JA von CDU und SPD: Koalitionsvertrag in Hessen ist besiegelt
JA von Hessen-CDU und SPD - Koalitionsvertrag in Hessen ist besiegelt
In Wiesbaden wird am Vormittag der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD feierlich unterzeichnet. Die Zustimmung bei der Basis gab es dafür am Samstag bei Parteitagen. Am 18. Januar wird die neue Regierung gebildet. Dann konstituiert sich auch der neue Landtag.
Bei ihrem Parteitag in Groß-Umstadt hat nach der CDU auch eine Mehrheit der Hessen-SPD "Ja" gesagt zu dem schwarz-roten Koalitionsvertrag - mit einer Mehrheit von 81,9 Prozent der 318 Delegierten. Es gab 253 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmungen und acht Enthaltungen.
Turbulenter Parteitag in Groß-Umstadt
Bei diesem Parteitag ging es turbulent zu, denn es gab heftige Kritik vom SPD Nachwuchs an dem 184 Seiten starken Vertrags-Papier. "Zu wenig sozialdemokratisches Profil", schimpften die Jusos. Darüber hinaus erwarten sie Korrekturen in den Vereinbarungen zur Migrationspolitk. Nach dem Ja zum Koalitionspapier kann die SPD nach 24 Jahren Opposition in Hessen wieder mitregieren.
Faeser: "Verantwortungsgemeinschaft statt Liebesheirat"
Hessens SPD-Chefin Nancy Faeser hat die geplante schwarz-rote Koalition im Land auf einem SPD-Parteitag mit kontroverser Debatte als "Verantwortungsgemeinschaft" bezeichnet. Eine "Liebesheirat" sei das angestrebte Regierungsbündnis nicht, sagte die Bundesinnenministerin am Samstag in Groß-Umstadt bei Darmstadt.
Werben um Zustimmung
"Es ist nicht alles gut in diesem Koalitionsvertrag", ergänzte Faeser mit Blick auf den Entwurf des Regierungsprogramms für die Jahre 2024 bis 2029. Beispielsweise seien dort Ziele in der Flüchtlingspolitik formuliert, "die außerordentlich wehtun". Aber kein Einstieg in die Landesregierung hieße für die SPD, selbst weniger für Migranten tun zu können. Zugleich gebe es auch viel sozialdemokratische Handschrift in dem 184-seitigen Vertragsentwurf, etwa in der Sozial-, Wohn- und Arbeitsmarktpolitik.
Kritiker: Zu wenig sozialdemokratische DNA
Dabei wurde gleichwohl viel Kritik an dem Vertrag laut, zum Beispiel wegen enger Leitplanken für die Migration oder auch aufgrund des geplanten Verbots von Gender-Sonderzeichen an Schulen und in Unis. Der Landeschef der Jungsozialisten, Lukas Schneider, bekräftigte seine Ablehnung des Koalitionsvertrags. Zahlreiche andere Redner und Rednerinnen beklagten ebenfalls zu wenige sozialdemokratische DNA in dem Regierungsprogramm.
Zuvor hatte bereits die Hessen-CDU hat auf ihrem Parteitag in Frankfurt grünes Licht für den geplanten Koalitionsvertrag mit der SPD gegeben. Die Delegierten stimmten am Mittag mit großer Mehrheit für das Papier. Hessens Ministerpräsident Rhein hatte zuvor bei den rund 100 Delegierten wortreich für den Koalitionsvertrag geworben.
Ministerpräsident Rhein: "Vertrauen in die Politik zurückgewinnen"
"Das ist ein Vertrag, der die Dinge zusammenbringt", sagte CDU-Ministerpräsident Rhein in Frankfurt. Die Versprechen aus dem CDU-Wahlprogramm würden eingehalten. Es sei eine Politik, die die Mehrheit stärke und trotzdem die Minderheiten schütze.
Angesichts der vielen aktuellen Krisen seien viele Menschen enttäuscht und verängstigt, sagte Rhein. Sie hätten das Gefühl, dass die Demokratie ein zentrales Versprechen nicht einlöse, nämlich, eine Politik für die Mehrheit der Menschen im Land. Rhein rief dazu auf, Bürgerinnen und Bürgern das Vertrauen in die Politik und die Demokratie zurückzugeben.
Härtere Strafen für Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten
Er habe die Nase voll davon, wie mit Polizistinnen und Polizisten im Land umgegangen werde, erklärte der Ministerpräsident. Er kündigte ein Paket an, das unter anderem härtere Strafen für Angriffe auf Beamte und Beamtinnen vorsehe. Als "schmerzhaften Punkt" im Koalitionsvertrag nannte Rhein, dass es auch im künftigen Kabinett kein CDU-geführtes Wirtschaftsministerium geben werde.
Der Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD steht gut zwei Monate nach der Landtagswahl in Hessen. Rund 200 Personen waren daran beteiligt. In dem Vertrag sind sowohl die inhaltlichen Themen geregelt. So will schwarz-rot etwa mehr Lehrer, mehr Polizistinnen und ein Gender-Verbot. Es geht aber auch um die Zuschnitte der Ministerien. 184 Seiten ist der Entwurf des Koalitionsvertrages lang. Dieser steht unter dem Motto "Eine für alle". Das bedeute "Eine Koalition für alle Menschen in Hessen", erläuterte SPD-Generalsekretär Christoph Degen.
Eckpunkte Papier als Vorlage
Der ausführliche Vertragsentwurf basiert wesentlich auf einem gemeinsamen Eckpunktepapier beider Parteien vom November. So findet sich im neuen "Hessenvertrag" etwa die Ankündigung eines verstärkten Bildungsangebots von Kita und Schule bis zu Handwerksbank und Unihörsaal wieder. Das mehrgliedrige Schulsystem soll erhalten bleiben und die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer erhöht werden.
Migration als Thema im Koalitionsvertrag
Weiter heißt es im "Hessenvertrag": "Wir sorgen mit mehr Polizistinnen und Polizisten für mehr Sicherheit." CDU und SPD bekennen sich zum Recht auf Asyl, sprechen aber auch von einer "Belastungsgrenze". Daher solle die irreguläre Migration deutlich begrenzt und zugleich die Integration der Flüchtlinge mit Bleiberecht gestärkt werden.
Schluss mit Gendern
Schwarz-Rot hält auch an einer umstrittenen Ankündigung fest: "Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt."
Wie geht es weiter?
Am Montag (18. Dezember, 10:00 Uhr) unterzeichnen Ministerpräsident Rhein sowie die SPD-Landesvorsitzende und Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Wiesbaden das Regierungsprogramm für die Jahre 2024 bis 2029.
Wer wird Ministerin und wer Minister?
Die Ministerinnen und Minister der neuen schwarz-roten Regierung in Hessen sollen erst Anfang 2024 feststehen. Vor Weihnachten und zwischen den Jahren lasse er mögliche Kandidaten zunächst in Ruhe, sagte CDU-Landeschef und Ministerpräsident Boris Rhein in Wiesbaden.
Gespräche mit möglichen Kandidatinnen und Kandidaten
Ein komplettes Personaltableau gebe es noch nicht. Er habe bestimmte Vorstellungen und müsse mit den möglichen Kandidaten "mal reden", ergänzte Rhein. Er bekomme schon "Empfehlungen von Zweiten für Dritte". Auch Initiativbewerbungen hätten ihn erreicht. Der neue Landtag in Wiesbaden konstituiert sich am 18. Januar - dann will Schwarz-Rot starten.