Rollende Arztpraxis wird eingestellt: Medibus fährt zum letzten Mal
Aus für rollende Arztpraxis - Letzte Fahrt durch Nord- und Osthessen
Heute rollt zum letzten Mal eine mobile Arztpraxis durch Nord- und Osthessen: Der Medibus wird eingestellt. Der Grund laut Kassenärztlicher Vereinigung Hessen: Es gibt mittlerweile genug niedergelassene Ärzte, sodass die Arztpraxis auf Rädern nicht mehr gebraucht wird. Dieser Meinung sind aber nicht alle.
Seit 2018 ist der Medibus an vier Tagen die Woche abwechselnd durch Nentershausen, Cornberg, Sontra, Weißenborn und Herleshausen gerollt. Mehr als 21.000 Fälle wurden in dem voll ausgestatteten Bus behandelt: Sogar ein Labor und ein EKG gab es in der rollenden Praxis. In Herleshausen und Sontra haben sich nun aber wieder vier Ärzte niedergelassen – und ab Februar wird eine Ärztin für Cornberg und Nentershausen da sein.
KV Hessen: "Unsere Ziele wurden übertroffen"
Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KV) sind die Projektziele übertroffen worden. Man habe durch den Medibus Zeit gewonnen – und jetzt wieder eine gute Ärzte-Versorgung in in der Region. „2020 war der Versorgungsgrad im Planungsbereich Sontra bei 54 Prozent und nächstes Jahr mit der letzten Ärztin, die nach Nentershausen geht, wird der Versorgungsgrad auf knapp 93 Prozent ansteigen“, so Lisa Probst von der KV Hessen im Interview mit HIT RADIO FFH. „Das ist ein absoluter Gewinn. Und dadurch, dass die neuen Ärzte alle noch recht jung sind, wird es eine nachhaltige Verbesserung geben.“
Finanzielle Anreize für Ärzte in ländlichen Gebieten
Erreicht worden sei die Ansiedelung durch viel Netzwerk-Arbeit, aber auch durch finanzielle Anreize. Bis zu 66.000 Euro Zuschuss gibt es für Ärzte, die sich in unterversorgten Gebieten niederlassen. Zuletzt waren im Medibus Ärzte tätig, die früher in der Region ihre Praxen hatten.
Cornbergs Bürgermeisterin bedauert das Ende des Medibusses
Katja González Contreras, Bürgermeisterin von Cornberg, bedauert das Ende des Medibusses. "Dadurch, dass wir keinen Hausarztsitz mehr haben, war das für unsere Einwohner ein ganz, ganz wichtiges Instrument. Es waren kurze Wege. Er war zweimal die Woche vor Ort, einmal am Vormittag, einmal am Nachmittag. Und er ist auch sehr gut von unserer Bevölkerung angenommen worden", so González Contreras am FFH-Mikro.
Einwohner von Cornberg müssen wieder längere Wege in Kauf nehmen
Für die Einwohnerinnen und Einwohner von Cornberg bedeute der Wegfall des Medibusses, dass sie nun wieder längere Wege in Kauf nehmen müssen - nach Sontra, Nentershausen oder Bebra. In Nentershausen wird sich im kommenden Februar eine Ärztin niederlassen. "Aber es ist sehr schwierig, von Cornberg mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln nach Nentershausen zu kommen. Man muss über Sontra oder Bebra fahren und umsteigen. Das ist gerade für ältere Personen sehr mühselig", so Bürgermeisterin González Contreras.
Zweifel an langfristiger medizinischer Versorgung
Katja González Contreras glaubt außerdem nicht, dass die medizinische Versorgung nun auf lange Sicht sichergestellt ist. "Es ist toll, dass sich so viele Ärztinnen und Ärzte niedergelassen haben. Aber in den nächsten Jahren werden einige Ärzte auch in den Ruhestand gehen. Dann haben wir wieder einen Engpass", so die Bürgermeisterin am FFH-Mikro. Die Ärztin, die sich in Nentershausen niederlasse, werde auch keine neue Praxis eröffnen, sondern eine bestehende übernehmen, so González Contreras.
Auch Patienten des Medibusses bedauern Ende
Auch einige Patienten, die den Medibus in Cornberg genutzt haben, bedauern das Ende. Zu unserer FFH-Reporterin sagen sie, dass sie nun wieder weiter fahren müssen. "Ich fand den Bus toll. Die Ärzte waren sehr nett, man konnte ohne Termin kommen, wurde gut behandelt. Ich weiß noch nicht, was ich jetzt ohne den Bus mache", so eine Patientin zu unserer Reporterin.
Land Hessen hat das Projekt mit 1,4 Millionen Euro gefördert
Das hessische Gesundheitsministerium hatte das Projekt seit 2022 mit 1,4 Millionen Euro gefördert. Insgesamt hat das Projekt drei Millionen Euro gekostet. Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) sagte, der Medibus habe gezeigt, wie Versorgungsfragen "mit dem Mut zu innovativen Lösungsansätzen zukunftsfähig beantwortet werden können".