Deutscher Buchpreis: Kim de l'Horizon rasiert sich bei Rede den Kopf
Aktion für Iran beim Buchpreis - Kim de l'Horizon rasiert sich den Kopf
Die Buchmesse beginnt, der Buchpreis ist entschieden: Kim de l'Horizon hat nach Ansicht der Jury mit "Blutbuch" den besten deutschsprachigen Roman des Jahres geschrieben. Die Entscheidung wurde im Kaisersaal des Frankfurter Römer bekanntgegeben. Der Deutsche Buchpreis ist mit 25.000 Euro dotiert und gilt als wichtigste Auszeichnung der Branche.
Mit Schminke, Schmuck und Schnauzbart nimmt Kim de l'Horizon den Deutschen Buchpreis entgegen.
Auffälliges Outfit
Ein Rock aus Pailletten, ein Top wie aus Rasen und ein durchsichtiges Oberteil vervollständigen das auffällige Outfit. Kim de l'Horizon versteht sich als non-binäre Person, sieht sich weder eindeutig als Mann noch als Frau, beziehungsweise als beides zugleich.
"Blutbuch" - Bester deutschsprachiger Roman des Jahres
Der Roman "Blutbuch" wurde in Frankfurt von der Jury zum besten deutschsprachigen Roman des Jahres gekürt. Als der Name im vollbesetzten Kaisersaal genannt wird, springt Kim de l'Horizon auf, rennt ins Publikum und umarmt Freundinnen und Freunde. Auf der Bühne kommt zuerst nur ein "Wow!". Eine Rede habe man nicht vorbereitet. Dann folgt unter Tränen ein Dank an die Mutter und a cappella ein englischsprachiges Lied.
Solidarität mit den Frauen im Iran
Schließlich zückt Kim de l'Horizon einen Haarschneider und rasiert sich den Kopf - als Zeichen der Solidarität mit den Frauen im Iran. Die Jury habe den Text auch ausgewählt, "um ein Zeichen zu setzen gegen den Hass, für die Liebe, für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden".
Jury "provoziert" und "begeistert"
Die Jury war nach eigenen Worten "provoziert und begeistert" von dem Roman. "Mit einer enormen kreativen Energie sucht die non-binäre Erzählfigur in Kim de l'Horizons Roman "Blutbuch" nach einer eigenen Sprache", hieß es in der Begründung. "Welche Narrative gibt es für einen Körper, der sich den herkömmlichen Vorstellungen von Geschlecht entzieht?" Die Romanform sei in steter Bewegung, die Sprache entfalte "eine Dringlichkeit und literarische Innovationskraft, von der sich die Jury provozieren und begeistern ließ".
Zehn Jahre Schreibarbeit an "Blutbuch"
Kim de l'Horizon lässt die eigene Biografie bewusst im Vagen: Im Klappentext des bei DuMont erschienenen Romans heißt es: "geboren 2666", Kim de l'Horizon studiere Hexerei, Transdisziplinarität und texte kollektiv. Laut Börsenverein wurde Kim de l'Horizon 1992 bei Bern geboren, studierte Germanistik, Film- und Theaterwissenschaften in Zürich sowie Literarisches Schreiben in Biel. Dem Roman-Debüt, das zuvor bereits mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung ausgezeichnet wurde, gingen zehn Jahre Schreibarbeit voraus.
Wilder Ritt durch Themen und Stile
Es ist ein überraschender Sieg: ein Buch, an dem nichts Mainstream ist. Das 300 Seiten starke Werk ist ein wilder Ritt durch Themen und Stile. Gedanklicher Ausgangspunkt ist eine Blutbuche. Sie steht im Garten der Großmutter, die im Laufe der Erzählung dement wird. Ein Teil des Buches besteht aus akribisch recherchiertem Material über diesen Baum, ein anderer Teil aus erfundenen Biografien aller weiblichen Vorfahren der Großmutter bis zurück ins Mittelalter.
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