Autoarmer Superblock in Darmstadt nach Vorbild Barcelona soll kommen
Weniger Verkehr, anderes Parken - Autoarmer Wohnblock in Darmstadt geplant
Weniger Auto-Verkehr, mehr Platz für Fahrradfahrer und Fußgänger: Im Osten des Darmstädter Martinsviertels will die Stadt im kommenden Jahr einen Verkehrsversuch starten. Ziel sei es, den öffentlichen Raum für alle "attraktiver und sicherer" zu machen. Der Auto-Verkehr soll aber nicht generell aus dem Wohnblock verbannt werden.
Das Projekt rund um den Lichtenbergplatz in Darmstadt ist bewusst als Verkehrsversuch angelegt, das heißt, die Stadt will erstmal schauen, ob und wie es von den Anwohnerinnen und Anwohnern im Martinsviertel angenommen wird. Im Gespräch mit HIT RADIO FFH sprach Mobilitätsdezernent Paul Georg Wandrey (CDU) von einem "lebendigen Prozess".
Kritiker: Gefährliche Stellen im Martinsviertel
Kritiker bemängeln im Martinsviertel unter anderem, dass es dort nur sehr eingeschränkte Sichtverhältnisse auf den Straßen und gefährliche Stellen für Radfahrerinnen und Radfahrer gebe. Auch Schulkinder seien gefährdet.
Ziele des Verkehrsversuchs:
- Entlastung des Wohnquartiers vom Durchgangsverkehr
- Schaffung besserer Parkmöglichkeiten
- Öffentlichen Raum sicherer und attraktiver machen
Einbahnstraßen sollen kommen
Konkret sollen in Zukunft unter anderem Einbahnstraßen eingeführt werden. Das verschaffe den Autos automatisch mehr Platz auf der Straße, so Wandrey, da es keinen Gegenverkehr mehr gebe. Auch für Fahrradfahrer würde sich dadurch die Verkehrssicherheit erhöhen. Gleichzeitig soll es dadurch weniger Durchgangsverkehr im Wohnblock geben.
Parken soll umgestaltet werden
Eine weitere Idee sieht vor, dass das Parken umgestaltet wird. Illegales Parken auf dem Gehweg solle unterbunden werden, indem an bestimmten Stellen das Auto-Abstellen auf der Fahrbahn erlaubt werde. Das verschaffe auch den Fußgängerinnen und Fußgängern mehr Platz. Gehwege könnten dadurch dort besser genutzt werden, wo man mit dem Kinderwagen oder mit der Gehhilfe aktuell nicht durchkomme, sagte der Mobilitätsdezernent unserer Reporterin.
Parkraum auf privaten Grundstücken freigeben
Eine weitere mögliche Maßnahme: Anwohnerinnen und Anwohner könnten gebeten werden, Parkraum auf ihren privaten Grundstücken, der aktuell als Lagerfläche genutzt werde, wieder fürs Parken freizugeben, so Wandrey. Anwohnerinnen und Anwohner mit mehreren Autos sollen ihre Fahrzeuge entweder "anders abstellen" oder auf einen Zweit- oder Dritt-Wagen gänzlich verzichten.
Maßnahmen des Verkehrsversuchs im Überblick:
- Neue Einbahnstraßenregelungen schaffen
- Verkehrsberuhigte Bereiche einführen
- Parkplätze auf die Fahrbahn verlegen (keine Duldung von Gehwegparken)
- Parkraum auf privaten Grundstücken, der aktuell als Lagerfläche genutzt wird, fürs Parken freigeben
Verkehrsversuch soll erst 2024 starten
Starten soll der Verkehrsversuch im ersten Halbjahr 2024, sagte Wandrey unserer Reporterin. Vorbild sei die spanische Stadt Barcelona, in der es bereits seit einigen Jahren sogenannte "Superblocks" gibt - das heißt, weniger Verkehr auf den Straßen, dafür mehr Grün und "mehr Lebensqualität" in bestimmten Wohnvierteln.
Stadtparlament hatte Verkehrsversuch beschlossen
Im September 2022 hatte das Stadtparlament in Darmstadt einen Grundsatzbeschluss gefasst, einen solchen Verkehrsversuch zu testen. Nach Angaben der Stadt handele es sich dabei um Hessens ersten "Superblock" überhaupt. Mobilitätsdezernent Wandrey betonte gegenüber HIT RADIO FFH, dass ihm kein anderes deutsches Vorbild bekannt sei, das schon realisiert sei. Insofern nehme die Stadt eine "Vorreiterrolle" ein.
Bürgerschaftliche Initiative setzt sich für Verkehrsversuch ein
Das Martinsviertel eigne sich insgesamt sehr gut für den Verkehrsversuch, weil es kompakt gebaut sei, und weil sich eine bürgerschaftliche Initiative für einen "Superblock" im Martinsviertel einsetze.
Bürgerinitiative kritisiert Pläne zum Verkehrsversuch
Die Bürgerinitiative hat die Pläne der Stadt zum Verkehrsversuch auch gleich mal als "zu ambitionslos" und "nicht weitgehend genug" kritisiert. Sie fordert mehr Fahrradstraßen als vorgesehen, größere verkehrsberuhigte Bereiche, mehr Bäume in den Straßen und mehr "Sharing-Angebote" - also einen Ausbau von Car- und Bike-sharing-Angeboten.
Mobilitätsdezernat reagiert mit Unverständnis auf Kritik
Mobilitätsdezernent Paul Georg Wandrey reagierte mit Unverständnis auf die Kritik. Er sagt: "Wir müssen alle betroffenen Personen mitnehmen, wenn dieses Vorhaben gelingen soll. Die aktuelle – schrittweise – Vorgehensweise wird gut angenommen, vor allem auch deshalb, weil dadurch nicht zu viel auf einmal gewollt wird." Die Stadt halte an der geplanten Umsetzung fest.