Unwetter-Katastrophe in Spanien - Königspaar mit Schlamm beworfen
In Spanien ist ein Ende der Tragödie nach den schweren Unwettern vom Dienstag (29.10.) immer noch nicht absehbar. Die Zahl der Toten stieg mittlerweile auf 214, wie die Nachrichtenagentur Europapress unter Verweis auf die Regionalregierung in der besonders schlimm getroffenen Mittelmeerregion Valencia berichtete. Viele Menschen gelten zudem weiter als vermisst - eine offizielle Zahl gibt es nach wie vor nicht, aber einige spanische Medien schreiben sogar von bis zu 2.000.
Das Unwetterphänomen "Kalter Tropfen" hält sich derweil weiter über Spaniens Mittelmeerküste auf. Die höchste Warnstufe Rot rief der Wetterdienst Aemet zunächst bis Sonntagabend für Teile der Provinz Almería in der Region Andalusien ganz im Süden Spaniens aus. Menschen sollten dort möglichst zu Hause bleiben, mahnten die Behörden. Die zweithöchste Warnstufe Orange galt zudem in Teilen der Region Valencia, unter anderem in der nördlichen Provinz Castellón, wo heftige Regenfälle niedergehen könnten. Am Dienstag, als Aemet zufolge die schlimmsten Unwetter dieses Jahrhunderts über der Region Valencia wüteten, hatte die höchste Warnstufe Rot gegolten. Bisher wurden alleine dort 210 Tote geborgen.
Schlamm und Steine für Felipe und Letitia
Spaniens König Felipe VI. und Königin Letizia wollten eigentlich in den Unwettergebieten nahe der Mittelmeermetropole Valencia den Einwohnern zweier besonders stark verwüsteter Orte Trost spenden - und stießen auf blanke Wut. Fünf Tage nach der Katastrophe mit mindestens 217 Toten und nur schleppend angelaufener staatlicher Hilfe kam vielen der Akt von Solidarität offenbar zu spät. In dem ersten Ort Paiporta warfen aufgebrachte Einwohner sogar Schlamm in Richtung des Königspaars, das von Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez und dem Präsidenten der Region Valencia, Carlos Mazón, begleitet wurde. Andere riefen "Mörder" und "Rücktritt" oder "Greift zur Schaufel und packt mit an", wie in den TV-Übertragungen zu hören war. Denn viele der verwüsteten Orte fühlten sich in den ersten Stunden und Tagen nach der Katastrophe völlig alleingelassen mit aufeinander getürmten Autos und Möbeln auf den verschlammten Straßen und ohne Trinkwasser, Lebensmittel, Strom und Telekommunikation.
Mittlerweile fast 4.000 Soldaten im Einsatz
Die Bergungsarbeiten liefen am mittlerweile fünften Tag nach der Katastrophe weiter. Vor allem in Tunneln und überfluteten Tiefgaragen oder Parkhäusern stellt sich die Suche besonders schwierig dar, da dort das Wasser den Einsatzkräften zum Teil bis zur Brust reicht, wie auf Videos von den Einsätzen zu sehen ist. Sánchez hatte am Samstag angekündigt, das Militär vor Ort um weitere 5.000 Soldaten aufzustocken und auch 5.000 Polizisten zu entsenden. Bis Samstagabend waren mehr als 3.600 Militärangehörige in den Ortschaften nahe der Großstadt Valencia im Einsatz, wie die spanische Zentralregierung in Madrid verkündete.
Straßen von Schlammmassen versperrt
Auch dank vieler Freiwilliger ist dort mittlerweile Hilfe angelaufen, und auch die Stromversorgung funktioniert zum großen Teil wieder. Am Samstag waren Tausende von der Stadt Valencia aus organisiert in Bussen in einige der Dörfer gebracht worden, doch manche dortige Bürgermeister wie etwas in Chiva hätten sie gar nicht mehr benötigt, schrieb etwa die Zeitung "ABC". In dem Gebiet westlich und südlich der Stadt Valencia sorgte vor allem ein Fluss für einen Großteil der Zerstörung: Ein sonst eher trockenes Bachbett hatte sich mit den heftigen Regenfällen vom Dienstag in einen reißenden Strom verwandelte und war Richtung Meer durch mehrere Ortschaften gerast.
Schlimmste Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte
Zu Spaniens schlimmsten Naturkatastrophen der vergangenen 75 Jahre gehört - gemessen an der Zahl der Toten - die Überschwemmung von Biescas in der nördlichen Region Aragonien im Jahr 1996. Damals starben 87 Menschen, als nach heftigem Regen ein Campingplatz in dem in den Pyrenäen gelegenen Ort überschwemmt wurde. Auch die Überschwemmung des Flusses Turia nahe Valencia im Jahr 1957 gilt als eine der schwersten, damals kamen zwischen 80 und 100 Menschen ums Leben.