notfallsanierung geben, wahrscheinlich ab Mitte August. Die Ortsdurchfahrt ist dann komplett dicht und der Verkehr wird durchs Nachbardorf Haldorf rollen. Das Problem verlagert sich also nur.
Echte Lösung noch nicht auf dem Tisch
Eine echte Lösung für die eigentlich unnötigen Lkw-Massen ist zumindest derzeit noch nicht öffentlich auf dem Tisch. Vom Regierungspräsidium Kassel als obere Verkehrsbehörde gibt es dazu derzeit keine konkrete Angabe, obwohl das Problem auch hier ernst genommen wird: "Die Behörden stellten unter anderem fest, dass insbesondere eine große Anzahl ausländischer Fahrzeuge das Verbot missachtet", so ein Sprecher zu FFH.