Nach Auto-Anschlag in München - Appell der Familie der Todesopfer
Nach dem Anschlag in München hat sich die Familie der beiden Verstorbenen gegen eine Instrumentalisierung des Todes von Mutter und Tochter gewandt. Man wolle nicht, dass deren Tod benutzt werde, "um Hass zu schüren", heißt es in einem Statement von Angehörigen und Freunden, das auf der Seite der Stadt München veröffentlicht wurde.
Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet. Das zweijährige Mädchen und seine 37 Jahre alte Mutter waren bei der Attacke am Donnerstag so schwer verletzt worden, dass sie am Samstag im Krankenhaus starben. Mindestens 37 weitere Menschen wurden verletzt.
"Amel war ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat", heißt es in dem Statement über die 37-Jährige. Sie "war aktiv für Solidarität, Gleichheit und setzte sich für Arbeitnehmer*innenrechte ein und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Ihr war es sehr wichtig, ihrer Tochter diese Werte mitzugeben", schreibt die Familie. "Amel ist in Algerien geboren und ist mit vier Jahren nach Deutschland gekommen." Sie studierte demnach Umweltschutz und lebte seit 2017 in München zuletzt gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter Hafsa. Sie war als Ingenieurin für die Stadt tätig.
Die Familie und Freunde bedanken sich in ihrem Statement für Anteilnahme und Solidarität, bei Hilfskräften und Ärzten. Weiter äußern wollen sie sich nicht. Die 37 Jahre alte Mutter und ihre zweijährige Tochter waren am Samstag (15.02.) im Krankenhaus ihren schweren Verletzungen erlegen. Am Nachmittag des gleichen Tages kam Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Anschlagort und legte eine weiße Rose an einem improvisierten Gedenkort nieder.
Frau arbeitete bei Stadt München
"Es zerreißt einem das Herz", schrieb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf der Plattform X. "All das tut so weh und ist so sinnlos. Ganz Bayern trauert." Man sei in Gedanken bei den Angehörigen und hoffe und bete für die Verletzten. Nach Angaben von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte die 37-Jährige bei der Stadt München gearbeitet. "Der Schmerz ist nicht in Worte zu fassen. Wir werden der Familie alle nur erdenkliche Unterstützung in dieser düsteren Zeit anbieten", sagte Reiter.
Insgesamt 39 Verletzte
Bei der Fahrt eines 24-jährigen Afghanen mit seinem Auto in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi am Donnerstag (13.02.) waren laut Polizei mindestens 39 Menschen verletzt worden - unter ihnen auch die Mutter und ihr Kind. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat. Der Fahrer sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.
Verdächtiger war rechtmäßig in Deutschland
Nach Angaben von Bayerns Innenminister Herrmann (CSU) hatte der Verdächtige einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis. "Damit war der Aufenthalt des Täters bis zum heutigen Tage nach gegenwärtigem Erkenntnisstand absolut rechtmäßig", sagt Herrmann am Abend der Deutschen Presse-Agentur in München. Zugleich berichtet der Minister, dass der Mann nach neuesten Erkenntnissen und entgegen erster Informationen am Mittag nicht wegen Ladendiebstählen auffällig geworden war.
Afghane kam als Flüchtling nach Deutschland
Nach Worten Herrmanns kam der Afghane Ende 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland. Sein Asylverfahren wurde demnach im Jahr 2020 endgültig abgeschlossen, mit einem Ablehnungsbescheid und der Aufforderung zur Ausreise. Die Landeshauptstadt München habe dann aber im April 2021 einen Duldungsbescheid erlassen und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis. Der junge Mann habe eine Schule besucht und eine Berufsausbildung gemacht. "Er war dann als Ladendetektiv für zwei Sicherheitsfirmen tätig."
Absichtlich in Demo gefahren
Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war der Verdächtige mit einem Wagens gegen 10:30 Uhr am Donnerstag am Münchner Stiglmaierplatz zuerst hinter einem Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi und einem Polizeiauto gefahren. Dann habe er dieses überholt, beschleunigt und sei in die Menge gefahren. Polizisten hätten einen Schuss auf den Wagen abgegeben, um ihn zu stoppen.
Fahrer von der Polizei festgenommen
Der Verdächtige wurde kurz nach dem mutmaßlichen Anschlag von der Polizei festgenommen. Hinweise auf weitere Beteiligte gäbe es bisher nicht, so die Polizei. Laut Staatsanwaltschaft hat der Mann bei seiner Vernehmung zugegeben, gezielt in die Menge gefahren zu sein.
Islamistisches Motiv?
Der Verdächtige des mutmaßlichen Anschlags von München soll vor der Tat einen mutmaßlich islamistischen Post abgesetzt haben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat der 24 Jahre alte Afghane einen entsprechenden Inhalt in sozialen Netzwerken geteilt. Der "Spiegel" hatte zuvor von mutmaßlich islamistischen Beiträgen des Verdächtigen geschrieben. Auch die Ermittler gehen inzwischen von einem islamistischen Motiv aus, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft auf einer Pressekonferenz.
Kurz zusammengefasst:
Was wir wissen:
- Der Ablauf: Ein Mann fährt gegen 10.30 Uhr am Münchner Stiglmaierplatz mit einem Auto von hinten in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi.
- Die Opfer: Insgesamt wurden laut Behörden 39 Menschen verletzt. Ein zweijähriges Kind erlag zwei Tage nach dem mutmaßlichen Anschlag seinen Verletzungen.
- Der Verdächtige: Bei dem Fahrer handelt es sich laut Polizei um einen 24 Jahre alten Asylbewerber aus Afghanistan. Er kam Ende 2016 als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland. Zwar sei sein Asylantrag abgelehnt worden, der junge Mann habe aber einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis besessen, stellte Bayerns Innenminister Herrmann (CSU) am Abend klar.
- Erste Hinweise auf ein islamistisches Tatmotiv gibt es in sozialen Netzwerken: Der Verdächtige soll vor der Tat einen mutmaßlich islamistischen Post abgesetzt haben.
Was wir nicht wissen
- Die Hintergründe: Warum es zu dem Vorfall kam, ist noch unklar.
- Ob der Vorfall in Zusammenhang mit der Demonstration oder der Gewerkschaft Verdi steht, ist nicht geklärt
Hessens Ministerpräsident fordert erneut Migrations-Begrenzung
Der mutmaßliche Anschlag von München hat die Debatte um die Migrationspolitik neu angefacht. Hessens CDU-Ministerpräsident Rhein fordert erneut eine stärkere Begrenzung der Migration. "Jetzt zeigt sich, wie richtig es war, immer wieder auf eine fundamentale Kehrtwende in der Migrationspolitik zu dringen. Und jetzt zeigt sich, wie falsch es war, dass diese Kehrtwende nicht aus der politischen Mitte heraus vollzogen werden konnte", teilte Rhein der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden mit.
Rhein übt scharfe Kritik an SPD und Grünen
Der hessische CDU-Chef ergänzte eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl: "Ich erwarte, dass die Bundesregierung spätestens jetzt endlich ihre Blockade aufgibt." SPD und Grüne hatten kürzlich im Bundestag die Pläne der Union zur Begrenzung der Migration abgelehnt.